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Alt 08.02.2017, 18:02   #1
weiblich Ilka-Maria
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Standard Demokratie

Zitat:
Zitat von Walther Beitrag anzeigen
es gilt, durch kluges reden und handeln unsere freiheitliche lebensweise aufrechtzuerhalten - es sei denn, man will allen ernstes, daß 2000 jahre umsonst opfer dafür gebracht wurden, eine freie und soziale ordnung mit unveräußerlichen menschenrechten zu errichten, zu denen die glaubens- und religionsfreiheit gehört.
Diese Aussage klingt in meinen Ohren trügerisch. Sie klingt, als ob "unsere" Demokratie - also die diversen Demokratien in der westlichen Welt - gegen jeden Rückschritt gefeit seien, wenn man nur der Vernunft das Wort redet. Das sehe ich nicht so. Auch in einer Demokratie stellt sich nicht jede Entscheidung, die zu einer Handlung führt, hinterher als vernünftig heraus. Es liegt nämlich in der Natur von Entscheidungen, nicht vorhersagen zu können, zu welchen Ergebnissen sie führen. Die größten und schwersten Schiffe zu haben und daraus einen sicheren Sieg hervorzusagen kann sich als fatal herausstellen, wie sich an der spanischen Armada gezeigt hat. Von diesem Ergebnis war sogar Elisabeth überrascht.

Was genau ist "Vernunft"? Der sogenannte "Rechtsruck" wird von den Teilen der Bevölkerung als durchaus "vernünftig" bewertet. Fazit: Es gibt keine klare Definition für "Vernunft", sondern nur unterschiedliche Sichtweisen, was vernünftig zu sein hat. Genau genommen ist "vernünftiges Handeln" immer an Erfolg gebunden: Wer gewinnt, hat vernünftig geurteilt, entschieden und gehandelt.

Ich sehe es auch nicht so, dass unsere freiheitliche, soziale Ordnung das Ergebnis eines 2.000 Jahre währenden Kampfes voller Opfer ist. Sie ist ein Produkt einiger weniger Jahrhunderte. Auf die deutschen Länder bzw. Preußen bezogen wurde die Basis dafür gelegt durch die Erfindung des Buchdrucks, die Entwicklung einer einheitlichen deutschen Sprache, die Aufklärung und später die zwar nicht gewollten, aber erzwungenen Sozialgesetze Bismarcks, die industrielle Revolution und die Durchsetzung von Bildungseinrichtungen für alle Schichten. Nur nebenbei erwähne ich, dass nicht jede Freiheit zunächst willkommen war, Stichworte: "Bauernlegen", "Pauperismus".

Was ist Freiheit? Leben und arbeiten, wo immer man will. Heiraten, wen man will usw. Diese Möglichkeiten gab es vor wenigen Generationen nicht.

Im antiken, demokratischen Griechenland, war die Sklaverei "normal". In den U.S.A., der Wiege der modernen Demokratie, herrschte bis zum Sezessionskrieg die Sklaverei. In weiten Teilen der arabischen Welt wird heute noch Menschenhandel betrieben, zwar nicht durch demokatische Staaten, aber durch Staaten, mit denen demokratische Staaten des Westens Handel treiben und die Augen davor verschließen.

Demokratie ist kein schuppenbewehrter Drache. Sie ist verwundbar. Sie ist sogar sterblich.

Von diesem Größenwahnsinn, dass "unsere" Demokratie unangreifbar ist, wenn wir nur "vernünftig" denken und reden, müssen wir weg, und zwar, bevor wir gezwungen sind, die Schwerter zu ziehen. Wie heißt es doch: "Wehret den Anfängen." Dazu gehört, Grenzen frühzeitig zu ziehen und sich Raum zu verschaffen, die eigenen Interessen zu vertreten, bevor man die Wand am Rücken spürt. Wenn wir das, was unsere Vorfahren in den letzten Jahrhunderten erreicht haben, erhalten wollen, ist die "Weichei-Taktik" die falsche Schiene.
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Alt 08.02.2017, 19:13   #2
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lb Ilka-Maria,

du wiederholst dinge, die ich weiß. ich bin weder zahnlos noch ein weichei. im gegenteil: ich habe schon vor kasernen gegen die friedensbewegten gekämpft und in großen hallen mit mehr als 1.000 leuten alleine auf dem podium den Nato-Doppelbeschluß verteidigt, als andere noch in der nase bohrten. mir braucht man keine vorlesung über wehrhafte demokratie zu halten.

in der tat ist unsere demokratie das ergebnis 2000jähriger geschichte und der dabei entstanden opfer - eigentlich sind es 2400, wenn wir die griechische zeit mit hinzunehmen. wenn du magst, erteile ich dir einen kleinen lehrgang in demokratiegeschichte, eine leichte übung für mich, sollten wir aber separat machen, das überfordert diesen faden.

wir erleben gerade, wie populisten, brandstifter, brunnenvergifter und charakterlose egomanische führer die demokratie gefährden und beseitigen (Erdogan, Putin, Orban, Kaczyński und Konsorten). daher bedarf ich keiner erinnerung.

wehret den anfängen gilt für alle, die die demokratie angreifen: ob islamophob, rechtspopulistisch, links- oder rechtsextrem, identitär oder reichsbürgerisch. hier ging es um "islamophob, rechtspopulistisch".

lg W.
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Alt 08.02.2017, 19:49   #3
männlich Ex-Larkin
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Erstens: Die Existenz einer menschlichen Vernunft kann rational und dementsprechend auch argumentativ bezweifelt werden. In dieser Diskussion scheint mir der Begriff "Vernunft" v.a. eine praktische Konnotation zu besitzen, d.h. man fordert bestimmte Richtlinien, die sowohl Denken als auch Handeln (im polit. Sinne), in die "richtige (weil humanistische) Richtung" bewegen sollen - Vernunft ist also demnach eine Anleitung ethischer Politik.

Dass damit natürlich die Meinungsfreiheit quasi-ausgehebelt wird, muss nicht großartig betont werden; wenn man Meinungsfreiheit als Diversität politischer Gedanken begreift, dann kann man keine Richtlinie für das richtige staatsmännische Handeln aufstellen - einerseits will man, als Befürworter der Meinungsfreiheit, die sog. Gedankenfreiheit bewahren, andererseits betont man, dass gewisse Gedanken, Worte usw. verboten gehören - weil einer bestimmten, vermeintlich vernunftbetonten Linie nicht entsprechend. Warum ausgerechnet diese Linie und keine andere das politische Heil verspricht und umsetzen kann, ist damit im Übrigen in keiner Weise beantwortet.

In summa: Auch Meinungsfreiheit, Freiheit und Vernunftbetonung können zu einer politischen Ideologie verkommen, die gesamte Arbeit der Aufklärung kann ebenso einem Radikalismus anheimfallen wie andere politische Theorien. Dass man damit natürlich konterkariert, was man eigentlich auf seine Fahne geschrieben hat, ergibt sich daraus von selbst.

Zweitens: Die letzten zweitausend Jahre Geschichte sind nicht der Konflikt einiger Helden gegen das dunkle Böse, um einen "Sozialstaat", um Meinungsfreiheit und eine Demokratie zu errichten - weder Themistokles noch Perikles haben die Kriege, die sie geführt haben, als Freiheitskampf verstanden und der Begriff Staat, das Denken in Nationen ist ein Produkt der frühen Neuzeit - dieses Denken hat einen Vater: Machiavelli. Der Begriff stato bzw. lateinisch Status - aus welchem sich unser Wort "Staat" gebildet hat - bezeichnet den momentanen Zustand, und Aufgabe eines Politikers ist, nach Lesart Machiavellis, diesen Zustand zu stabilisieren und stabil zu halten. Ich erwähne das, um zu zeigen, wie ignorant diese Sichtweise eines zweitausendjährigen Freiheitskampfes ist - denn die Begriffe, mit denen der heutige Humanismus hantiert, stammen u.a. von dem Theoretiker, den sie sosehr verachten...

Dass ein Großteil der Einrichtungen und Institutionen von den Personen stammen, die nach dieser historischen Lesart eigentlich auf der "falschen (weil bösen und menschenverachtenden) Seite" standen, wird hier dann natürlich ignoriert. Dass ein Großteil der deutschen Einrichtungen durch den Ersten Weltkrieg überhaupt ermöglicht wurden - so z.B. das Steuersystem, welches hier seinen Ausgang nahm - und die entsprechenden Kriegsteilnehmer sich nicht als Vorkämpfer der Demokratie verstanden (die Propaganda der Entente hin oder her), ist dieser Lesart vollkommen egal.

Zu guter Letzt sei auch darauf hingewiesen, dass es keine allgemeingültige Interpretation der geschichtlichen Entwicklung gibt - es ist aber gesichert, dass der "Kampf für die Demokratie" keine zweitausend Jahre angedauert hat, das ist geistesgeschichtlich und auch politisch unmöglich - und demzufolge Quatsch. Das alleine schon deshalb, weil es genügend Argumente gibt, die die derzeitige Form einer Demokratie als dezentralisierte Herrschaftsform, nicht aber als Volksherrschaft bezeichnen, oder sie zumindest de facto nicht als Demokratie interpretieren - wenn ein solcher Interpretationsspielraum vorhanden ist, dann braucht man gar nicht erst darauf bestehen, dass die eigene Position absolute Richtigkeit besitzt, wenn man diese verschiedenartigen Standpunkte nicht mit einbezieht. (Mir ist auch kein ernstzunehmender Politikwissenschaftler oder Historiker bekannt, der eine solche Lesart vertritt; Herfried Münkler hat selbst die EU als "wohlwollendes Imperium" bezeichnet und darauf hingewiesen, dass Politik eine Frage der Interessen und nicht der Moral ist bzw. sein sollte.)

Wenn man nun aber betrachtet, wie nationalsozialistische oder stalinistische Theoretiker eigene Schulen der Geschichtsinterpretation errichtet haben, die v.a. zurechtbogen, was nicht mit der eigenen Weltanschauung korrelierte, dann erhält diese "Freiheitskampf-Lesart" einen unangenehmen Beigeschmack.

In summa: Wenn man historisch und geistesgeschichtlich argumentieren will, dann muss man wissen, wie man sich auf diesem Boden zu bewegen hat. Wenn man mit Phrasen eine harte Linie vertritt, die dieser Linie eigentlich strengstens widersprechen und dazu noch eine GeschichtsInterpretation vertritt, die wesentliche Elemente politischer Entwicklung ignoriert, dann verwandelt man sich recht schnell in das, was man eigentlich zu bekämpfen dachte.
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Alt 08.02.2017, 19:57   #4
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Zitat:
Zitat von Larkin Beitrag anzeigen
Zu guter Letzt sei auch darauf hingewiesen, dass es keine allgemeingültige Interpretation der geschichtlichen Entwicklung gibt - es ist aber gesichert, dass der "Kampf für die Demokratie" keine zweitausend Jahre angedauert hat, das ist geistesgeschichtlich und auch politisch unmöglich - und demzufolge Quatsch.
Danke.
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Alt 08.02.2017, 20:11   #5
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Zitat:
Zitat von Ilka-Maria Beitrag anzeigen
Danke.
Wofür?

Die Frage nach einer geschichtlichen Lesart ist eng verwoben mit philosophischen Fragen und deren Beantwortung. Wenn man sich die Fischer-Kontroverse besieht, dann fällt einem Folgendes sofort auf:

1. Stellt sich für die Historiker hier die Frage nach Determinismus, Indeterminismus und freiem Willen - wie diese Frage beantwortet wird, wird auch ihre Interpretation der Julikrise beeinflussen.

2. Es stellen sich weiterhin moralische Fragen, die je nach dem, wie sie beantwortet werden, eben eine geschichtliche Interpretation ermöglichen: Ich könnte das Lustprinzip hochhalten und dementsprechend, nach Marxistischer Lesart, mein Augenmerk auf die Ökonomie und nicht die ethische Komponente legen. Ich könnte aber auch soziologisch argumentieren und verschiedenste Faktoren (sog. "historisches Faktorendenken") mit einbeziehen.

In der Frage einer sog. "Demokratiegeschichte" sind allerdings Fragen zu stellen, die, wenn sie beantwortet sind, diese gesamte "Theorie" über den Haufen werfen würden; wie gestaltet sich der vermeintliche Kampf um die Demokratie in mittelalterlichen Reichen, wie z.B. dem Frankenreich, die gar keine Konzeption eines Staates hatten und sich selbst als große Hausgemeinschaft verstanden haben? Warum haben rebellierende Bauern keine demokratische Forderungen innerhalb spezifischer Aufstände gefordert? Wo ist in den theologischen Konzeptionen der Katharer eine demokratische Argumentation vorhanden - wenn überhaupt?

Das ist nur ein kleiner Ausschnitt eines gewaltigen Fragenkatalogs, der alleine durch seine Existenz die These eines tausendjährigen Kampfes für die Demokratie in Frage stellt.

Handelt es sich bei der BRD überhaupt um eine Demokratie? Wie sind die machtpolitischen Entscheidungen demokratischer Vorkämpfer in den Weltkriegen zu werten - warum ist z.B. Woodrow Wilson mit seinen "14-Punkten" auf der europäischen Bühne aufgetreten, obwohl dies dem Willen des Volkes widersprach? War es demokratisch legitim, dass Truman die aktive Beteiligung am Koreakrieg ermöglichte und damit die auf Entspannung ausgerichtete Politik Roosevelts ignorierte?

Wie genau definiert sich Freiheit in einem demokratischen Rahmen? Und wie lässt sich die Ordnung der BRD argumentativ wider ihre Kritiker verwenden?

Ich denke, damit sollte diese Frage beantwortet sein...
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Alt 08.02.2017, 20:24   #6
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von Larkin Beitrag anzeigen
Wofür?
Für die Bestätigung, dass der "Kampf" um unsere heutige Diktatur nicht vor 2000 Jahren begann. Sie beinhaltet Elemente aus dieser Zeit, aber gewachsen ist sie woanders. Und sie wurde uns "verordnet".

Gottseidank.
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Alt 09.02.2017, 00:02   #7
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Die sog. Attische Demokratie weist starke Differenzen zu einem Verfassungsstaat auf - das beginnt mit dem Ausschluss bestimmter Gesellschaftsteile und endet damit, dass es keine Gewaltenteilung gegeben hat. Zur gleichen Zeit war die Attische Demokratie weitaus direkter als es unser Parlamentarischer Staat je sein könnte - eine Rätedemokratie würde Athen weit näher kommen als unser Verfassungsstaat**. Natürlich kann die Attische Demokratie als Modell dienen, allerdings verweisen die Unterscheidungen z.B. des Paulskirchenparlaments oder der Weimarer Republik zu Athen darauf, dass es keine kongruente Geschichte der Demokratie gibt, wie es überhaupt keine kongruente Geschichte einer Idee geben kann.

Zudem habe ich die Existenz der Attischen Demokratie* nicht geleugnet - ich habe behauptet, dass es keinen zweitausendjährigen Kampf der Demokratie gegeben hat und das mit Beispielen untermauert - die als "Nebenkriegsschauplätze" deklassifizierten Argumente. Ich habe darauf verwiesen, dass die Denkweise in Nationen und Staaten überaus jung ist und dass demokratische Forderungen in bestimmten Epochen - dem Großteil der hier abgesteckten Zeitspanne - gar nicht existiert haben und nicht existieren konnten.

Wo ist das bitte "Mumpitz"? Ich bitte dich, mir eingehende Beispiele zu liefern, die Belegen, dass es stets einen "Kampf der Demokratie" in diesen zweitausend Jahren gegeben hat, einen - wohlgemerkt kongruenten - Kampf, mit expliziten demokratischen Forderungen usw. Da reicht, das sei angemerkt, auch der Verweis auf bestimmte Denker nicht aus, da diese sich selbst nie in einem langwierigen Krieg mit vermeintlichen Mächten der Dunkelheit befunden haben.

Zu guter Letzt: Ich schreibe so lange, wie ich das für nötig erachte - ich halte es, das schrieb ich bereits, als Höflichkeit, sich erstens Zeit für eine Diskussion zu nehmen und zweitens meine Argumente möglichst sachlich und genau darzulegen. Ich sehe es auch als - der von dir angepriesenen - Diskussionskultur anteilig, dass man entsprechend darauf reagiert. Die Kürze in einer so detaillierten Diskussion mit einem derartig weit gespannten Themengebiet ist kontraproduktiv - wer tatsächlich in einem Literaturforum zu lesefaul ist, der muss nicht mitlesen.

Ich nehme einmal an, dass deine persönlichen Ausfälle - mit diesen kann ich von dir immerhin inzwischen fast determiniert rechnen, wenn ich mich an einer Diskussion beteilige -, Ausdruck des, wie du es sagtest, "Erwachsen seins" sein sollen. Dass damit natürlich jede Sachlichkeit abfällt und ich leicht davon ausgehen kann, dass ich anfange, Sinn zu machen, muss nicht extra erwähnt werden.

Ich werde aber dies noch anmerken: Aus Erfahrung weiß ich, dass immer nur jene sehr persönlich zu werden pflegen, deren verbales Schießpulver unlängst verschossen worden ist - und ich kann mich wichtig machen, denn ich habe einen Kopf, den ich zu verwenden weiß.

Habe die Ehre!

*: Und wenn man sich die Auswüchse des Attischen Seebundes - nebst all den anderen Differenzen - besieht, dann hat die Attische Demokratie nicht alleine einen Kampf gegen das "Böse" geführt, wie du uns das hier verkaufen möchtest, sondern selbst, wie Perikles das auch zugab, einer Tyrannis gefrönt. Selbiges gilt auch für die heutigen "Demokratien"...

**: Ein "internationales Recht" auf demokratischen Prinzipien ruhend, gibt es ebenfalls in der Attischen Demokratie nicht - die Anfänge hier liegen bei Hugo Grotius und fallen damit in die Frühe Neuzeit, die unsere Epoche weit mehr prägte als Athen.
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Alt 09.02.2017, 09:39   #8
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Zitat:
Zitat von Larkin Beitrag anzeigen
Erstens: Die Existenz einer menschlichen Vernunft kann rational und dementsprechend auch argumentativ bezweifelt werden. In dieser Diskussion scheint mir der Begriff "Vernunft" v.a. eine praktische Konnotation zu besitzen, d.h. man fordert bestimmte Richtlinien, die sowohl Denken als auch Handeln (im polit. Sinne), in die "richtige (weil humanistische) Richtung" bewegen sollen - Vernunft ist also demnach eine Anleitung ethischer Politik.

Dass damit natürlich die Meinungsfreiheit quasi-ausgehebelt wird, muss nicht großartig betont werden; wenn man Meinungsfreiheit als Diversität politischer Gedanken begreift, dann kann man keine Richtlinie für das richtige staatsmännische Handeln aufstellen - einerseits will man, als Befürworter der Meinungsfreiheit, die sog. Gedankenfreiheit bewahren, andererseits betont man, dass gewisse Gedanken, Worte usw. verboten gehören - weil einer bestimmten, vermeintlich vernunftbetonten Linie nicht entsprechend. Warum ausgerechnet diese Linie und keine andere das politische Heil verspricht und umsetzen kann, ist damit im Übrigen in keiner Weise beantwortet.

In summa: Auch Meinungsfreiheit, Freiheit und Vernunftbetonung können zu einer politischen Ideologie verkommen, die gesamte Arbeit der Aufklärung kann ebenso einem Radikalismus anheimfallen wie andere politische Theorien. Dass man damit natürlich konterkariert, was man eigentlich auf seine Fahne geschrieben hat, ergibt sich daraus von selbst.
Stimmt, nur: sie (diejenigen, die so agieren), merken es ja nicht mal.

Kompliment für deinen Beitrag!
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Alt 09.02.2017, 11:37   #9
Thing
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Auch von mir Beifall für Larkins Ausführungen!
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Alt 09.02.2017, 14:34   #10
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Befehlen...

Wäre ich Imam, würde ich den Frauen und jungen Mädchen meiner Gemeinde dringendst dazu raten, sie um des lieben Friedens Willen abzunehmen, weil sie schlicht kontraproduktiv und prätentiös ausgrenzend sind. Aber auch - und beschämender Weise - zu ihrem Schutz vor Übergriffen und Beleidigungen. Ironischer Weise wurden sie genau zu diesem Zwecke verordnet anno dazumal, in einer im Grunde nicht existenten Gesellschaft, in der die sexuelle Belästigung von Frauen und schlimmere Übergriffe an der Tagesordnung waren. In einer aufgeklärt säkularisierten und zunehmend religionskritischen Gesellschaft bewirken sie das genaue Gegenteil. Schon allein auf dem Arbeitsmarkt. Da steht doch nichts und noch mal nichts dafür. Das längst seines Sinnes beraubte, ja widersinnig aberwitzig gewordene Kopftuch als Bestandteil freier Religionsausübung? Ist doch abstrus.
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Alt 09.02.2017, 14:55   #11
Thing
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Und ich plädiere für ein Burkaverbot in der BRD.
Ein Staat, der zu aller Sicherheit eine Ausweispflicht kennt, sollte die Burka unter das Vermummungsverbot stellen.
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Alt 09.02.2017, 17:21   #12
männlich Desperado
 
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Der Schleier ist absolut indiskutabel und als inakzeptable Form der Vermummung zu behandeln, der Körperkerker Burka Körperverletzung samt Freiheitsberaubung. Für die Mehrheit der Bevölkerung aber ist auch das Kopftuch ein rotes Tuch, weil sie es als Affront gegen die Gleichberechtigung empfinden, ein ärgerliches Relikt, das die Befreiung der Frau auf sichtbar gemachte Weise korrumpiert. Angesichts des katastrophalen Rollenbildes der Frau in der importierten Religion und ihrer überkommenen Tradition ist ihr Vorbehalt völlig berechtigt. Wozu also diese überflüssige "Konfrontation"? Wer andrerseits tatsächlich meint, seinen Glauben am Tragen einer unzweckmäßigen und vollkommen sinnlosen Kopfbedeckung festmachen zu müssen... naja, wie soll man's nennen? Armselig?
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Alt 10.02.2017, 00:52   #13
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Die ganzen Sachen wie Meinung usw. Muss ja irgendwann mal jemand verboten haben. Was war denn davor? Bevor es verboten wurde?
Wir kämpfen gegen Gesetze die nur aus Fantasie gemacht sind, auch witzig.

Der hat sich was neues ausgedacht, tötet ihn.
also muss ich nur alle töten die was gegen meine Idee haben und wenn ich gewinne ist sie wahr.

Bitte nicht für wirklich nehmen, nur surreal.

Außerdem bin ich dafür das Wort Religion zu verbieten. Christen Moslems Buddhisten usw. Sollten gleichgestellt sein mit Zeugen Jehovas, Scientology, Mormonen usw. Dann wäre es gerecht.
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Alt 10.02.2017, 02:16   #14
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Zitat:
Zitat von dr.Frankenstein Beitrag anzeigen
Christen Moslems Buddhisten usw. Sollten gleichgestellt sein mit Zeugen Jehovas, Scientology, Mormonen usw. Dann wäre es gerecht.
Meine Güte!

Alles in einen Topf, Deckel drauf, und schon ist die Gerechtigkeit hergestellt.

Der Buddhismus ist keine Religion, sondern eine Lehre, zur Weisheit zu gelangen. Buddha ist kein Gott, sondern ein Mensch, der diese höchste Weisheit erlangt hat. Deshalb gibt es nicht nur einen Buddha, sondern einige, die das gechafft haben. Prinzipiell kann jeder Mensch zum Buddha werden.

Scientology ist ein Wirtschaftsunternehmen, in das Abergläubige mehr investieren als in die drei großen Weltreligionen. Die Anhänger geben Geld, ihren Namen, ihre Seele und ihre Psyche. So sehen marketing-gesteuerte Gehirnwäsche, Sklaverei und Ausbeutung aus. Eine gewisse Ähnlichkeit zu den Drückerkolonnen von Finanzberatungsunternehmen ist alles andere als zufällig.

Sympathisch sind dagegen die Mormonen, eine Sekte, die ihre christliche Religion auf ein abstruses Märchen gründen. Im Gegensatz zu den Katholiken und Protestanten wirken sie erfreulich human, aufgeschlossen, hilfsbereit, harmonisch, ausgeglichen und was einem sonst noch an positiven Eigenschaften einfällt. Wäre da nicht der Verdacht, es ginge in dieser geschlossenen Gesellschaft pädophil zu ... ein Vorwurf, den sie mit den Amish teilen, auch eine geschlossene Gesellschaft mit eigenen Gesetzen.

Tja ...

Jetzt können wir wieder den Begriff "Toleranz" ausgraben, um das Thema weiterzuführen.

Von dem ich persönlich nichts halte. Ich bin für klare Linie. Wenn Menschen Unrecht getan wird und das mit Religion entschuldigt wird, geht bei mir der Ofen aus.
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Alt 10.02.2017, 02:40   #15
männlich Ex-Larkin
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Zitat:
Zitat von Ilka-Maria Beitrag anzeigen
Jetzt können wir wieder den Begriff "Toleranz" ausgraben, um das Thema weiterzuführen.
Ich bitte dich eindringlich, für den Begriff "Toleranz" ein eigenes Thema aufzumachen, da das mit "Demokratie" nicht mehr viel zu tun hat. So geht das doch nicht...Ich wäre auch dafür, alle Beiträge, die das Wort "Toleranz" enthalten, in diesen neuen Faden zu überführen...
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Alt 10.02.2017, 03:17   #16
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Geht doch gar nicht, Larkin. Ich kann doch kein Thema zu so einem abstrakten Begriff aufmachen, der nur in Gehirnen spukt, den es aber in der Realität gar nicht gibt.
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Alt 10.02.2017, 03:39   #17
männlich Ex-Larkin
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Zitat:
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Geht doch gar nicht, Larkin. Ich kann doch kein Thema zu so einem abstrakten Begriff aufmachen, der nur in Gehirnen spukt, den es aber in der Realität gar nicht gibt.
Das war ein Spaß - oder zumindest der Versuch eines solchen...

Um wenigstens etwas Ernsthaftes dazu beizutragen: Ich finde es immer wieder interessant, dass unter "Multi-Kulti" - ganz nebenbei gesagt: der schwachsinnigste Begriff seit langem - v.a. die konsequente Negation der eigenen Kultur verstanden wird, d.h. dass kulturelle Diversität ersetzt wird durch eine vollkommene Gleichschaltung sämtlicher Kultur - die Bewahrung der eigenen Kultur wird aus solcher Sicht immer gerne als "Sozialpatriotismus", "Nationalismus" usw. verdammt und die Forderung derselben ebenso ... dabei können "Toleranz" und "Multi-Kulti" tatsächlich nur existieren, wenn verschiedene Kulturen weiterhin Bestand haben.

Die sooft gepredigte Toleranz gilt, wie wir oft gesehen haben, eben nur für einen bestimmten Bereich und hebelt sich dann schließlich selbst aus - dass es Toleranz gibt, ist für mich hingegen weniger ein Hirngespinst.

Gute Nacht,
Konstantin
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