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Alt 22.10.2006, 12:32   #1
Colegiada
 
Dabei seit: 10/2006
Beiträge: 9


Standard Pflanzenelfe an Weihnachten

Verschlafen rieb sich die kleine Elfe ihre Augen und streckte sich genüsslich bis in ihre Flügel. Es musste Frühling sein, sonst wäre sie nicht aufgewacht. Die Luft war schon wieder warm genug, dass ihre kleinen Pflanzen neu sprießen wollten und sie brauchten ihre Hilfe. Allerdings fühlte sie sich immer noch so unheimlich müde. Sie wollte sich gerade noch einmal strecken, als ihr eigenartige Blüten an ihren Pflanzen auffielen. Verwundert legte sie ihren Kopf schräg und überlegte, was das denn für komische Blüten wären. Doch dann erinnerte sie sich daran, was sie war, schüttelte einmal über sich selbst den Kopf und flog hoch, um sich diese Blüten einmal aus der Nähe anzusehen.
Sie versuchte auf einer zu landen und hüpfte gleich wieder hoch. „Au!“ Verflixt, die war irgendwie heiß. Das konnte gar nicht sein. Sie versuchte die nächste Blüte. „Au!“ Die auch. So was hatte sie noch nicht gesehen. Sie hüpfte von einer Blüte zur nächsten mit demselben Erfolg. „Au! Au! Au! Aua!“ Mit einem verärgerten Gesichtsausdruck lies sie sich auf den nächsten Ast fallen. Das hatte sie noch nie erlebt. Wie konnte so etwas sein?
Sie saß schon eine ganze Weile auf dem Ast, als ihr nun erst das verdutzte Mädchengesicht auffiel, dass sie neugierig betrachtete. „Oh je, ob sie die ganze Zeit schon zugeguckt hatte?“ dachte die kleine Elfe. Na ja, weg konnte sie jetzt ohnehin nicht mehr, denn gesehen worden ist sie schon und vielleicht würde dieses Mädchen wissen, was mit den Blüten falsch war. Sie seufzte einmal leise und schaute dann das Mädchen direkt an.
„Ich bin Landra und wer bist du?“
Interessiert betrachtete das Mädchen die kleine Elfe. „Ich heiße Sarah.“
Auch Landra betrachtete nun das Mädchen, jedenfalls das, was sie sehen konnte. Sarah sah nett aus, fand sie. Sie hatte langes hellblondes gelocktes Haar, eine kleine Stupsnase und eisblaue Augen mit langen Wimpern.
Aus diesen schaute sie die kleine Elfe immer noch neugierig und fragend an. „Was bist du? Bist du eine Elfe?“
Nun straffte sich Landra zu ihrer vollen Größe, die eines kleinen Fingers, und antwortete: „Ich bin eine Elfe. Das stimmt.“
„Aber wieso bist du jetzt hier? Es ist Winter und die Pflanzen schlafen alle noch.“ rief Sarah aus.
„Pscht!“ machte die kleine Elfe. „Nicht so laut, du bist die einzige, die mich sehen soll.“ Doch dann wurde Landra bewusst, was Sarah gerade gesagt hatte. „Wie, es ist noch Winter? Das kann doch gar nicht sein. Meine Pflanze ist aufgewacht und darum bin ich aufgewacht. Doch als ich gucken wollte, was für komische Blüten meine Pflanze da hat, hab ich mir meine Füße verbrannt. Es muss aber doch Frühling werden, sonst würde meine Pflanze,...“ Landra kam sichtlich ins Reden, weil sie nicht begreifen konnte, was da falsch gelaufen war.
Sarah schaute sie zuerst verwundert an, doch dann macht sie ihrerseits „Pscht!“
Mitten im Satz stoppte Landra überrascht und verschluckte den restlichen Redeschwall. Sie schaute Sarah fragend an und erwartete von ihr augenscheinlich eine umfassende und alles erklärende Antwort auf ihre Fragen. Als aber nichts sofort zu kommen schien, ließ sie wieder ihre Schultern hängen und schüttelte deprimiert ihren kleinen Kopf.
Sarah tat die kleine Elfe leid. Sie wollte ihr so gern helfen, doch wie?
„Ich weiß nicht, warum Deine Pflanze wach geworden ist.“ sagte sie, „aber meine Mutter sagt, dass es ungewöhnlich warm ist dieses Jahr für den Winter. Vielleicht hat das was damit zu tun? Wir können sie ja fragen gehen.“
Etwas Hoffnung schöpfend schaute Landra auf. „Aber sie darf mich nicht sehen.“ Dann fiel ihr die andere nagende Frage wieder ein. „Weißt du was das für komische Blüten sind?“ Und sie zeigte auf diese leuchtenden Dinger in den Ästen über ihr.
Sarah lachte. „Das sind elektrische Lichter. Es ist bald Weihnachten, da macht man so was in die Bäume, damit es schön aussieht.“
Landra schaute nun noch verwirrter. „Was ist Weihnachten und was sind elektrische Lichter? Diese Blüten tun weh!“ erwiderte Landra und zog eine kleine Schmolllippe.
Sarah setzte sich auf einen kleinen Stein neben dem Busch. Hoffentlich sah ihre Mutter das nicht, sonst würde sie wieder schimpfen, dass sie sich auf den kalten Boden setzte.
„Also, “ holte Sarah aus, „Weihnachten ist ein Fest der Menschen, weil wir uns darüber freuen, dass ein Kind geboren ist. Das war ein wichtiges Kind. Und weil wir uns darüber immer noch freuen, feiern wir diesen Tag jedes Jahr wieder. Und damit alles schön festlich aussieht, werden ganz viele Lichter in die Bäume gemacht oder an die Häuser. Dann sieht alles richtig gemütlich aus und nicht mehr so kalt und dunkel, wie sonst im Winter.“
Landra zog eine kleine Augenbraue hoch. „Hm, warum sind dann diese ‚Lichter’ so heiß, dass sie einem die Füße verbrennen?“
Sarah schaute nachdenklich die Lichterkette in dem Busch an. „Ich weiß nicht. Papa sagt, da fließt Strom durch. Ich weiß nicht so genau, was das ist. Aber es macht wohl die Lichter auch heiß und bringt sie nicht nur zum leuchten.“
Landra schüttelte ihren kleinen Kopf. „Das kann doch nicht gut sein für meine Pflanzen.“ meinte sie besorgt.
Sarah besah sich die Lichterkette. „Aber die Lichter kommen doch gar nicht an die Pflanze ran. Die wird doch gar nicht heiß.“ erwiderte sie.
„Was?“ Landra hob mit einem kurzen ‚—wusch--’ zu einem der Lichter ab und besah sich die ganze Sache nun von unterhalb dieser komische Blüte. Sarah hatte recht, die Blüte war gar nicht direkt auf dem Ast und der Ast und die Borke waren auch ganz kalt.
„Puh!“ langsam flog Landra wieder zurück auf ihren kleinen Ast und schaute Sarah an. „Aber dann weiß ich immer noch nicht, warum die Pflanze wach ist und ich auch.“
Dann lass uns ins Haus gehen und ich frage meine Mutter. Sarah hielt ihre offene Hand Landra hin. Zögerlich betrat sie ihre Hand und ließ sich von ihr vorsichtig in ihre große Manteltasche stecken. „Aber sei vorsichtig, hörst du?“ klang es noch dumpf aus der Tasche bevor Sarah sich auf den Weg ins Haus machte.

Im Haus angekommen machte sich Sarah gleich auf den Weg zu ihrer Mutter, die in der Küche Kekse backte. „Mama, warum wachen die Pflanzen jetzt schon auf?“ fragte Sarah sie unvermittelt.
Überrascht schaute ihre Mutter sie an. „Woher weißt du das denn?“
„Ich weiß es. Also warum?“
Seufzend wischte sich ihre Mutter ihre Hände an der Schürze ab und überlegte angestrengt, wie sie das alles am besten ihrer kleinen Tochter erklären könnte. Sie setzte sich auf einen Stuhl und zog Sarah an sich heran, um sie in den Arm zu nehmen. Sarah jedoch achtete jedoch sorgsam darauf, dass ihre Manteltasche aus der Kuschelzone heraus blieb.
„Na ja, wie erklär ich das am besten.“ Sie überlegte noch einmal kurz. „Siehst du, alles was wir in die Luft sprühen macht die Luft schmutziger. Das macht jeder Mensch, aber auch jede Fabrik mit ihren großen Schornsteinen. Weißt du, wo immer soviel Rauch rauskommt?“ Sarah nickt, sie konnte sich an diesen großen Schornstein am Rande der Stadt erinnern, wenn sie alle drei mit dem Auto wegfuhren.
„Dieser Rauch verteilt sich in der Luft und macht sie schmutziger. Und von diesen Fabriken gibt es ganz viele auf der Erde und die machen schon ganz lange die Luft schmutzig.“
Sarah schaute ihre Mutter an. „Wie lange ist lange?“
Ihre Mutter antwortete „Da warst du noch gar nicht auf der Welt, da haben die das schon gemacht.“
Sarah guckte beeindruckt. „Diese Fabriken machen also die Luft schmutzig und irgendwie wird dadurch auch die Luft wärmer. Das wird sie schon ganz lange. Und darum gibt es im Winter immer weniger Schnee bei uns.“
Sarah schaute ihre Mutter nachdenklich an. „Und weil es wärmer ist, glauben die Pflanzen es wäre schon Frühling.“
Die Mutter nickt. „Ja, das kann schon sein.“
Nun sah Sarah ihre Mutter fragend an. “Aber warum hören die dann nicht damit auf die Luft schmutzig zu machen, wenn sie wissen, dass es nicht gut ist?“
Ein wenig traurig sagte die Mutter: „Man ist sich noch nicht so sicher, dass es wirklich davon kommt und solange das nicht sicher ist, ändern die Menschen da nichts. Leider!“
Auch Sarah blickte nun betrübt ihre Mutter an. Das würde bedeuten, dass die kleine Elfe jeden Winter aufwachen würde.
„Na komm, back mit mir ein paar Weihnachtsplätzchen, das vertreibt die traurigen Gedanken.“ erwiderte die Mutter, die es rührte, dass sich ihre Tochter in so jungen Jahren schon so viele Gedanken machte.
Zuerst wollte Sarah antworten, dass sie nicht könne, weil sie wieder raus müsse, aber dann fühlte sie ein kleines Strampeln in ihrer Tasche und es waren dumpfe Laute zu hören. Ihre Mutter schaute sie überrascht an. „Was hast du denn da mitgebracht?“ fragte sie und zog mit einem Finger die Tasche von Sarahs Jacke auf, bevor diese reagieren konnte. Wie ein bunter kleiner Blitz schoss es aus der Tasche heraus und schwirrte einmal durch die Küche bis ein kleiner leuchtender Ball über den halbausgestochenen Plätzchen zum stehen kam.
„Mhmmmmm“ war es von diesem kleinen Leuchtball zu hören.
Völlig überrascht und immer noch sprachlos sah die Mutter sich dieses Schauspiel an.
Verlegen sagte Sarah. „Das ist Landra. Und sie ist eine Pflanzenelfe.“
Die Mutter schaute lächelnd von dem kleinen Leuchtball zu ihrer Tochter und wieder zurück. „Daher weht der Wind. Jetzt versteh ich woher deine Fragen kommen.“
Wieder war ein ‚“Mhmmmm“ zu hören und ein leises „Das riecht ja so gut hier.“
Nun sahen sich Mutter und Tochter beide überrascht an, ehe sich die Mutter zuerst wieder fasste. „Nun ja, wir backen für Weihnachten Plätzchen. Wenn Du willst, können Sarah und du mir dabei helfen?“ sagte sie zu dem Leuchtball und versuchte in dem Licht eine Form zu erkennen. Langsam konnte sie den Körper der Elfe inmitten des Lichtes ausmachen, wie er immer ein wenig auf und ab flog mit seinen kleinen Flügeln.
„Ja, ich möchte das sehen.“ stimmte die Elfe zu und nickte in Richtung Sarah.
Sarah zog ihre Jacke aus und schon bald waren alle drei eifrig dabei zu backen. Auch wenn die Mutter es anfänglich nicht so recht glauben konnte, dass sie gerade eine kleine Elfe zu Besuch hatte, die mit wachsender Begeisterung Spuren in die dünnen ausgestochenen Plätzchen hüpfte, sie gewöhnt sich an dieses Gefühl. Irgendwann kam die Erinnerung zurück, dass auch sie als kleines Mädchen einmal eine Elfe gesehen hatte, aber sie hatte es über die Jahre vergessen. Es freute sie, dass ihre kleine Tochter nun die gleiche Erfahrung machen konnte und so ein hübsches Wesen kennen lernen durfte.
Sie hatten viel Spaß miteinander beim backen. Landra war einmal von einem Plätzchen fast zugedeckt worden und hatte sich dann wie in eine Decke hineingerollt. Zum Glück war noch genug Mehl an dem Teig gewesen, sonst hätte es schwierig werden können den Teig von ihren Flügeln zu bekommen. Landra war dafür zuständig die Muster in die Plätzchen zu machen, ehe sie in den Backofen kamen. Aber manchmal war ihr das zu langweilig und sie setzte sich auf eine der Ausstechformen oder auf den Pinsel mit dem Sarah’ s Mutter die Plätzchen mit Eigelb bestrich, um dann kleine Schokostreusel darauf rieseln zu lassen. Es waren lustige Stunden, die sie miteinander verbrachten und sie lachten viel.
Als das letzte Plätzchen fertig gebacken war und sie schon vom vielen probieren ganz satt waren, setzte sich Landra auf das Nudelholz und rollte lächelnd darauf hin und her. „Euer Weihnachten macht Spaß. Es ist schade, dass wir das alles verschlafen, wenn es kalt ist.“ Sarah schaute sie hoffend an. „Vielleicht wachst Du ja nächsten Winter auch wieder zu Weihnachten auf und dann können wir wieder zusammen backen.“
„Ich fände das toll. Aber ich weiß nicht, ob das so gut für meine Pflanze ist. Vorhersagen kann ich das nicht.“ gähnte Landra.
Mit einem Blick nach draußen, erwiderte Sarahs Mutter. „Schaut mal, jetzt schneit es.“
Sarah schreckte auf und blickte auf Landra, die immer müder zu werden schien.
„Oh! Dann muss ich wohl raus!“ Damit löste sich Sarah von ihrer Mutter zog die Jacke an und nahm die kleine Elfe behutsam in die Hände. So rannte Sarah wieder raus in den Garten.
Da saß Landra nun auf der offenen Hand von Sarah und schaute sich überrascht um. Sarah zeigte ihre ganz aufgeregt eine Schneeflocke nach der anderen. „Schau mal, dass ist Schnee, es wird wieder kalt und die Pflanzen schlafen bestimmt auch wieder ein.“
Es dauerte einen kleinen Moment bis Sarah bemerkte, dass die kleine Elfe tatsächlich immer müder wurde. Sie saß mit halboffenen Augen auf der Hand und kämpfte gegen den Schlaf an. Landra gähnte und schaute dann Sarah an. „Das ist wunderschön, so viele weiße Flocken. Sie sehen aus wie fliegende Blütenblätter. Aber ich werde so müde. Bringst Du mich bitte wieder zurück zu meiner Pflanze?“
Sarah nickte und beeilte sich wieder zu dem Busch mit den Lichtern zu kommen. Dort setzte sie Landra wieder auf dem Ast ab.
Landra blickte noch einmal zu Sarah hoch. „Ich danke dir, dass du mir geholfen hast und für das schöne Spiel und den Spaß. Ich wünsche dir ein schönes Lichterfest und wir sehen uns im Frühling wieder, wenn er wirklich kommt.“ Damit winkte Landra ihr noch einmal zu, flog dann sachte hinunter zu dem Stamm des Busches und war auf einmal verschwunden.
Sarah schaute sich noch lange die Stelle an, an der Landra verschwunden war. Irgendwann wurde ihr vom Stehen doch zu kalt und sie wandte sich um, um ins Haus zu gehen. Auf den Weg spielte sie noch ein bisschen hüpfend mit dem fallenden Schnee. Endlich Schnee ...
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