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Lebensalltag, Natur und Universum Gedichte über den Lebensalltag, Universum, Pflanzen, Tiere und Jahreszeiten.

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Alt 05.04.2014, 11:32   #1
männlich AndereDimension
 
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Beiträge: 3.325

Standard Maiwach

Maiwach

Es rief nach der Amsel ihr Kind,
Dort wo sich die Äste verzweigen.
Da rührte ein Hauch es zum Schweigen,
So lindernd und sanft war der Wind.

Am Scheitel des Korns stand die Nacht
Und regnete glimmende Krumen,
So gingen die maiwachen Blumen,
In einer nun himmlischen Tracht.

Verbindlich, geerdet und warm,
So hat man den Frühling beschrieben,
Ach wär er doch bei mir geblieben,
Ich hielt ihn noch heute im Arm.

Geändert von AndereDimension (05.04.2014 um 14:21 Uhr)
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Alt 02.05.2015, 19:49   #2
Stachel
 
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Beiträge: 955

Lieber AnDi,

du hast hier eine liebevolle Hommage an den Frühling geschrieben. Dabei hast du einen tänzelnden (ich interpretiere ihn zumindest als) Amphibrachys gewählt, der mit einer beschwingten Heiterkeit die etwas wehmütige Stimmung gegen Ende leicht kontrastiert. Andererseits passt er im Wortsinne recht gut, weil (wie bei ihm: "beide Seiten kurz") auch der Lenz offenbar zu kurz war. Das LI möchte ihn ja festhalten (V12). Du wechselst gleichbleibend durch die Strophen die Kadenzen, die Hebungen sind ebenmäßig. Alles ist rund, alle Reime sind rein.
Dein Reimschema umarmt den Frühling ebenso, wie die Worte deines letzten Verses. Womit wir beim Inhalt wären. Die gewählten Bilder bringen mich zu der Frage, ob es vielleicht doch nicht alles so rund ist, wie es formal aussieht.

Gehen wir der Reihe nach mal durch:
V1: Die Amsel wird von ihrem Kind gerufen, vermutlich ein Nestling, der nach Futter ruft.
V2: Das Nest ist in einer Astgabel. Wäre das Kind bereits (beinahe) flügge, würde es eher mitten auf einem Ast sitzen, daher steckt hier nochmals der Hinweis auf ein Nest.
V3: Plötzlich schweigt das Kind, weil es einen Hauch verspürt. Normalerweise schweigt ein hungriges Küken nur bei drohender Gefahr, also z.B beim Hauch eines Räubers.
V4: Ursache des Hauchs war wohl doch der Wind. Er ist so sanft, dass er sogar ein Küken beruhigen kann.

V5: Das Bild verstehe ich leider nicht. Was ist der "Scheitel des Korns"?
V6: "glimmernde Krumen" verstehe ich ebenfalls nicht. Krumen sind unförmig. Es handelt sich also nicht um Tropfen. Das Glimmen könnte vom Mondlicht kommen. Aber ist es wirklich Nacht? Dann würden die Spatzen schlafen. Oder hat S2 eine andere Zeit als S1? Dafür finde ich derzeit keinen konkreten Hinweis.
V7: Die Blumen sind "maiwach", es muss Tag sein. Aber wie passt dann die Nacht hier herein? Die Blumen gingen. Wohin? Geht es dabei um die Vergänglichkeit der Frühblüher? Wie passt sich diese Bewegung in das beschriebene Stillleben ein? Schon dieser Kontrast bietet Grund dafür, an übertragene Bedeutung zu vermuten.
V8: Sehr schönes Bild: Was auch immer da heruntergeregnet kam, es liegt nun auf den Blumen und kleidet sie ein. Regen kommt vom Himmel -> himmlische Tracht.

V9: Der Frühling wird positiv mit Begriffen belegt.
V10: Die Begriffe aus V9 werden einer fremden Interpretation ("Beschreibung") zugesprochen. Warum fehlt hier der Bezug zum LI und dessen Erleben? Hier vermute ich einen weiteren Hinweis auf versteckte Bedeutungen. Die Distanz des LI ist merkwürdig.
V11,12: Das LI sehnt sich nach dem Frühling zurück, hätte ihn gerne festgehalten.

Gerade die zweite Strophe, aber auch V10 wirft einen Haufen Fragen auf. Ich vermute, dass soll so sein, und du hattest ein ganz bestimmtes Ziel mit diesen Bildern vor Augen. Hast du im Text etwas versteckt? Ich würde gerne tiefer in die Bedeutungen eintauchen und hoffe sehr, du nimmst dir ein wenig Zeit für die ein oder andere Erklärung. Das würde mich sehr freuen.

Herzliche Grüße,
Stachel
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Alt 03.05.2015, 21:15   #3
weiblich scrabblix
 
Dabei seit: 03/2015
Ort: Mitten im Revier
Beiträge: 375

Lieber AnDi,

nie würde der Mai sich winden
sich in deinen Armen zu finden...

Einen wachen Mai
wünscht
scrabblix
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Alt 04.05.2015, 00:17   #4
weiblich Merith
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Dabei seit: 10/2013
Ort: Im Isental
Alter: 83
Beiträge: 3.380

Lieber AnDi,

nichts währt, nichts hat Bestand, die Trauer um Verlorenes bleibt ....

Lieben Gruß
Merith
Merith ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.05.2015, 00:37   #5
männlich Jeronimo
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Dabei seit: 10/2011
Alter: 70
Beiträge: 4.237

Hallo AD,

ein wunderschön trauriges Gedicht. Ganz großartig!

Jeronimo
Jeronimo ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 05.05.2015, 16:22   #6
männlich Kurier
R.I.P.
 
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Beiträge: 701

Lieber A.D.

Ich hoffe, du hast Stachels pseudowissenschaftliches Gesumms verkraftet.

Zu deinem Gedicht:

Der erste Satz fällt auf (der Kohlenpott lässt grüßen!).

Ich halte eine Fassung in Gegenwart für die erste und zweite Strophe in Bezug zur dritten Strophe (die dadurch kräftiger würde) für überzeugender – der Aufbau bliebe logisch.

Ansonsten, wie gewohnt bei dir, ein schön aufgebautes Gedicht mit Hand und Fuß.

HG Kurier

Geändert von Kurier (05.05.2015 um 18:57 Uhr)
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Alt 05.05.2015, 16:31   #7
Richard L.
 
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Alter: 53
Beiträge: 1.592

In sehr vielen klassischen Naturgedichten ist das ein normaler Sprachgebrauch. Man sagt übrigens nicht mehr "Kohlenpott", sondern "Ruhrgebiet".
MfG


Schönes Gedicht, AnDi!
LG
Richard L. ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 05.05.2015, 20:05   #8
Richard L.
 
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Beiträge: 1.592

Bzgl. des "normalen Sprachgebrauchs": Ich sehe gerade, dass Du das editiert hast. Aha, merkwürdig..
Richard L. ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 06.05.2015, 18:43   #9
männlich Kurier
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Dabei seit: 06/2010
Beiträge: 701

Farrell,

noch ein bisschen Geplänkel:

Das Gedicht ist nicht klassisch, auch „Ruhrgebiet“, ist nicht klassisch, aber: „Kohlenpott“.

Kurier
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Alt 06.05.2015, 19:44   #10
Richard L.
 
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Beiträge: 1.592

Das kleine f zwischen dem M und dem G hatte seine Bedeutung.
Guten Abend.
Richard L. ist offline   Mit Zitat antworten
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