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Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen.

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Alt 13.07.2023, 10:35   #1
weiblich Ilka-Maria
Forumsleitung
 
Benutzerbild von Ilka-Maria
 
Dabei seit: 07/2009
Ort: Arrival City
Beiträge: 31.104

Standard Große Worte

Wer schwurbeln will, greift gern zu großen Worten
und polstert Sätze mit geschraubter Syntax auf,
er legt als Würze ein paar Fachbegriffe drauf,
doch niemand kann den Hintersinn verorten.

Der Rezipient fragt: Bin ich dumm geboren?
Der Muttersprache nicht genügend mächtig
und auch an Bildung nicht besonders trächtig?
Ist Hopfen wie auch Malz an mir verloren?

Er will nichts, als Gesagtes zu verstehen,
studiert es Wort für Wort nach Geisteskraft,
um in die Welt des Schwadroneurs zu sehen,

doch trotz Bemühen wird er letztlich abgestraft:
Ihm dämmert nicht, woher die Winde wehen
und wo der Code steckt, der ihm das "Aha!" verschafft.

13.07.2023
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Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.07.2023, 11:46   #2
männlich dunkler Traum
 
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Ort: mit beiden Beinen in den Wolken
Alter: 60
Beiträge: 1.615

... ich hatte erst ein deja vu und musste noch mehrmals hin- und herklicken. Ja, diesmal scheint es mir besser gelungen, die Aussage erscheint klarer und ich werde nicht abgestempelt.

beaux rêves
dT
dunkler Traum ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.07.2023, 13:22   #3
männlich Heinz
 
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Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.879

Liebe Ilka-Maria,
ein sehr ordentliches Sonett präsentierst Du uns.
Den Inhalt muss ich nicht kommentieren, er kommt klar und ohne Schwurbelei beim Leser (zumindest bei mir) an.
Ich freue mich immer über gelungene Gedichte und hatte wieder einmal Grund dazu!
Liebe Grüße,
Heinz
Heinz ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.07.2023, 13:36   #4
weiblich Ilka-Maria
Forumsleitung
 
Benutzerbild von Ilka-Maria
 
Dabei seit: 07/2009
Ort: Arrival City
Beiträge: 31.104

Vielen Dank für eure Wortmeldungen. Die Inspiration zu dem Sonett kam von meinem Lieblingsphilosophen Karl Raimund Popper und seinem Aufsatz (eigentlich war es Brief, der nicht für die Veröffentlichung gedacht war) mit dem Titel "Gegen die großen Worte". Darin nimmt er den unverständlichen Kauderwelsch seiner Kollegen aufs Korn, deren Formulierungen, in Hegels Tradition gehalten, kein Mensch versteht. Insbesondere arbeitet sich Popper an Habermas ab, indem er aus einer seiner Schriften Zitate auswählt und sie in verständliche Sprache übersetzt. Zwei Beispiele:

Habermas: "Theorien sind Ordnungsschemata, die wir in einem syntaktisch verbindlichen Rahmen beliebig konstruieren."

Übersetzung Popper: "Theorien sollten nicht ungrammtaisch formuliert werden. Ansonsten kannst Du sagen, was du willst."

Habermas: "Sie erweisen sich für einen speziellen Gegenstandsbereich dann als brauchbar, wenn sich ihnen die reale Mannigfaltigkeit fügt."

Übersetzung Popper: "Sie sind auf ein spezielles Gebiet dann anwendbar, wenn sie anwendbar sind."

Dem ist nichts hinzuzufügen, außer dass ich mich über Poppers unverbildeten Umgang mit "Expertensprache" köstlich amüsiert habe.

LG
Ilka
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