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Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen.

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Alt 01.07.2021, 09:31   #1
weiblich Kaleana
 
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Standard Krieg und Frieden

Mit Waffen der Worte zum Krieg geblasen
Prasseln sie mir als scharfe Geschosse
Mit eisern Spitzen an hölzernen Phrasen
Auf mich hernieder, wie hässlich Posse

Ein Angriff aus Salven und Tiraden
Erkenne ich doch ihren wahren Zweck
Giftige Wut aus dir zu entladen
Zu erleichtern dein schmerzendes Gepäck

Die Verletzung längst vergangener Zeiten
Tief in deinem schützend Selbst verborgen
Dich nun zu meiner Verwundung leiten
Deinen Schmerz als meinen zu entsorgen

Doch unter den Herabfälligkeiten
Seh ich in dir das verwundene Kind
Und ich beschließe sanft zu schweigen
Angriff in Wehrlosigkeit zerrinnt

Neuer Versuch mich zu bekriegen
Kann so in mir nicht mehr keimen
Entscheide mich für meinen Frieden
Und wünsch dir auch den deinen

Geändert von Kaleana (01.07.2021 um 12:38 Uhr)
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Alt 01.07.2021, 10:08   #2
weiblich Ilka-Maria
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Worte als Waffen - ein so brandaktuelles Thema, dass es gestern eine Talkshow füllte. In der allderings viel Stuss proklamiert wurde. Vor allem wurden Worte, feindselig oder unbedacht vorgebracht, reduziert auf Frauenfeindlichkeit und Rassismus. Dabei ist ihr Verletzungspotential wesentlich stärker, als nur um diese beiden alten Hüte zu kreisen.

Zum Gediicht, in dem sich der Fehlerteufel gütlich tut:

Zitat:
Zitat von Kaleana Beitrag anzeigen
Ein Angriff aus Salben und Tiraden
Erkenne ich doch ihren wahren Zweck
Giftige Wut aus dir zu entladen
Zu erleichtern dein schnerzendes Gepäck
Salben drückt man aus Tuben. Aus Waffen (Kanonen) schießt man Salven ab. Ein Wort wie "schnerzend" passt gut in die Kindergeschichten eines Dr. Seuss, ergibt in diesem Gedicht jedoch keinen Sinn.

Zitat:
Zitat von Kaleana Beitrag anzeigen
Die Verletzung längst vergangener Zeiten
Tief in deinem schützend Selbst verborgen
Was ist ein "schützend Selbst"? Wie muss man sich jemanden vorstellen, der ständig auf Selbstschutz bedacht ist? Er dürfte die Bettdecke nicht einmal von der Nasenspitze wegziehen, geschweige denn an einem normalen Leben teilnehmen.

Zitat:
Zitat von Kaleana Beitrag anzeigen
Doch unter den Herabfälligkeiten
Seh ich in dir das verwundene Kind
Es sind Abfälligkeiten, und es ist ein verwundetes Kind. Verwunden und verwinden sind nämlich unterschiedliche Tätigkeiten, so dass ein verwundenes Kind eher etwas mit einer Abtreibung zu tun hat als mit einer Verletzung.

Fazit: Gut gemeint, aber schlecht gemacht. Hier verpuffen die Worte wie Mais in heißem Fett.
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Alt 01.07.2021, 12:11   #3
Ex-Pennywise
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Beiträge: 599

Moin,
Ilka hat eigentlich alles gesagt. Es ist sehr schade, weil in dem Text Potenzial steckt. Für mich ist das ein typischer Fall von "zu früh reingestellt". Ich lese so oft bei mir Korrektur (und dennoch geht manchmal was durch), ändere nochmal das ein oder andere Wort ab. Ein Gedicht braucht Zeit, es ist kein Sprint, sondern ein Marathon.
Da dies hier aber wirklich Inhalt hat und auch die ein oder andere schöne Metapher, würde ich nochmal Zeit da rein investieren. Das kann gut werden. Achte vielleicht auch ein bißchen auf die Metrik. Ich zähle da wirklich ganz stumpf die Silben, lese es mir selbst immer wieder laut vor und versuche in den Takt zu kommen. Viel "Kritik" wirst Du jetzt denken, aber man würde nicht soviel dazu schreiben, wenn man das in die Tonne kloppen könnte. Also, geh nochmal dran.
Viel Erfolg.

Pennywise
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Alt 01.07.2021, 12:55   #4
weiblich Kaleana
 
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Stimmt, der Fehlerteufel…. Ich habs geändert. Danke dafür. Auch fürs Gedanken machen.

Zur Erläuterung:
„Schmerzendes Gepäck“ bezieht sich auf Erinnerungen aus der Vergangenheit. Und zwar auf solche, die weh tun. Sollten wir alle recht gut kennen…

„Das schützende Selbst“ bezieht sich auf einen ziemlich bekannten Mechanismus in der Psychologie, nämlich der der Verdrängung und Vermeidung. Wenn du etwas, was früher war und aktiviert wird, nicht aushalten kannst, überdeckst du es mit s.g. funktionellen Emotionen (Wut überdeckt Angst).

Die Herabfälligkeit kommt von „herabfällig“. Das „herab“ betont für mich die Meinung einer gefühlten „von oben“ Position die „nach unten“ aburteilt, nur um sich zu erhöhen.

Und das verwundene Kind ist ein solches. Gemeint ist das „innere Kind“, das verletzt wurde. Es windet sich nicht. Es hat (seelische) Wunden.

Stimmt, ich lese es noch ein paar mal vielleicht gelingt es mir noch mehr eine gleiche Metrik zu finden, wobei das ja immer abzuwägen ist. Danke euch!
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Alt 01.07.2021, 13:53   #5
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von Kaleana Beitrag anzeigen
S
Und das verwundene Kind ist ein solches. Gemeint ist das „innere Kind“, das verletzt wurde. Es windet sich nicht. Es hat (seelische) Wunden.
Nein, Kaleana, das funktioniert nicht; "verwunden" ist nicht "verwundet", hat also mit einer Verletzung nichts zu tun. Es ist die Vergangenheit von "verwinden", was so viel bedeutet, über einen Verlust oder eine Verletzung hinwegzukommen. Es ist also genau das Gegenteil dessen, auf das du hinaus willst.

Genausowenig funktioniert "herabfällig" (ansonsten könnte man ja auch "hinabfällig" schreiben). Die Vorsibeln "her-" und "hin-" deuten eine Perspektive an, die bei dem Wort "abfällig" unnötig ist, denn es bedeutet nichts anderes, als jemanden oder etwas abzuwerten. Dem Objekt dieser Abwertung kann völlig egal sein, aus welcher Perspektive, also ob von oben oder von unten, es niedergemacht wird. Solche Anhängsel sind einfach nur unschöne Sprachverrenkungen. Schließlich gratuliert ja auch niemand zum Geburtstagstag.
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Alt 02.07.2021, 09:58   #6
weiblich Kaleana
 
Dabei seit: 06/2021
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Krieg und Frieden

Waffen der Worte zum Krieg geblasen
Prasseln sie als scharfe Geschosse
Mit eisern Spitzen an hölzern Phrasen
Auf mich nieder, wie hässlich Posse

Ein Angriff aus Salven und Tiraden
Erkenne ich doch ihren wahren Zweck
giftige Wut aus dir zu entladen
Zu erleichtern dein schmerzendes Gepäck

Krieg und Frieden
Verletzung längst vergangener Zeiten
Tief in deiner schützend Selbst verborgen
Dich nun zu meiner Verwundung leiten
Deinen Schmerz als meinen zu entsorgen

Doch unter den Herabfälligkeiten
Seh ich in dir das verwundete Kind
Und ich beschließe in Ruhe zu schweigen
Dein Angriff in Wehrlosigkeit zerrinnt

Ein neuer Versuch mich zu bekriegen
Möge in mir nun vergeblich keimen
Ich entscheide mich für meinen Frieden
Und wünsche dir gütigst auch den deinen

….
Letztenendes beginnt für mich (und das mag für dich, liebe Ilka-Maria, anders sein), genau da das Spiel mit den Worten, wo die grammatikalische Korrektheit aufhört. So wie bei „Herabfälligkeiten“, was ich einfach an dieser Stelle viel kraftvoller fühlen kann (für „verwundenene“ ist das für mich ähnlich als Neuschöpfung von Wunde und sich winden, aber das ist vielleicht zu weit hergeholt, deswegen hab ich es geändert). Aber ja, doch: es geht. Es geht alles. Das mag dann bei einzelnen auf Widerstand stoßen, das ist dann auch ok. Und letzten Endes ist es eben Kunst, an der sich die Geister scheiden können, wenn sie es denn wollen. Ich will es nicht und ich wünsche mir in jedem Fall einen respektvollen Austausch (ohne Herabfälligkeiten), bei dem man sich gegenseitig hilft, versteht. Ein Miteinander und kein Wettstreit, wer es besser weiß. Ein „nach oben“ und nicht ein „von oben herab“. Von letzterem hat die Welt genug.
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Alt 02.07.2021, 10:24   #7
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von Kaleana Beitrag anzeigen
Und letzten Endes ist es eben Kunst, an der sich die Geister scheiden können, wenn sie es denn wollen. Ich will es nicht und ich wünsche mir in jedem Fall einen respektvollen Austausch (ohne Herabfälligkeiten), bei dem man sich gegenseitig hilft, versteht. Ein Miteinander und kein Wettstreit, wer es besser weiß. Ein „nach oben“ und nicht ein „von oben herab“.
Nein, es ist keine Kunst, sondern die bequemste Form der Verteidigung, sein Unvermögen zu kaschieren. Du verwendest ein Wort völlig sinnentstellt, so dass es das Gegenteil von dem ausdrückt, das du gemeint zu haben vorgibst. Es ist der Versuch, einen Leser für blöd zu verkaufen. Wenn ich ein Wort wie das hier in Frage stehende moniere, hat das nichts mit besserem oder schlechterem Wissen zu tun, sondern mit richtig oder falsch, und das ist eine allgemeingültige, nachweisbare Tatsache, keine individuelle Meinung oder Geschmacksfrage. Auch ist meine Kritik kein Wettstreit, jedenfalls sehe ich keine Möglichkeit, damit eine Medaille oder einen Pokal zu gewinnen.

Typisch ist, dass beim Verlust von Argumenten auf die persönliche Ebene verwiesen und dem Kritiker Respektlosigkeit vorgeworfen wird. Allerdings sehe ich nirgendwo eine Stelle, wo ich dich persönlich angegriffen hätte. Ich habe sehr präzise einige Schwächen deines Textes herausgenommen und zu ihnen Stellung bezogen. Wer das nicht aushält, sollte seine Texte in seine Privatschatulle legen, statt sie zu veröffentlichen.

Deine Reaktion erinnert mich an den Schiedsrichter, der einst den Fußballer Willi Lippens wegen Beleidigung die Rote Karte zeigte. Sein Vergehen war eigentlich eine Lappalie. Schiedsrichter: "Ich verwarne Ihnen!". Antwort Lippens: "Ich danke Sie."

Auch wäre niemand auf die absurde Idee gekommen, Bruno Labbadia eine Wortneuschöpfung oder gar Kunst zu unterstellen, als er in einem Interview sagte: "Das wird doch alles nur von den Medien hochsterilisiert." Das war nicht Kunst, sondern eine kognitive Fehlleistung.

Zitat:
Zitat von Kaleana Beitrag anzeigen
Ein Miteinander und kein Wettstreit, wer es besser weiß. Ein „nach oben“ und nicht ein „von oben herab“. Von letzterem hat die Welt genug.
Ein wirklich seltsames Weltbild vertrittst du hier. Ein einhelliges Miteinander, das Unterdrücken jedes Wettstreits und somit jeglicher Kommunikation sind die typischen Merkmale von Diktaturen und Tyrannei - man nennt das auch "Gleichschaltung". Auseinandersetzungen und freie Meinungsäußerung sind hingegen die Merkmale von Demokratien; und davon könnte die Welt mehr statt weniger gebrauchen. Wo da ein "von oben herab" sein soll, ist mir schleierhaft. Aber wie gesagt: Wenn die Argument ausgehen, bleiben nur noch aggressive Zuschreibungen, die jeder Sachlichkeit enbehren.
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