Poetry.de - das Gedichte-Forum
 kostenlos registrieren Letzte Beiträge

Zurück   Poetry.de > Geschichten und sonstiges Textwerk > Geschichten, Märchen und Legenden

Geschichten, Märchen und Legenden Geschichten aller Art, Märchen, Legenden, Dramen, Krimis, usw.

Antwort
 
Themen-Optionen Thema durchsuchen
Alt 06.09.2015, 22:12   #1
männlich Trubadix
 
Benutzerbild von Trubadix
 
Dabei seit: 03/2013
Alter: 38
Beiträge: 35


Standard Walblubber

Es war einmal ein kleiner, farb- und geruchloser Walblubber. Walblubber haben gemeinhin die selben Eigenschaften wie die nackten Affen. Mit dem Unterschied, dass sich ihr Erscheinungsbild nicht durch ihre Gene entwickelt.
Überhaupt spielen Gene bei Walblubbern keine so große Rolle.

Der kleine Walblubber, der noch als undefinierbares etwas herumquirrlte, traf auf eine Gruppe lilaner, stacheliger Walblubber. Und so dauerte es einige wenige Sekunden, die der kleine Walblubber brauchte um seine Umgebung mit dem Bewusstsein aufzunehmen, ehe er sich ebenfalls in einen lilanen Stachel-walblubber verwandelte. Er reichte den Anderen zwar nur bis zur Körperhälfte, aber die Ähnlichkeit war nicht mehr zu verbergen. Die Gruppe verbrachte nur wenige Tage mit ihm, doch seine Gestalt feinerte sich aus und er erlernte seine Grundverhaltensweisen durch das Sozialisieren mit ihnen.
Der nun, lila und stachelförmig gewordene Walblubber machte sich weiter auf seiner Reise.

Eines Morgens traf er auf eine Horde grüner Walblubber, die hinter sich einen Schweif von Glitzer herzogen. Skeptisch und unsicher was er davon halten sollte, hob er die Augenbraue. Er beobachtete das Geschehen eine kleinere Weile mit Neugierde, bis er entschied die alte Gruppe der lila-stachel-walblubber zu befragen. Einstimmig erklärten sie dem, in ihrer Gruppe so klein wirkenden, Blubber, das diese Horde absolut abscheulich sei. Auf sein drängendes Fragen, wieso, verfingen sie sich in gehetztem Gelapper, welches aber so eindrücklich wirkte, das unser kleiner lila Stachel-Blubber zum ersten Mal das Gefühl der Überzeugung kennenlernte. ( Wahrlich ohne sich dessen bewusst zu sein ).
Nun kehrte er zum Schauplatz zurück, und entschied, die nun als abscheulich bestimmte Horde, mit Hohn und Spott zu bestrafen. Die Gruppe ihrerseits, erwiderte einen großen Glitzernebel, der den kleinen lila Stachel-Blubber husten ließ. Dennoch war er froh über diese Begegnung, da er das Gefühl der Abgrenzung mit größtem Walblubber Glucksen genoss.

So verging die Zeit, so vergingen die Begegnungen, und da sich das Walblubberleben so stark mit dem der nackten Affen gleicht, kam der Moment indem unser kleiner lila Stachel-blubber Frau und Kinder, in sein eigenes Heim führte. Er starrte seinen Sohn an, erwartungsvoll und gleichermaßen irritiert. Er wollte einfach keine Farbe annehmen. All seine Walblubber Freunde hatten schon lange Kinder, und sie alle, sie glichen ihren Eltern bis auf die letzte Blubberblase. Doch sein Sohn blieb farblos, blieb formlos, nur leichte Geruchsnuancen seiner Mutter versprühte er ab und an. ( Hier muss erwähnt werden, das Walblubber Weibchen einen stärkeren Geruch vorzuweisen haben als die Männchen, wenn man deren Dunst überhaupt wahrzunehmen in der Lage ist ). So verging einige Zeit und unser Walblubber bekam eine Beförderung, die bedeutete das er seine Familie nur noch an den Wochenenden zu sehen vermochte.

Der Walblubber ging voll in seiner neu honorierten Arbeit auf. Er sah seinen Sohn meist nicht, da dieser an Wochenenden seine Schulfreunde besuchte und Übernachtungen liebte. Nach zwei Jahren gab es ein großes Walblubber treffen der lilanen Stachelwalblubber. Unser Walblubber hielt seine Frau an, sich sehr hübsch zu machen, und auch sein Sohn, auf den er, unerklärlicherweiße sehr stolz war, sollte das schönste lila glänzen, das auf dieser Veranstaltung zu sehen sein würde. “ Aber Liebling….” stotterte seine Frau verlegen. Doch das Gespräch brach ab. Da der Walblubber auch an diesem Tag lange zu arbeiten hatte, trafen sie sich erst zum großen Mahl der Veranstaltung. Und unser Walblubber erschrack nicht wenig, als er neben seiner wunderschönen Frau einen orange glitzernden Walblubber sitzen sah. Überwältigend groß, so dass kein Stuhl ihm wirklich genügend Sitzfläche bieten konnte. Der Sohn saß freundlich blickend neben der Mutter und hatte begonnen die Vorspeise zu probieren. Unser Walblubber setzte sich, sein Körper fühlte sich leergefegt an und unsicheren Blickes, schaute er zu den anderen Sitznachbarn, die seinen Blick schon wartend, mit empörten Gesichtern empfingen. Es war das gleiche Gesicht, das der Walblubber der glitzernden grünen Horde entgegen gebracht hatte, und all den anderen Gruppen von Walblubbern, die er im Laufe seines Lebens getroffen hatte. Er war sich unsicher. Er fühlte eine große Ungerechtigkeit, aber er konnte sie gedanklich nicht fassen, er konnte kein Wort der Erklärung finden, welches ihm in diesem Moment eine Orientierung gewesen wäre.
Nur widerwilig ließen die anderen Walblubber ihre Kinder in die kleine Runde, in der sich auch der orangene Walblubber befand. Aber diese Kinder waren so begeistert und neugierig, das sie mit Freuden den Sohn unseres Walblubbers zum Spielen aufforderten.

Als die Kinder sich vom Tisch der Erwachsenen entfernten, begann eine laute Diskussion darüber, ob Walblubber samt Frau und Kind überhaupt noch die Berechtigung haben dürften, in der Runde der lilanen Stachelblubber zu leben.
So verging das große Mahl, getränkt in Aufregung und Arroganz. Die Kinder schrien auf vor Lachen, und als das wilde Treiben der Kleinen ein Gespräch unmöglich machen sollte, wandten sich die Eltern der Lautstärke zu, um nicht weniger zu staunen, als unser Walblubber zu Beginn des großen Mahls.
So waren all die kleinen, eben noch ihren eltern gleichenden Walblubber, zu orangenen Walblubbern geworden. Sie krümmten sich vor Freude und blubberten gegeneinander, wie eine durcheinandergeschüttelte Orangenkiste.
Solche Erlebnisse hatten sich vereinzelt schon in allen Familien abgespielt, doch so wie es die unausgesprochenen Konventionen bestimmten, sollte darüber still geschwiegen werden.
Dieser Tag sollte in die Walblubbergeschichte eingehen, denn an diesem Abend erkannten sie zum ersten mal ihre große Ohnmacht.
Sie wurden bitter enttäuscht, denn alles worauf sie ihre Ordnung aufbauten, schien ein wahlloses Aneinanderreihen von Zufällen zu sein.
Es war der Moment, in dem sich Psychotherapie als neuer Berufszweick der Walblubber etablieren sollte.
Trubadix ist offline   Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen für Walblubber




Sämtliche Gedichte, Geschichten und alle sonstigen Artikel unterliegen dem deutschen Urheberrecht.
Das von den Autoren konkludent eingeräumte Recht zur Veröffentlichung ist Poetry.de vorbehalten.
Veröffentlichungen jedweder Art bedürfen stets einer Genehmigung durch die jeweiligen Autoren.