Testament

[Cornelius]

Ihr Lieben (nenn euch mal: Ihr Lieben),
nun wird es Zeit, dass ihr es wisst,
was wirklich, von mir selbst geschrieben,
mein letzter Wunsch und Wille ist.

Ein Zettel, ein paar schlichte Sätze
genügen für mein Testament.
Ich hinterlasse keine Schätze,
wie wohl vermutet, wer mich kennt:

Ein Schrank mit Büchern und mit Noten,
ein paar Gedichte, selbst verfasst.
Was brauch ich sie im Reich der Toten?
Verfahrt mit ihnen, wie's euch passt.

Hängt an den Sarg zwei grüne Zweige
und spielt dazu mit Streichquintett
(zur Not tuts auch die erste Geige)
das Boccherini-Menuett.

In unsres Friedhofs letzter Ecke,
da sei ein Platz für mich bereit,
gleich an der alten Brombeerhecke.
Dort will ich ruhn in Ewigkeit.

[Tabula Rasa]

Hallo Cornelius, was für ein abgeklärtes Testament voller nüchterner Sätze und doch auch voller Gefühl. Der Abschied von einem geliebten Menschen fiele mir leichter wenn er so ein Testament hinterlassen würde.
Ich habe mir weil ich es genau wissen wollte das Boccherini Menuett in verschiedenen Variationen bei Youtube angehört und es passt zu der subtilen Fröhlichkeit die dein Gedicht ausstrahlt.
Für mich wäre das allerdings nichts, für meine Beerdigung würde ich mir eher sowas wünschen auch wenn ich eigentlich niemanden hätte an den ich ich es adressieren könnte:
https://youtu.be/b3c6-fip03k?si=_NmN7gzcQVt46oXG
Aber hier geht es um dein Gedicht und ich kann nur sagen super!

[Ilka-Maria]

Zitat von Cornelius

das Boccherini-Menuett.

Zufall oder bewusst dieses Musikstück, lieber Cornelius? Bei der Pfiffigkeit deiner Gedichte kann ich mir vorstellen, dass du dir bei dieser Wahl etwas gedacht hast. Ich denke an die schwarze Komödie "Ladykillers".

LG
Ilka

[Cornelius]

Guten Abend!

Danke für eure Kommentare...

...und für den Link, Tabula Rasa. Gleich angeklickt. Mit Musik und Text könnte ich mich durchaus anfreunden, aber die Bebilderung dazu ist mir zu gruselig...

Liebe Ilka-Maria, die Wahl fiel in der Tat nicht zufällig auf Boccherinis Menuett. Du hast mich durchschaut...

Herzliche Grüße
Cornelius

[Candlebee]

Wie bescheiden, lieber Cornelius. Und genügsam noch dazu.

Die Aussage, in der letzten Ecke des Friedhofs bestattet zu werden, klingt beinah traurig. Auch wenn du nicht viel zu hinterlassen hast, warst du doch wer und gehörst an den dir angemessenen Platz.

Nette Grüße, Candlebee

[Silver]

Deine Zeilen spiegeln eine Bescheidenheit, die ich bewundernswert finde. Der Verstorbene misst dem Tod soviel Bedeutung zu, wie dem Leben. Er möchte in der Abgeschiedenheit auch die letzte Ruhe finden.

Liebe Grüße Silver