Durch offene Türen

[Caliban]

Durch offene Türen kamst du zu mir,
ich eilte dir entgegen,
dir die Tür vor der Nase zuzuschlagen, allein
ich war zu spät dran, denn als
Schloss und Riegel zueinanderfanden,
hattest du auch schon zu mir gefunden
und sahst mich so warm und zärtlich an, als wäre es
meine Schuld, dass du mich liebst.

[Ilka-Maria]

Guten Morgen, Caliban,

schlichter, aber hübscher Text, romantisch und anrührend.

Nur bin ich zeitlich über folgende Stelle gestolpert (oder sollte man in diesem Fall "Schwelle" sagen?):

denn als
Schloss und Riegel zueinanderfanden,
hattest du auch schon zu mir gefunden
und sahst mich so warm und zärtlich an, als wäre es
meine Schuld, dass du mich liebst.

Also die Tür ging zu, aber die unerwünschte Person steht schon im Innern des Raumes, denn man sieht ihr ja in die Augen - weshalb also dann noch die Tür zuschlagen? Dann ließe man sie doch besser auf, damit man diese Person gleich wieder hinausbefördern kann?

Oder steht die Person vor der zugeschlagenen Tür, aber der Inhaber des Raumes hat ihren Blick bereits gesehen und sich wider Willen verliebt?

Damit komme ich nicht klar, neige aber eher zur zweiten Auslegung. Dann müßte es grammatisch aber so lauten:

denn als
Schloss und Riegel zueinanderfanden,
hattest du auch schon zu mir gefunden
und mich so warm und zärtlich angesehen, als wäre es
meine Schuld, dass du mich liebst.

Dann steht die Person vor der zugeschlagenen Tür, aber Amor konnte gerade noch seinen Pfeil durch den Türschlitz schicken in Form des verliebten Blickes, bevor Schloß und Riegel aufeinanderfanden. Ich finde, das ergibt ein schönes Bild.

Vielleicht ist es aber doch so gemeint wie in meiner ersten Auslegung. Da habe ich aber, wie gesagt, Probleme mit der Logik.

LG
Ilka-M.

[Caliban]

Darüber, welche Deiner Auslegungen zutrifft, scheint sich das LI auch nicht wirklich klar zu sein.

[Ilka-Maria]

Na ja, vielleicht war nach dem Eintreten der Person es nicht mehr nötig, die Tür zuzuschlagen und sie wurde ganz einfach sanft zugemacht. Das wäre immerhin eine Auslegungsmöglichkeit.

[Caliban]

Du machst mir Angst...

[Ex-phönixe]

Hallo Caliban,
also, ganz ehrlich, ich dachte beim ersten lesen...Knast
wegen hinter Schloss und Riegel,
die Gefangenschaft und ihre Anfänge,
möglich ist, ich bin noch zu parteiisch, was dieses Thema angeht
das schränkt beim neutralen Denkversuch ein,
bitte..um eine Erklärung, ob ich es völlig falsch verstanden habe

lg phönixe

[Caliban]

Im Prinzip trifft's das schon, das LI war im Versuch das LD auszusperren zu langsam, hat vielleicht im falschen Moment gehandelt und so das LI mit sich zusammengesperrt.
Dumm auch, dass das LI sich nicht mal restlos sicher ist, ob das nun in erster Linie unangenehm ist oder nicht.

[Kama Tanha]

Ich kann mir mich in beiden Rollen vorstellen und weiß da aber auch nicht recht, welche ich angenehmer fände. Zum Glück ist das Schließen von Türen reversibel (fragt sich nur wie schnell). Die Anschaffung eines Türspions wär fürs nächste mal zu empfehlen.

[Richard L.]

Das ist mir etwas zu prosaisch, um es noch als Gedicht zu empfinden. Aber wäre es der Beginn eines Romans, ich wollte ihn unbedingt weiterlesen.

[Caliban]

@ Kama Tanha: D haste aber was Altes ausgegraben. Danke für's vorbeischauen, der Türspion ist schon besorgt.

@ Farrell: Touché.

[Ex-Poesieger]

Da fallen mir wieder die Kassiber ein, welche hier schon mal den Durchbruch ins geeignete Herz versuchten.

https://www.poetry.de/showthread.php?t=61590

MFG

PS: Deins ist vielleicht unmittelbarer vom Schluss aber wer sagt denn wo es aufhört und beginnt und ob das Beschriebene die Intensitätslatte am höchsten gelegt hat.

[Gylon]

Lieber Caliban,
ich hoffe ich bin nicht derjenige, der hier den Faden abschließt, sondern weit aufstößt für weitere Leser.

Liebe Grüße Gylon

[Ex-Poesieger]

Zum Abschuss freigegeben.