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21.02.2005, 00:27 | #1 |
On Air
So... ich geb euch mal was zum Interpretieren
On Air Ich verließ das Studio. Nichts mehr zu tun für mich. Die Straßen waren nass und glatt und in den Pfützen spiegelte sich sämtliches Elend wieder, dass diese Nacht zu bieten hatte. Eine dieser schreienden und kreischenden Bands, wie sie in unserem Sender ständig gespielt und gewünscht werden, brüllten auch in mein Ohr. Eine Prostituierte läuft wortlos an mir vorbei. Ist es nicht ihr Job, mich anzusprechen? Ich bin vermutlich nur ein Schatten, und den bemerkt kaum jemand, schon gar nicht Nachts. Crucify then learn... Ich bewundere all die Leute, die um diese Zeit schlafen können. Wenn ich all das sehen würde, würde ich sofort wegziehen. Es ist nicht mal dreckig. Keine Zeitungen fliegen durch die Straßen, wie in den alten Edgar Wallace Filmen. Es ist einfach nur langweilig. Ein paar Nutten, ein paar Penner, ein paar Punks, einige Glatzen und ich. Wir kennen uns alle und kennen uns doch nicht. Wir sehen uns ständig und schauen doch weg. Warum bin ich noch hier? Ach ja.. Das Geld. Merde! Ein alter Mann läuft an mir vorbei. Er hat nur einen Arm. Ziemlich arm dran, würde ich sagen. Er sagt nichts. Grüßt nicht. Ich grüße auch nicht. Warum auch? Wir laufen wortlos aneinander vorbei. Sit and watch me burn... Was für eine Nacht. Diese Nächte, in denen man realisiert, dass man sich einfach nur zu Tode lebt, kommen und gehen. Ohne sich anzukündigen. In diesen Nächten ist eigentlich alles so, wie es immer ist, und doch ist alles anders. Die Erkenntnis ist da, du weißt es, aber du weißt nicht, was zum Henker du dir dafür kaufen kannst. Jede Banalität bringt dich auf die Palme. Hilflosigkeit. Ich stolpere fast über meine eigenen Füße. Eine junge Frau kommt mir entgegen. Sie ist ungefähr in meinem Alter. Ich habe sie hier noch nie gesehen und ihrem Aussehen nach hat sie sich vermutlich auch nur verlaufen. Sie geht an mir vorbei. Lächelt. Take so much away from inside you… Ihre Lippen. Sie hat etwas gesagt. Mein Gott. Ich bleibe stehen, reiße mir die Kopfhörer aus den Ohren, drehe mich um und rufe ihr nach: „Wie bitte?“ Sie bleibt auch stehen, dreht sich um, lächelt mich an, wiederholt: “Ich sagte ‚guten Abend’.“ Und da denkt man, es ist was Wichtiges. Ich bin neben mir: „Was soll denn an diesem Abend gut sein?“ Eine Weile starrt sie mich an. Fast ein bisschen sehnsüchtig, aber das entspringt sicherlich nur meinen Wunschträumen. Bis sie sagt: „Na zum Beispiel dein Rendez-Vous heute Abend.“ Fast fehlen mir die Worte. Ich bin beim Radio, mir dürfen die Worte nie fehlen. Jetzt, wo ich live auf Sendung bin. Zum Glück hört meinem Leben in diesem Moment nur eine Person zu. Ich beruhige mich, werde wieder der lässige Kerl am Mikro. „Ich habe heute Abend kein Rendez-Vous.“ „Doch,“ sie strahlt, grinst über das ganze Gesicht, „mit mir.“ Jetzt versagt meine Stimme. Sendeloch, wenn man so will. Mir auch egal. Bis zu diesem Abend wusste ich nicht, was der Unterschied ist zwischen „der Frau meiner Träume“ und „der Frau für’s Leben.“ Jetzt weiß ich es. Aber ich behalte es für mich. Ein neues Sendekonzept. Es ist schon erfunden, man muss es nur entdecken. |
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21.02.2005, 01:06 | #2 |
Hm. Ich finde sie einfach stimmig, alles passt und hat seine eigene Bedeutung.
Und am Ende steht die Hoffnung auf eine Besserung. Der Charakter, der sich eigentlich in der ganzen Gechichte in einem Tief befindet, erlebt doch noch etwas schönes. Einfach schön. Mitreißend. Und lässt mich nachdenken. |
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06.08.2006, 12:18 | #3 |
hach ja...
so eine geschichte kann man einfach nicht in worte fassen... ok, du vielleicht... obwohl hier auf mich nichts konstruiert wirkt hab ich das gefühl, dass es mir nie so ergehen kann, wie dem erzähler am ende. aber gerade dieses hintergrundgefühl lässt mich paradoxerweise zu dem schluss kommen: das leben hält doch die größten überraschungen bereit. dein erzählstil ist wirklich stimmig und echt gehaltvoll die kleinen humorvollen einschübe sind so gekonnt und ungezwungen, dass selbst sie authentisch rüberkommen. das einzige problem ist für mich jetzt, dass ich es nicht interpretieren kann/will max |
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06.08.2006, 14:08 | #4 | |||||||
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Eine wirklich gute Geschichte, Riif. Mir war es mal so ähnlich ergangen, zwar nicht mit einer Verabredung als Ergebnis, aber mit einem geretteten Tag. Diese Menschen, die einem dem Tag retten, kommen mir dann vor wie kleine Engel (ich glaube nicht an Engel), die nur zum Zwecke der Aufmunterung geschickt wurden. Ich kann es jedenfalls in solchen Momenten nicht fassen, wie nett und hilfreich die Menschen doch sein können, obwohl sie sehr oft eigennützig handeln und Enttäuschung bringen. Zitat:
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Mh, ich weiß nicht was Du noch interpretiert haben möchtest. Den Unterschied zwischen "Der Frau des Lebens" und der "Frau meiner Träume" oder noch mehr? Ich weiß nur, dass das, was man erträumt, nicht immer das ist, womit man auch wirklich leben kann. Und dass es Dinge im Leben gibt, die man sich nie hätte erträumen können. Dass das lyrische Ich Kopfhörer trägt, wird dem Leser erst so spät klar - oder genauer - mir wurde es erst so spät klar, nämlich als er sich diese von den Ohren riss. Ist das Absicht? Ich hätte mehr Klarheit besser gefunden. So, das war alles, was ich dazu sagen wollte. Grüße vom struppigen Igel. |
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