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Zeitgeschehen und Gesellschaft Gedichte über aktuelle Ereignisse und über die Menschen dieser Welt.

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Alt 24.09.2012, 10:11   #1
männlich AndereDimension
 
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Beiträge: 3.325

Standard Bilder einer Traumbeseelten

Bilder einer Traumbeseelten

Müht euch aus dem Tale, Winde,
Pustet Träume in die Nacht,
Die der Mond, ach mir dem Kinde,
Zärtlich auf den Mund gelacht.
Eilt ihr Vögel, mit dem Pickel,
Korn und Ähre leuchten gold,
Packt den Hagel fest am Wickel,
Zockt er mit des Sommers Sold.

Kämme deine Locken, Eiche,
Vor den Toren steht das Licht,
Nimm die Bürste, die ich reiche,
Wenn es durch die Mauern bricht.
Feiert mit der Buche, Farne,
Denn die Gute ist verliebt,
Seit das Moos im grünen Garne,
Ihr am Abend Küsschen gibt.

Zähme deine Angst, du Hase,
Ist doch nur ein Hirngespinst,
Das mit Brille auf der Nase,
Böse aus der Höhle grinst.
Kommt aus dem Versteck ihr Mäuse,
Wartet auf die Dämmerung,
Helft den Schnecken ins Gehäuse
Und den Böcken auf den Sprung.

Mache dich vom Acker, Krähe,
Denn der Mann im blauen Zwirn
Ist ein Bauer aus der Nähe,
Hat schon Falten auf der Stirn.
Meide diesen Brunnen, Fliege,
Lange war das Wasser klar,
Bis ein Zicklein (mit der Ziege)
Nach dem Abtrieb baden war.

Lass den Kopf nicht hängen, Weide,
Weil ein Sturm das Veilchen knickt,
Denn es kommt im neuen Kleide,
Wenn der Frühling Blumen strickt.
Ziehe deine Fäden, Spinne,
Webe sie von Zweig zu Zweig,
Bist der Beute schon im Sinne
Und dem Herbst ein Fingerzeig.

Gehe auf die Suche, Erle,
Dort wo selten Schatten ist,
Find im Wald die schönste Perle,
Fall du es nicht selber bist.
Achtet auf den Wolf ihr Rehe,
Der sich tief im Holz versteckt,
Hinter einer dichten Schlehe
Ist der Tisch zum Mahl gedeckt.

Walte deines Amtes, Winter,
Male Fichten in den Schnee,
Weiße Dächer und dahinter
Einen schwanbeflockten See.
Nag nicht an der Brücke, Biber,
Muss doch noch hinüber gehn,
Sei nicht traurig, hoffe lieber
Auf ein nahes Wiedersehn.

Hast nicht viele Blätter, Linde,
Bist am Weg der ärmste Baum,
Wenn im Mai ich Glöckchen finde,
Näh ich sie an deinen Saum.
Legt am Himmel an ihr Sterne,
Leuchtet bis ihr gehen müsst,
Winkt der Morgen aus der Ferne,
Werd auch ich bald wachgeküsst.


© andere dimension
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Alt 24.09.2012, 10:24   #2
Thing
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Dabei seit: 05/2010
Beiträge: 34.998

Wie erfreulich, Dich endlich wieder zu lesen, AnDi!

Und dazu noch mit einem leuchtend bunten Strauß aus Fauna und Flora, der lange Zeit meine Stube schmücken wird.
Mit den Satzzeichen wäre ich etwas anders verfahren, aber das ist dermaßen marginal, daß es keine Rolle spielt.

Ein herrlicher Bilderbogen!

Lieben Gruß
von
Thing
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Alt 24.09.2012, 10:25   #3
weiblich simbaladung
 
Dabei seit: 07/2012
Alter: 67
Beiträge: 3.073

Hallo, andere Dimension,

was für ein bunter Blumenstrauß an lebensverliebten, phantasievollen Bildern,
leicht und locker gereimt, sehr nett; (mir hat besonders die verliebte Buche und der Blumen strickende Frühling gefallen)

ganz gerne gelesen,
simba
simbaladung ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.09.2012, 10:35   #4
männlich Desperado
 
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Ort: Erde, Europa, Deutschland, Bayern
Beiträge: 1.747

Back In Town?

Dein episches Gedicht hat mich von Strophe zu Strophe mehr angesprochen und mitgenommen auf eine Reise durch Natur, Tierwelt und Jahreszeiten, vieles verstehe ich als eine Art Fabel und Parabel für menschliche Charaktereigenschaften und Wesenszüge, hat mir Freude gemacht, dieses Werk lesen zu dürfen!

Naturverbundene Grüße
Desperado
Desperado ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.09.2012, 11:35   #5
weiblich Ilka-Maria
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Benutzerbild von Ilka-Maria
 
Dabei seit: 07/2009
Ort: Arrival City
Beiträge: 31.080

Lieber AnDi, Du bist eben doch eine treue Seele.

Dies ist für Deine Verhältnisse ein sehr langes Gedicht, und ein sehr schönes dazu. Hübscher Spazierung durch Wald und Flur, hier und da gewürzt mit Humor.

LG
Ilka
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.09.2012, 13:33   #6
weiblich Persephone
 
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Dabei seit: 08/2012
Ort: Na, in der Hölle natürlich.
Beiträge: 425

Schön und leicht wie eine Schneeflocke.

Danke dafür!

Persephone
Persephone ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.09.2012, 13:46   #7
männlich Sylvester
 
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Dabei seit: 11/2005
Ort: Nördliche Hemisphäre
Alter: 55
Beiträge: 438

Fein beobachtete und lebhaft formulierte Zeilen, ein romantischer Blick auf die Natur. Gerne wäre man der Begleiter des traumbeseelten lyrischen Ichs.

Zitat:
Zitat von AndereDimension Beitrag anzeigen
Ziehe deine Fäden, Spinne,
Webe sie von Zweig zu Zweig,
Bist der Beute schon im Sinne
Und dem Herbst ein Fingerzeig.

[..]

Achtet auf den Wolf ihr Rehe,
Der sich tief im Holz versteckt,
Hinter einer dichten Schlehe
Ist der Tisch zum Mahl gedeckt.

Walte deines Amtes, Winter,
Male Fichten in den Schnee,
Weiße Dächer und dahinter
Einen schwanbeflockten See.
Das "Augenzwinkern" zieht sich durch diese liebevolle Naturbetrachtung.

Sehr gern gelesen, mein Kompliment für dieses Gedicht.

Gruß,
SC
Sylvester ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.09.2012, 23:02   #8
männlich Pit Bull
 
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Dabei seit: 08/2012
Ort: Berlin
Alter: 58
Beiträge: 1.878

Hallo AndereDimension!

Um ehrlich zu sein; ich habe mir fast alle Werke von Dir ganz in Ruhe angesehen und in der Tat mit diesem Gedicht keine vergleichbare Impression wahrgenommen.

Interessant, dass es sich um 8 Strophen mit je 8 Versen handelt.

In der chinesischen Kultur gilt die 8 als Glückszahl; Spinnentiere haben 8 Laufbeine. Soweit zur Statistik.

Alles in allem eine sehr gelungene Reise durch die Jahreszeiten.

Nur hier – in der 6. Strophe - fehlt ein „s“:

Zitat:
Zitat von AndereDimension Beitrag anzeigen
Gehe auf die Suche, Erle,
Dort wo selten Schatten ist,
Find im Wald die schönste Perle,
Falls du es nicht selber bist.
Achtet auf den Wolf ihr Rehe,
Der sich tief im Holz versteckt,
Hinter einer dichten Schlehe
Ist der Tisch zum Mahl gedeckt.
Freut mich sehr, dass Du wieder zur Lyrik zurückgefunden hast.

VG Pitti
Pit Bull ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.09.2012, 23:17   #9
weiblich Poetibus
 
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Alter: 56
Beiträge: 562

Hallo, AndereDimension,

Pit Bulls Kommentar kann ich entnehmen, dass du für eine gewisse Zeit nichts geschrieben (oder nicht bei Poetry veröffentlicht) hast.

Wenn ich dieses Gedicht lese, dann bleibt mir nur zu sagen: Mehr als schade!

Es ist wunderbar geschrieben. Und es ist durch und durch gekonnt. Mag jetzt vielleicht in manchen "Ohren" beinahe pathetisch klingen: Es ist Poesie reinsten Wassers - meisterhaft verfasst.

Da ich der "Analytiker" bin, wenn ich an Gedichte heran"gehe", ist hoffentlich klar, was ich hier sagen möchte: Hineingezogen vom ersten Vers, durch ein wahres "Assoziationsgewitter" hindurch"geführt" und erst nach dem letzten Vers wieder losgelassen.

Ich war hier wirklich "mit dabei, mittendrin". Das geschieht selten.

Von daher: Danke, dass ich es lesen kann.

Freundlichen Gruß,

Poetibus
Poetibus ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 26.09.2012, 04:51   #10
männlich Martin Laut
 
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Alter: 33
Beiträge: 370

Zitat:
Zitat von AndereDimension Beitrag anzeigen


Mache dich vom Acker, Krähe,
Denn der Mann im blauen Zwirn
Ist ein Bauer aus der Nähe,
Hat schon Falten auf der Stirn.

Lass den Kopf nicht hängen, Weide,
Weil ein Sturm das Veilchen knickt,
Denn es kommt im neuen Kleide,
Wenn der Frühling Blumen strickt.

Walte deines Amtes, Winter,
Male Fichten in den Schnee,
Weiße Dächer und dahinter
Einen schwanbeflockten See.




Diese Zeilen gefallen mir sehr..
Das Gedicht ist fabelhaft formuliert und mit ansprechenden Ideen gespickt.

Gratulation.
Martin Laut ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 26.09.2012, 21:01   #11
gummibaum
 
Dabei seit: 04/2010
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Hallo AndereDimension,

ich kann mich allem Lob nur anschließen. Ein wunderbarer Text!

LG gummibaum
gummibaum ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 27.10.2012, 08:07   #12
männlich AndereDimension
 
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Ich freue mich über die vielen positiven Rückmeldungen - Danke!
AndereDimension ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 31.03.2013, 21:35   #13
weiblich Zen.yu
 
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Beiträge: 362

ja wirklich, wunderschöne verse die mir phantasiegemalte bilder an die wände meines zimmers projezieren... lieben dank und: Frohe Ostern!

zen
Zen.yu ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 31.03.2013, 23:03   #14
Thing
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Beiträge: 34.998

Zen.yu


sei Dank, daß dieses berückende Gedicht aus der Versenkung emporgehoben wurde.
Ob AnDi dies nun liest ober nicht:

In meinem Gedächtnis sind Deine Verse ewigjung!


Thing
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 05.04.2013, 10:13   #15
männlich AndereDimension
 
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Beiträge: 3.325

Hallo Zen.yu,
Hallo Thing,

vielen Dank für eure positive Rückmeldung!

Ich habe das Gedicht inzwischen modifiziert:


Müht euch aus dem Tale, Winde,
Pustet Träume in die Nacht,
Die der Mond, ach mir dem Kinde,
Zärtlich auf den Mund gelacht.
Eilt ihr Vögel, mit dem Pickel,
Korn und Ähre leuchten gold,
Packt den Hagel fest am Wickel,
Zockt er mit des Sommers Sold.

Kämme deine Locken, Eiche,
Vor den Toren steht das Licht,
Nimm die Bürste, die ich reiche,
Wenn es durch die Wolken bricht.
Feiert mit der Fähe, Farne,
Denn die Gute ist verlobt,
Liebt den Fuchs im roten Garne,
Der mit ihr den Walzer probt.

Zähme deine Angst, du Hase,
Ist doch nur ein Hirngespinst,
Das mit Brille auf der Nase,
Finster aus der Höhle grinst.
Kommt aus dem Versteck ihr Mäuse,
Wartet auf die Dämmerung,
Helft den Schnecken ins Gehäuse
Und den Böcken auf den Sprung.

Mache dich vom Acker, Krähe,
Denn der Mann im blauen Zwirn
Ist ein Bauer aus der Nähe,
Hat schon Falten auf der Stirn.
Meide diesen Brunnen, Fliege,
Lange war das Wasser klar,
Bis das Zicklein (mit der Ziege)
Nach dem Spielen baden war.

Lass den Kopf nicht hängen, Weide,
Weil ein Sturm das Veilchen knickt,
Denn es kommt im neuen Kleide,
Wenn der Frühling Blumen strickt.
Ziehe deine Fäden, Spinne,
Webe sie von Zweig zu Zweig,
Bist der Beute schon im Sinne
Und dem Herbst ein Fingerzeig.

Gehe auf die Suche, Erle,
Dort wo selten Schatten ist,
Find im Wald die schönste Perle,
Fall du es nicht selber bist.
Achtet auf den Wolf ihr Rehe,
Der sich tief im Holz versteckt,
Hinter einer dichten Schlehe
Ist der Tisch zum Mahl gedeckt.

Walte deines Amtes, Winter,
Male Fichten in den Schnee,
Weiße Dächer und dahinter
Einen schwanbeflockten See.
Nag nicht an der Brücke, Biber,
Muss doch noch hinüber gehn,
Sei nicht traurig, hoffe lieber
Auf ein nahes Wiedersehn.

Hast nicht viele Blätter, Linde,
Bist am Weg der ärmste Baum,
Wenn im Mai ich Glöckchen finde,
Näh ich sie an deinen Saum.
Legt am Himmel an ihr Sterne,
Leuchtet bis ihr gehen müsst,
Winkt der Morgen aus der Ferne,
Werd auch ich bald wachgeküsst.
AndereDimension ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 05.04.2013, 10:21   #16
Thing
R.I.P.
 
Benutzerbild von Thing
 
Dabei seit: 05/2010
Beiträge: 34.998

Ob so oder so:

Schmückt meine Favoritenliste.
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 05.04.2013, 21:08   #17
männlich wüstenvogel
 
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Ort: wetzlar
Alter: 70
Beiträge: 441

Standard Bilder einer Traumbeseelten

Hallo, Andere Dimension,

ein Gedicht aus einer anderen Dimension -
aus einer, in der die Poesie der Natur wohnt.
Herrlich!

Besonderns gut gefällt mir, wie du die Eigenarten der Tiere und Pflanzen mit einbezogen und zum Teil vermenschlicht hast.

Eines der schönsten Naturgedichte, das ich je gelesen habe.

Viele liebe Grüße

wüstenvogel
wüstenvogel ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 07.04.2013, 19:51   #18
weiblich Ex-Nitribitto
abgemeldet
 
Dabei seit: 08/2011
Ort: Berlin
Beiträge: 407

Standard Bilder einer Traumbeseelten

Am besten gefallen mir die am Lindenbaum angenähten Maiglöckchen, mal abgesehen vom Titel, der mich wieder mal auf so einiges vorbereitet hatte.

Gruß, Nitribitto
Ex-Nitribitto ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.08.2013, 18:57   #19
männlich AndereDimension
 
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Beiträge: 3.325

...das ist die Ironie der Geschichte....

Gruß,A.D.
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