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Humorvolles und Verborgenes Humorvolle oder rätselhafte Gedichte zum Schmunzeln oder Grübeln.

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Alt 21.01.2010, 04:08   #1
männlich moon
 
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Dabei seit: 09/2009
Ort: im All
Alter: 39
Beiträge: 362

Standard Fahrstuhlmusik

Erster Stock: Düster.
Fledermausgirlanden
und Schwarzmalereien.
Blutkonserven neben
Omas Kerzen: Dauerbrenner.

Zweiter Stock: Im Arsch.
Boxershorts nach Farben
geordnet, Staubveteranen
halten die Missionarsstellung
alleine nicht mehr aus.

Dritter Stock: Fisch.
Schiffsmodelle und Hansa-
Paletten, ein bärtiger Matrose
stellt sich schnarchend vor
dass er mal die Nordsee küsste.

Vierter Stock: Zwei Buben.
Überreizt. Dann drücke ich
mich wohl doch lieber
zur Null.
moon ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 21.01.2010, 22:26   #2
weiblich IsabelG
 
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Dabei seit: 10/2008
Ort: eschwege
Alter: 41
Beiträge: 533

hallo moon,

das ist mal wieder ein toller text von dir. alles sehr einleuchtend was du schreibst bzw ist hier alles stimmig vom anfang bis zum ende. wird auch nicht langweilig beim lesen.

Zitat:
Fahrstuhlmusik
bei dem titel musste ich an gedanken die sich im kopf breitmachen denken, obwohl ja hier von musik die rede ist, wirkt es aber auch wie gesehenes und erdachtes gleichzeitig, wie ein kleines lied indem ganz viele bilder stecken. passt wirklich gut zum text.

Zitat:
Erster Stock: Düster.
Fledermausgirlanden
und Schwarzmalereien.
Blutkonserven neben
Omas Kerzen: Dauerbrenner.
der erste stock, die gruftifraktion schön beschrieben mit allen klischees. die fledermausgirlanden und die blutkonserven... gut beschrieben, als wäre man selbst im aufzug und würde sich gerade den ersten stock vom aufzug aus anschauen. find es wirklich diese strophe irgendwie symphatisch.

Zitat:
Zweiter Stock: Im Arsch.
Boxershorts nach Farben
geordnet, Staubveteranen
halten die Missionarsstellung
alleine nicht mehr aus.
hier der zweite stock. die spießer, welche wohl boxershorts nach farben ordnen...und bei "staubveteranen halten die Missionarsstellung alleine nicht mehr aus" musste ich wirklich lachen! sehr gut gelungen und diese wunderbaren vorurteile!

Zitat:
Dritter Stock: Fisch.
Schiffsmodelle und Hansa-
Paletten, ein bärtiger Matrose
stellt sich schnarchend vor
dass er mal die Nordsee küsste.
und der dritte stock. willkommen beim matrosen zuhause! hier ist meine absolute lieblingsstelle " stellt sich schnarchend vor dass er mal die Nordsee küsste". es hat eine gewisse weitsichtigkeit die mir wirklich gut gefällt.
vor allem sind die stockwerke so unterschiedlich...das macht wirklich spass zu lesen.

Zitat:
Vierter Stock: Zwei Buben.
Überreizt. Dann drücke ich
mich wohl doch lieber
zur Null.
das letzte stockwerk. hier gibts wenig zu sehen...ausser überreiztes also warum nicht wieder nachhause zur null.

mir fällt nichts zum rummeckern ein moon. danke! für diesen text, er ist mehr als nur ein paar lacher wert.

gruß,
isa
IsabelG ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 21.01.2010, 23:44   #3
männlich Bullet
abgemeldet
 
Dabei seit: 07/2009
Beiträge: 499

Hi Moon,

ich kann mich Isa nur anschließen. Einer der besten Texte, die ich in den letzten Tagen hier gelesen habe.

Kommt leicht und locker, sarksatisch aber nicht böse, kurzweilig und genau den Punkt treffend daher.

Genauer muss ich es garnich auseinander nehmen. Wenn ein Text gut ist, muss man garnich viel dazu sagen.

Gerne mehr davon.

Gruß
Bullet
Bullet ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.01.2010, 02:08   #4
männlich Phobipp
 
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Dabei seit: 11/2009
Ort: Hinter den Spiegeln
Alter: 38
Beiträge: 449

Hallo moon,

also wenn es hier nur um eine Fahrstuhlreise ginge, wäre ich etwas enttäuscht. Denn diese könnte man doch perfekt für eine metaphorische Reise nutzen.

Ich hatte jetzt mehrere Interpretationsansätze und der passendste ist wohl derjenige, in dem es um eine "Reise" durch verschiedene Lebensabschnitte, verbunden mit einer steigenden Ernüchterung geht:
1. Strophe: Rebellische Teenagerjahre
2. Strophe: Das "verantwortungsvolle" Erwachsenenleben
3. Strophe: Das gesetzte Alter
4. Strophe: Kurz vor dem Sterben (?)

Die Ernüchterung sehe ich darin, dass im Verlauf des Gedichtes eine Entwicklung von "Idealen" - aber zumindest eines Zugehörigkeitsgefühls - über unverwirklichte Träume, bis hin zur Enttäuschung und sogar dem Wunsch, das Leben nochmals von vorn zu beginnen, stattfindet. (Das Erdgeschoss quasi, oder "Null", wie du es ausdrückst)
Das wäre eine wunderbare Deutung () wenn da nicht diese "zwei Buben" wären, die ich einfach nicht einordnen kann. Und da ich nichts mit ihnen anfangen kann, ist meine Interpretation nichtig (oder übersehe ich einfach nur etwas?) und somit dein Gedicht in meinen Augen nicht so gut, wie es hätte sein können.
Anfangs dachte ich noch, bei den Buben handele es sich um das "Ist" und das "Könnte", also die Realität und die Wunschrealität. Aber warum sind beide dann überreizt? Wenn sie sich streiten würden oder Ähnliches, ja, das würde passen. Doch überreizt... Nein.
Sorry, aber diese blöden überreizten Buben machen mich echt wahnsinnig. Ginge es nicht auch ohne die?

Da muss ich der Euphorie meiner Vorredner einen kleinen Dämpfer geben. Wobei das aber nicht heißt, dass es schlecht ist. Ich habe es sehr gerne gelesen und hier im Forum gehört es zu den besseren. Aber ich habe einfach mittlerweile eine gewisse (hohe) Erwartungshaltung an dich, die du hiermit leider nicht erfüllen konntest.

Grüße.
Phobipp ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.01.2010, 02:52   #5
männlich movfaltin
 
Dabei seit: 06/2009
Ort: Glei newwa da Elegdrisch
Alter: 42
Beiträge: 130

Ojemine. Das scheint mir so ein deutscher Ulysses zu sein, ein Martello-Turm gegen jedwede nachvollziehbare Lesart.
Ich assoziiere aus der Lamäng

1. OG - Skat. Dumm gelaufen.
2. OG - Klaus und Klaus (oder wie diese grenzdebilen volkstümelnden Bärte mit dem plattdeutschen Strand und der Polonäse heißen mögen - nur dass die Hansa trinken, das ist mir neu). Dummes Wortspiel am Ende.
3. OG - Reality Soaps oder alternativ Dschungelschauen peinlich deutscher Facon. Ich weiß nicht, warum mir das in den Sinn springt. Ist halt so.
4. OG - Transsilvanien o.s.ä. Dracula, Vampire, Halloween, whatever.

Ähm, das ist nicht zufällig eine latente Kritik daran, dass Deine Fernbedienung nur schlechte Tehfau-Sender reinkriegt (so es auch gute gibt), weil sie nur drei bis vier Knöpfe hat?! War ja nur ne Idee...

Aber: Wie kann man schon im vierten Stock überreizen? Meinetwegen im zwei- bis dreiundzwanzigsten (ließe auch noch Raum für Null) - wobei das dann ja irgendwie wieder der vierte wäre - nur halt nicht über Null. Hä?

Tja, hier resigniere ich. Schön - ein Rätsel! Gut gemacht!

Cheers
movfaltin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.01.2010, 02:55   #6
männlich movfaltin
 
Dabei seit: 06/2009
Ort: Glei newwa da Elegdrisch
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Beiträge: 130

Sorry. Doppelpost.
Hier gibt es zwar nur vier Knöpfe ("Melden", "Zitieren", "Ändern", "komischer Kindsknopf mit dem Pluszeichen und Anführungsstrichen drauf, der als Allerletzter und Allerkleinster einen überaus ausgegrenzten Anschein erweckt"), aber auch das sind anscheinend schon mindestens drei zuviel. Licht aus jetzt.
movfaltin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.01.2010, 14:57   #7
männlich moon
 
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Beiträge: 362

OMG! Da habe ich mich ja echt gefreut über soviel Feedback. Dann versuche ich mal der Reihe nach vorzugehen. An alle vorweg: Vielen Dank für die Beschäftigung mit dem Text.

Liebe Isa,

dir ein paar Lacher mehr entlockt zu haben, ist schon einmal die halbe Miete. Wie so oft hast du auch die meisten Bilder, die hinter den Strophen stecken, erkannt. Bei der „Gruftifraktion“ habe auch ich lachen müssen. Auf den Punkt gebracht. Die Tatsache, dass du den Titel passend findest, hat mich ebenfalls gefreut, so weiß ich ja, wie schwer du dich mit manchen Titeln tust. Das wichtigste ist aber, dass du die Zeilen nicht so ernst genommen hast, dazu aber gleich noch mehr.

Lieber Bullet,

schön, dass ich dich unterhalten konnte. Das war auch in erster Linie das, wozu der Text gedacht war: Unterhaltung. Dass du es „als einen der besten Texte in letzter Zeit hier im Forum“ empfunden hast, ehrt mich. Dabei sollte man ihn stets mit einem zugekniffenen Auge lesen.

Lieber Phobipp,

ein Punkt an dich für deine überaus interessante Deutung des Textes. Ganz schön deep, Phobipp. Doch nachdem ich letztens deine bahnbrechende Interpretation in einem anderen Thread über ISS-Insassen lesen durfte, war das hier kein Wunder mehr. Leider muss ich dich – wie du schon hast wissen lassen – enttäuschen, auch wenn es um mehr als „nur“ eine Reise im Fahrstuhl geht. Die Idee kam mir in einer schlaflosen Nacht, ich dachte daran, dass ich eigentlich noch so fit bin, um auf eine Party zu gehen. Dabei begab ich mich in den nicht existenten Fahrstuhl meines Hauses und wollte mal auf die Suche nach einer Beschäftigung gehen. Also handelt es sich hier um eine „gedankliche“ Reise mit dem Lift, was könnte da wohl auf mich warten, wenn sich die Türen öffnen. Siehe oben, was dabei rausgekommen ist. Als Grundgerüst standen dabei immer die „Stock“-Wortspiele im Vordergrund. So ist es auch gegen Ende zu den ominösen Buben gekommen. Ich weiß nicht, ob du selber Skat spielst, aber wie movfaltin schon erwähnt hat, ist das ein Skatbezug. Zwei Buben im letzten Stock der Nacht, nichts aufregendes, ein Nullspiel, das mindeste, was zu erwarten war. Auf den nüchternen Boden der Tatsachen zurückgeholt. Da wo doch nur das Bett wartet. Deine „Ist“/“Können“-Theorie hat mich beeindruckt, dann muss ich mir für den nächsten Text wohl noch mehr doppelte Böden vornehmen, um deine kreative Auffassungsgabe zu berücksichtigen. Ich danke dir fürs Lesen und deine Gedanken.

Lieber movfaltin,

dafür hast du den Martello-Turm aber recht schnell eingenommen. Auch wenn du in deiner Auflistung der einzelnen Assoziationen die Etagen ein wenig durcheinander geworfen hast. Der Skat-Stock kommt erst am Ende, also mit Dracula tauschen. Danach ebenfalls Klaus und Klaus mit Dschungelcamp austauschen. Apropos Klaus und Klaus: Ich weiß auch nicht, ob die Hansa trinken. Dafür kenne ich die zu schlecht. Was ich weiß ist, dass mein bärtiger Matrose dieses leckere Nordbier gesoffen hat. Die passende Musik rauschte nur leise im Hintergrund.

Die latente Medienkritik ist ein guter Gedanke, auch wenn meine Fernbedienung so viele Knöpfe hat, dass man diese gar nicht alle verwenden kann. Ein Universal-Teil. Da ich eher selten TV gucke, werde ich diese Knöpfe niemals alle nutzen können.

Ich wollte hier einen humoristischen Text abliefern, der mir in einer durchzechten Nacht in den Sinn kam. Dabei stehen vor allem die Wortspielchen im Vordergrund, keine tiefgründige Message. Naja doch, eine kleine: Die vielen Facetten des Lebens einfach nie zu ernst nehmen. Es ist dennoch überaus faszinierend, dass dabei medien- und sozialkritische sowie entwicklungssoziologische Ideen hervorgerufen wurden. Ein großes Dankeschön.

moon
moon ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.01.2010, 15:43   #8
männlich Phobipp
 
Benutzerbild von Phobipp
 
Dabei seit: 11/2009
Ort: Hinter den Spiegeln
Alter: 38
Beiträge: 449

Skat habe ich leider noch nie gespielt, dafür aber Binokel, in dem es das Reizen auch gibt. Ist aber schon eine Weile her, sodass ich das in dem Zusammenhang nicht assoziieren konnte.
Phobipp ist offline   Mit Zitat antworten
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