Vermessen bei Poetry.de

Ilka-Maria · 10.01.2018, 21:25

Drei Nächte habe ich durchwacht,
mich um des Sinnes Sein geschert
und fast um den Verstand gebracht -
in summa: Nicht der Mühe wert.

So habe ich den Sinn gefragt,
was er denn für sein Leben hält,
er hat die Antwort mir versagt,
denn er sei nicht von dieser Welt

und habe nie danach gesucht,
er sei zufrieden, dass er ist
und nicht so wie ein Mensch verflucht,
der alles mit dem Zollstock misst.

10.01.2018

Heinz · 10.01.2018, 21:52

Hallo Ilka-Maria,
das Ding ist so gut, dass es mich an Heine erinnert hat:

Am Meer, am wüsten, nächtlichen Meer
steht ein Jüngling-Mann,
die Brust voll Wehmut, das Haupt voll Zweifel,
und mit düstern Lippen fragt er die Wogen:
"O löst mir das Rätsel des Lebens,
das qualvoll uralte Rätsel,
worüber schon manche Häupter gegrübelt,
Häupter in Hieroglyphenmützen,
Häupter in Turban und schwarzem Barett,
Perückenhäupter und tausend andre,
arme, schwitzende Menschenhäupter.
Sagt mir, was bedeutet der Mensch?
Woher ist er kommen? Wo geht er hin?
Wer wohnt dort oben auf den goldenen Sternen?"
Es murmeln die Wogen ihr ew'ges Gemurmel,
es wehet der Wind, es fliehen die Wolken,
es blinken die Sterne gleichgültig und kalt.
Und ein Narr wartet auf Antwort.

Ich bitte, das als Kompliment für Dein Gedicht aufzufassen.
Heinz

gummibaum · 10.01.2018, 21:55

Liebe Ilka,

besinnliche Verse um den Sinn, der sich per se einer genaueren Bestimmung entzieht.

Sehr gern gelesen

LG g

Ilka-Maria · 10.01.2018, 22:47

Zitat:

Zitat von Heinz

Ich bitte, das als Kompliment für Dein Gedicht aufzufassen.
Heinz

Na ja, wenn du mich so schön bittest ...

Auf der Tastatur scheinst du auch hübsch flink zu sein.

Merci mille fois.

Ilka-Maria · 10.01.2018, 22:50

Zitat:

Zitat von gummibaum

besinnliche Verse um den Sinn, der sich per se einer genaueren Bestimmung entzieht

Danke, gummibaum. Tja, der Sinn des Lebens, oder doch besser des Sinnes Leben?

Die Menschen täten vielleicht besser daran, mit allen Sinnen zu leben und vor allem, Sinn in ihre Taten zu legen, als über den Sinn des Lebens zu grübeln.

LG
Ilka

pathos79 · 12.01.2018, 00:07

Hallo Ilka,

hier steckt " Vermessen " in zweierlei paar Schuh, auf der einen Sohle ist es vermessen zu denken, alles wissen zu können, was den Sinn des Seins ausmacht und auf der anderen steht der Irrtum im menschlichen Aufmaß seiner Auffassung alles skalieren zu können...
Die Suche ist ein Fluch, das Finden versteckt sich im Sein.
Der personifizierte Sinn ist ein wahrlicher Gedankenöffner...

take care

10.01.2018, 21:25	#1
Ilka-Maria Forumsleitung Dabei seit: 07/2009 Ort: Arrival City Beiträge: 31.082 Meine Gedichte Meine Favoriten	Vermessen Drei Nächte habe ich durchwacht, mich um des Sinnes Sein geschert und fast um den Verstand gebracht - in summa: Nicht der Mühe wert. So habe ich den Sinn gefragt, was er denn für sein Leben hält, er hat die Antwort mir versagt, denn er sei nicht von dieser Welt und habe nie danach gesucht, er sei zufrieden, dass er ist und nicht so wie ein Mensch verflucht, der alles mit dem Zollstock misst. 10.01.2018

10.01.2018, 21:52	#2
Heinz Dabei seit: 10/2006 Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow Beiträge: 7.879 Meine Gedichte Meine Favoriten	Hallo Ilka-Maria, das Ding ist so gut, dass es mich an Heine erinnert hat: Am Meer, am wüsten, nächtlichen Meer steht ein Jüngling-Mann, die Brust voll Wehmut, das Haupt voll Zweifel, und mit düstern Lippen fragt er die Wogen: "O löst mir das Rätsel des Lebens, das qualvoll uralte Rätsel, worüber schon manche Häupter gegrübelt, Häupter in Hieroglyphenmützen, Häupter in Turban und schwarzem Barett, Perückenhäupter und tausend andre, arme, schwitzende Menschenhäupter. Sagt mir, was bedeutet der Mensch? Woher ist er kommen? Wo geht er hin? Wer wohnt dort oben auf den goldenen Sternen?" Es murmeln die Wogen ihr ew'ges Gemurmel, es wehet der Wind, es fliehen die Wolken, es blinken die Sterne gleichgültig und kalt. Und ein Narr wartet auf Antwort. Ich bitte, das als Kompliment für Dein Gedicht aufzufassen. Heinz

10.01.2018, 21:55	#3
gummibaum Dabei seit: 04/2010 Alter: 70 Beiträge: 10.909 Meine Gedichte	Liebe Ilka, besinnliche Verse um den Sinn, der sich per se einer genaueren Bestimmung entzieht. Sehr gern gelesen LG g

12.01.2018, 00:07	#6
pathos79 Dabei seit: 03/2010 Ort: Sauerland Alter: 44 Beiträge: 737 Meine Gedichte Meine Favoriten	Hallo Ilka, hier steckt " Vermessen " in zweierlei paar Schuh, auf der einen Sohle ist es vermessen zu denken, alles wissen zu können, was den Sinn des Seins ausmacht und auf der anderen steht der Irrtum im menschlichen Aufmaß seiner Auffassung alles skalieren zu können... Die Suche ist ein Fluch, das Finden versteckt sich im Sein. Der personifizierte Sinn ist ein wahrlicher Gedankenöffner... take care