In den Wäldern von Riga

[Zaubersee]

Riesig sind die Wälder
von Riga
in denen du
oft geschlafen hast
vaterlos
aber jung und zaubergeschützt
hier hast du lettische Flöten geschnitzt

du
mit deinem schwarzen Haar und
deiner schönen Stimme.

Grün sind die Wälder
von Riga
in die du
oft deine Seele gesungen hast
mutterlos
sehnsuchtsvoll und zaubergeschützt
hier hast du dein erstes Mädchen geküsst

du
mit deinen braunen Augen
und deiner hohen Gestalt.

Weiß sind die Wälder
von Riga im Winter
in denen damals
noch Wölfe jagten
du Heimatloser
nun bist du alt, kein Zauber schützt dich mehr
die Kinderwunden weinen dein altes Herz dir schwer

du
mit deinem gebeugtem Rücken
lauschst in die Sommerwälder von Riga
und summst die Lieder der Johannisnacht
in deinen weichen, roten Schaukelstuhl.

C. Zaubersee 2002

Für meinen Vater.

[gummibaum]

So ein inniges Verhältnis zum Vater,

den trotz widriger Umstände die beschützenden Mächte der Natur in ein reiches inneres Leben führten und der der Tochter gewiss gerne einiges davon abgab, bis ihn die Heimatlosigkeit und das Alter brachen,

berührt durch einfühlsame Nähe.

Sehr gern gelesen
LG gummibaum

[Zaubersee]

Danke, Gummibaum; Du hast gut zusammengefasst, was in diesem Text das Wesentliche ist.

Ich grüße Dich aus dem Norden :-)

Zaubersee

[urluberlu]

hallo zaubersee

in diesem gedicht nun trägst du dick pathos auf statt schöne bilder und sätze.
o.k., meine tochter liebt mich auch, deshalb kann ich das nicht negativ sehen.

aber für ein gutes gedicht müsste man in meinen augen das ganze verschlanken.
z.b. die dramatisch-theatralischen farblichen strophenanfänge ändern. es würde für mich lyrischer klingen, wenn es etwa so hiesse: Die Wälder um Riga waren grün, Die Wälder etc.
oder wendungen wie
die Kinderwunden weinen dein altes Herz dir schwer
und
summst die Lieder der Johannisnacht
in deinen weichen, roten Schaukelstuhl.
könnte man opfern und die aussage dem stil des übrigen besser anpassen.

bis bald
urluberlu

[Zaubersee]

Die Wälder von Riga
sind riesig - in denen du
oft geschlafen hast
vaterlos klein - aber
zaubergeschützt - hast du
lettische Flöten geschnitzt

du
mit deinem schwarzen Haar
deiner schönen Stimme.

Die Wälder von Riga
sind grün - in die du
deine Seele gesungen hast
mutterlos jung - aber
zaubergeschützt - hast du
dein erstes Mädchen geküsst

du
mit deinen braunen Augen
und deiner hohen Gestalt.


Die Wälder von Riga
sind weiß im Winter
in denen damals
Wölfe jagten - du Heimatloser
bist nun alt - kein Zauber
schützt dich mehr


du
mit deinem gebeugtem Rücken
im weichen Schaukelstuhl.

C. Zaubersee 2002

Hallo Urluberlu,

recht herzlichen Dank für den Hinweis; meintest Du es in etwa so? Es handelt sich um ein älteres Gedicht, 2002 geschrieben. Ich bin tatsächlich nie auf die Idee gekommen es meinem heutigen Schreibstil anzugleichen.
So, wie ich es jetzt verändert habe, fühlt es sich für mich noch nicht richtig an.
Ich habe auch den Eindruck, dass der Beginn, der Dir pathetisch scheint, vielleicht doch bleiben sollte. Weil mit dem " Riesig sind die Wälder" - Beginn
der Focus zunächst auf "riesig" gelenkt wird, später auf Riga. Andersherum eben andersherum. Aber in meiner Aussage wollte ich das Erstere herausstellen.
Diese Wälder sind : riesig, grün, weiss.Gern in einer überdimensionalen Weise, denn so schilderte meine Vater seine Heimat immer.Über unsere Wälder hat er liebevoll gelächelt.Auch mit der Hebung in der ersten Silbe, riesig, grün, weiss bekomme ich die Bedeutung genau darauf gerichtet.Während der Beginn mit: Die Wälder, usw. weiblich und still klingen. Allerdings hör ich auch die Schlichtheit Deiner Idee dazu. Es klingt in der Tat leiser und weniger spektakulär. Ich muss überlegen, ob ( mir) das auch passt, und von mir geliebt wird. Denn ich mag oft auch das Überschwängliche, theatralisch klingende. Aber, mal schauen. In jedem Fall ist es diesen Versuch wert, die alten Klamotten abzuschütteln und ein wenig abzustauben. Toll, dass Du mich auf die Idee gebracht hast :-)


Liebe Grüße aus dem Norden

Zaubersee

[shoshin]

Liebe Zaubersee,
Ein sehr berührendes und schönes Gedicht!
In der zweiten Version fehlen mit allerdings die
wehmütigen Erinnerungen des alten Mannes im Schaukelstuhl, irgendwie hatten sie für mich die tröstliche Bedeutung, dass ihn doch noch ein Zauber schützt.
Lieben Gruß
shoshin

[Zaubersee]

Liebe shoshin,

vielen Dank für Deine Meinung zu meinem Text; Wie ich schrieb bin ich mir z.Z. überhaupt nicht sicher, auf welche Art ich dieses Gedicht noch verändern werde. Ein wenig Modernisierung könnte es vertragen; ich vertage das aber jetzt auf das nächste Jahr und starte dann einen neuen Versuch. Ich freue mich, dass ich Dich mit dem Text erreichen konnte.

Liebe Grüße aus dem Norden

Zaubersee

[Versard]

Ich weiß, das das nicht unbedingt die Intention dieses, im übrigen sehr berührenden Gedichtes ist, aber wenn ich diese Zeilen lese packt mich das Fernweh.
Es scheint, als wären die Wälder von Riga ein wunderbar friedlicher Ort.
Gefällt mir sehr gut :-)

[Zaubersee]

Hallo Versard,

es wäre zu hoffen, dass sie es noch sind, so unberührt und naturwahr, die Wälder um Riga herum. Wenn mein Vater von Lettland erzählte klang es immer ein wenig wie etwas aus Sagen oder Märchen; das mag an der Zeit gelegen haben, aus der er kam: er wuchs noch ohne elektrischen Strom auf dem Lande auf und um in eine größere Stadt zu kommen, musste er oft, ( und er tat es gern) einen ganzen Tag hin und am nächsten Tag bis zum Abend zurücklaufen.
Wenn ich mich nach zwei Stunden Fussmarsch beklagte, lachte er. Das ist eine Art Leben, die hier kaum denkbar ist, es sei denn, man ist "ausgestiegen"

Danke für Deinen Beitrag
Liebe Grüße aus dem Norden
Zaubersee