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Alt 09.08.2023, 19:29   #1
männlich Kurt
 
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Standard Kräuter für Kasimir.

Die Mannschaft war schon vor Sonnenaufgang zur befohlenen Zeit pünktlich angetreten. Der Hauptmann begann seine Ansprache: "'N Morgen Männer. Folgende Situation: wir kommen hier so nicht weiter. Die Mauern sind viel zu stark, wir müssen unsere Strategie ändern. Der Beschuss wird eingestellt, die Kanonen werden abgezogen. Befehl vom Fürstenhaus. Weitere Befehle folgen. Abtreten!"

Vor fünf Tagen hatte Methild, die junge Küchenhilfe, ganz früh am Morgen eine große Steinkugel im Gemüsebeet entdeckt. Sie war im Begriff Gewürzkräuter für die Küche einzusammeln, so wie es jeden Tag der Fall war. Nachdem sie die notwendigen Gewürze beisammen hatte, beeilte sie sich in die Küche zu kommen und die Kräuter dem Küchenmeister zu übergeben. Gleichzeitig erzählte sie ihm von der großen Steinkugel im Garten, was Kasimir, den Küchenchef nicht besonders zu überraschen schien: "Mädel, ich habe gehört, unsere lieben Nachbarn haben es auf uns abgesehen. Das war der erste Gruß. Sie werden jetzt die Mauern beschießen. Sie wollen die Burg haben. Uns!" Von allerlei Ahnungen getrieben eilte er zusammen mit ihr an die nahegelegene Burgmauer und sah hinab auf das angrenzende Feld, wo sie eine große Kanone erblickten."Da schau, die Schweine haben uns ins Visier genommen. Vielleicht bringen sie noch weitere Kanonen" sagte Meister Kasimir, wie er oft genannt wurde. Er fügte hinzu:" Aber die werden sich wundern, wir haben hier massive Mauern und wir werden uns so gut es geht zur Wehr setzen".
Allerdings waren die Feurwaffen auf der Burg nicht einsatzbereit. Der Burgherr hoffte deswegen in der Not auf einen wirkungsvollen Einsatz der geübten Armbrust-und Bogenschützen in seiner Burg.

Die Tage darauf wurde die Burg immer wieder beschossen, was aber für die Bewohner ohne gravierende Folgen blieb. An der Außenmauer verursachten die Geschosse wohl mehr oder weniger tiefe Löcher, konnten sie jedoch keineswegs zu Fall bringen. Die Angriffe erfolgten in der allerfrühesten Morgendämmerung; tagsüber war kaum jemand von den Kanonieren zu sehen, denn die wussten, dass sie von den Burgbewohnern sehr genau beobachtet und auch von den zahlreichen versierten Schützen der Burg permanent aufs Korn genommen und bei Gelegenheit auch beschossen wurden. Die Unruhe bei den Burgbewohnern wuchs. Bei manchen machte sich jedoch sogar Gleichgültigkeit breit, indem sie sagten: "Was wollen denn diese Stümper? Wollen die unsere Burg zum Einsturz bringen?" Alle atmeten jedoch auf, als die Kanonaden nach fünf Tagen aufhörten.

Drei Tage lang geschah dann nichts Außergewöhnliches mehr. Es war kein Kanonendonner mehr zu hören; es waren keine Kanonen mehr zu sehen. An einem frühen Morgen nach diesen drei ruhigen Tagen bemerkte die junge Methild bei ihrem morgendlichen Kräutersammeln im Burghof unweit der Mauer einen Toten. Der war von mittlerer Gestalt, mochte etwa fünfzig Jahre alt sein und war dunkel gekleidet. Sie eilte sofort wieder in die Küche, um dies ihrem Chef atemlos zu erzählen. Anschließend liefen beide zu der Stelle und sahen dann anschließend beim Blick über die Burgmauer eine große Katapult-Maschine. Dem Küchenmeister entfuhr daraufhin kurz ein dumpfes:"Diese Schweine!"
Die Nachricht von dem Toten sprach sich wie ein Lauffeuer herum und sorgte für große Unruhe in der ganzen Burg. Fast alle waren neugierig und wollten ihn sehen, so wie auch die meisten bei der am folgenden Tag stattfindenden Beerdigung zugegen waren.
Eine knappe Woche war daraufhin vergangen, als mehrere Burgbewohner krank wurden und sich nicht mehr aus ihren Betten erheben konnten. Der Arzt machte bei ihrer Untersuchung ein sehr ernstes Gesicht. Er schien den Dabeistehenden in brummigem Ton eine kurze Diagnose mitzuteilen, die jedoch von niemand verstanden wurde. In seinem Zimmer kam er dann, auch mithilfe des Studiums einiger Schriften, zu seiner sicheren endgültigen Diagnose: die Untersuchten waren an der Pest erkrankt.
Die Belagerer hatten eine Pest-Leiche in den Burghof katapultiert.
Der Feind hatte mit biologischer Kriegführung begonnen.
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Alt 10.08.2023, 07:41   #2
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Hallo Kurt,

die Idee zur Geschichte finde ich nicht schlecht, allerdings ist sie nicht optimal umgesetzt.

Alleine der Anfang ist irritierend, die Geschichte spielt ja nicht in der Gegenwart, in dem Fall sollte die Jahreszahl angegeben werden.

Und auch wenn man mittendrin ins Geschehen reinspringen kann in einer Geschichte, wie du es gemacht hast, wäre hier eine kleine Einleitung nicht verkehrt gewesen, in der auf den Schauplatz der Geschichte näher eingegangen wird.

Zitat:
.Die Mannschaft war schon vor Sonnenaufgang zur befohlenen Zeit pünktlich angetreten.
Der Satz ließ mich im ersten Moment an eine Mannschaft auf See denken.

(Und „befohlene Zeit" und „pünktlich" ist doppelt gemoppelt.)

Schöne Grüße
DieSilbermöwe
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Alt 10.08.2023, 10:00   #3
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Zitat:
Zitat von Kurt Beitrag anzeigen
Die Mannschaft war schon vor Sonnenaufgang zur befohlenen Zeit pünktlich angetreten. Der Hauptmann begann seine Ansprache: "'N Morgen Männer. Folgende Situation: wir kommen hier so nicht weiter. Die Mauern sind viel zu stark, wir müssen unsere Strategie ändern. Der Beschuss wird eingestellt, die Kanonen werden abgezogen. Befehl vom Fürstenhaus. Weitere Befehle folgen. Abtreten!"
Spräche etwas dagegen zu schreiben:

Die Soldaten waren wie befohlen vor Sonnenaufgang angetreten. Der Hauptmann schritt die Truppe ab, baute sich vor ihr auf und hob die Stimme: "Gegen die Mauern kommen unsere Kanonen nicht an. Befehl vom Heerführer, sich bis auf weiteres zurückzuziehen. Rühren!"

Ein Truppenführer, Feldwebel, Offizier oder was immer wird kaum einen Morgengruß an Fußsoldaten entrichten. Er wird auch keine Rechenschaft ablegen, ob die Strategie bislang richtig oder falsch war. Er wird auch keine Befehle vom Fürstenhaus bekommen und an die Soldaten weitergeben, sondern er bekommt sie von seinem direkten Vorgesetzten und dieser von seinem Vorgesetzten bis hin zum General. Das Fußvolk hat hingegen ohne Erklärungen zu gehorchen.

Das Fürstenhaus selbst hat von Kriegsführung keine Ahnung und verlässt sich auf erprobte Kräfte. Auch Elisabeth I. hätte die Spanier nicht geschlagen, wenn sie nicht die Fachleute gehabt hätte, ihr kleine, aber wendige Schiffe und Kanonen mit einer bis dahin ungeahnten Durchschlagskraft zu bauen.

In diesem Zusammenhang wert zu lesen: "Der Meister des siebten Siegels." In diesem Roman wird geschildert, wie im deutschsprachigen Raum - ich glaube mich zu erinnern, dass es in Österreich war -, eine neue Art von Kanone entwickelt wurde, deren Bauweise an die Engländer verraten wurde.
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Alt 10.08.2023, 16:20   #4
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@DieSilbermöve:

Der Anfang ist nur ein kurzes Moment, im Hinblick auf die Vergangenheit. Sowas kann m.M. eine Geschichte oder auch einen Film interessanter machen; der Focus liegt allein auf der eigentlichen, "Kern"-,Erzählung. In Filmen gibt es dafür zahlreiche Beispiele. Könnte man m.M. vielleicht auch als eine Art "Kunstgriff" bezeichnen.


@Ilka-Maria:

D'accord. Das hätte man präziser darstellen können. Übrigens wurmte mich von Anfang an, dass ich anstatt wegtreten, abtreten geschrieben habe.

Danke
LG.
K.
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Alt 10.08.2023, 17:27   #5
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Zitat:
. Sowas kann m.M. eine Geschichte oder auch einen Film interessanter machen; der Focus liegt allein auf der eigentlichen, "Kern"-,Erzählung. In Filmen gibt es dafür zahlreiche Beispiele. Könnte man m.M. vielleicht auch als eine Art "Kunstgriff" bezeichnen.
Das meinte ich gar nicht.

Der Fehler hier in der Geschichte war, weder die Zeit (Mittelalter?) noch den Schauplatz am Anfang in die Geschichte einfließen zu lassen.

Es hätte sogar genügt, oben über die Geschichte eine Jahreszahl und „Auf der Burg soundso" oder den Namen einer Stadt zu schreiben.

Entweder das oder du lässt es durch die Figuren klar machen, an welchem Schauplatz und zu welcher Zeit die Geschichte spielt.

Dass es auf einer Burg spielt und um eine Burg geht, wird erst mit diesem Satz klar, und der steht ziemlich weit vom Anfang entfernt:

Zitat:
. Sie werden jetzt die Mauern beschießen. Sie wollen die Burg haben.
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Alt 10.08.2023, 19:16   #6
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Ich gehe davon aus, dass es jedem(r) Leser(in) klar ist, dass die Geschichte im Mittelalter spielt.
Auf genaue Orts-oder Zeitangaben, Landschafts-, Personen- und andere Beschreibungen (oder gar Nationalitätsangaben) oder auch traute Unterhaltungen am Kamin habe ich in dieser Geschichte bewusst verzichtet, was eigentlich auch gar nicht so recht zum Thema gepasst hätte.
Klar, ich könnte so eine Geschichte mit allerlei Ausschmückungen ganz locker auf das Doppelte oder Dreifache aufblähen.
Aber es sollte eine Kurzgeschichte und deshalb ganz entspannt lesbar sein. Eine (Fast)-Novelle, wie hier schon geschrieben, wird nämlich möglicherweise gar nicht zu Ende gelesen. Liegt nicht manchmal in der Kürze die Würze?
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Alt 10.08.2023, 20:20   #7
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Zitat:
Zitat von Kurt Beitrag anzeigen
Ich gehe davon aus, dass es jedem(r) Leser(in) klar ist, dass die Geschichte im Mittelalter spielt.
...
Aber es sollte eine Kurzgeschichte und deshalb ganz entspannt lesbar sein. Eine (Fast)-Novelle, wie hier schon geschrieben, wird nämlich möglicherweise gar nicht zu Ende gelesen. Liegt nicht manchmal in der Kürze die Würze?
Deinen Argumenten kann ich nicht folgen, Kurt. Dass Silbermöwe bein Lesen deiner Geschichte Probleme bekam, kann ich gut verstehen. Das Voransetzen einer Jahreszeit hätte daran jedoch nichts geändert, denn das Szenario stimmt von vorn bis hinten nicht.

Im Mittelalter wurde nicht mit Kanonen geschossen, sondern mit Steinen, die von fahrbaren Katapulten geschleudert wurden. Einfacher Grund: Kanonen gab es noch nicht, sie wurden erst in der frühen Neuzeit, also im 16. und 17. Jh. entwickelt. Ansonsten waren für die Attacken aus der Ferne die Schützen zuständig, die mit Bogen und Armbrust umgehen konnten. Burgen wurden nicht beschossen, sondern unter Inkaufnahme zahlloser Opfer erklommen. Aber dazu musste man erst einmal bis an ihre Mauern kommen, um Leitern anlegen zu können. Denn um die Burgen war ein tödlicher Ring gelegt. Das waren Dolche, die man in mehreren Reihen in die Erde steckte und so tarnte, dass sie nicht gesehen werden konnten. Wer dort hineinstürmte, endete als Krüppel oder verblutete. Burgen einzunehmen war so gut wie unmöglich, denn meistens standen sie auf hohen Felsen, die schwer begehbar waren, schon gar nicht mit dem Gerät, das man zum Knacken einer Burg dort hätte hinaufbringen können. Ohne die Hilfe durch Verrat war man als Angreifer verratzt.

Die richtigen Bezeichnungen lauteten damals übrigens: Vasallen, Ritter, Gefolgsleute.

Und noch ein Wort zur Novelle:

Eine Novelle ist nicht durch ihre Länge oder Kürze definiert, und so etwas wie eine "Fast-Novelle" gibt es sowieso nicht. Eine Novelle ist dadurch definiert, dass sie etwas Ungeheuerliches, Unfassbares, Skandalöses und noch nie Dagewesenes schildert. Ob sie das auf 13, 30 oder 130 Seiten tut, ist irrrelevant. Deshalb wird z.B. Hemingways "Der alte Mann und das Meer" unterschiedlich eingeordnet: Manche Verlage nennen es Erzählung, andere Roman und andere Novelle. Es ist aber eindeutig eine Novelle.

Ein anderes Beispiel ist Kleists "Die Marquise von O." Eine junge Frau wird im Zustand einer Ohnmacht von einem Soldaten von Rang (Offizier? Ich weiß es nicht mehr genau.) sexuell missbraucht. Er schwängert sie, worauf sie von ihrer Familie vergestoßen wird. In ihrer Not tut sie für die damalige Zeit etwas Unfassbares: Sie ruft den Vater ihres Kindes öffentlich auf, sich zu seiner Tat zu bekennen. Anstatt sich zu verstecken, löst sie einen Skandal aus.

Das ist die Definition einer Novelle. Übrigens war Kleist in dieser Literaturgattung ein Meister.

Ich kann dich aber beruhigen: So fein unterscheiden wir nur in der deutschen Literatur. Bei den Angelsachsen fielen Novellen unter "short stories" oder, wenn es zu phantastisch wird, unter "tales". Der englische Begriff "novel" hat nichts mit der deutschen Novelle zu tun, sondern bedeutet lediglich "Roman".
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Alt 11.08.2023, 00:10   #8
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Nur als Beispiel:

https://de.wikipedia.org/wiki/Burg_N...uhaus_1412.jpg

(Wahrscheinlich nicht die einzige Burg, die im Mittelalter mit Kanonen beschossen wurde. Trotzdem würde ich Deinem Statement, was die Mehrzahl betrifft, zustimmen).
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Alt 11.08.2023, 03:58   #9
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Bei dem Bild handelt es sich um einen Vorgang, der bereits im ausgehenden Mittelalter (15. Jh.) stattfand, sozusagen an der Schwelle zur Neuzeit (siehe Erntwicklung des Buchdrucks durch Gutenberg ungefähr um 1450 herum). Bleibt die Frage, wann es gemalt wurde. Es gibt zwei Stellen, an denen der Betrachter ein Kanonenrohr vermuten könnte, klar erkennbar ist das jedoch nicht.

Tatsache ist, dass der Begriff "Kanone" erst im 16. Jh. geprägt wurde. Auch die Herleitung von "Gewehr" im Sinne von Handfeuerwaffe aus dem mittelalterlichen Wort "Wehr", das einen Schild, eine Brustwehr usw. bezeichnete, fand erst im 18. Jh. statt.

Burgbesatzungen wurden am besten unter Druck gesetzt, indem man sie belagerte und aushungerte. Allerdings bestand immer die Gefahr, dass die Belagerer durch herbeieilende Entlastungstruppen in die Klemme gerieten. Von den Hunnen wird berichtet, dass sie eine besonders perfide Strategie hatten, um Stadt- und Burgbevölkerungen zur Aufgabe zu zwingen: Sie führten in Beuteln tote Ratten mit sich, die Pesterreger trugen, und katapultierten sie über die Mauern. Ob das wahr ist, vermag allerdings niemand zu verbürgen.

Das alles ist ohnehin egal, wenn man die Zahlen sieht, wieviele Menschen durch große Kampfeinsatzgeräte im Gegensatz zu Handfeuerwaffen ums Leben kommen, da halten nämlich die Handfeuerwaffen die einsame Spitze.
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Alt 11.08.2023, 07:48   #10
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Zitat:
Zitat von Kurt Beitrag anzeigen
Ich gehe davon aus, dass es jedem(r) Leser(in) klar ist, dass die Geschichte im Mittelalter spielt.
Auf genaue Orts-oder Zeitangaben, Landschafts-, Personen- und andere Beschreibungen (oder gar Nationalitätsangaben) oder auch traute Unterhaltungen am Kamin habe ich in dieser Geschichte bewusst verzichtet, was eigentlich auch gar nicht so recht zum Thema gepasst hätte.
Klar, ich könnte so eine Geschichte mit allerlei Ausschmückungen ganz locker auf das Doppelte oder Dreifache aufblähen.
Aber es sollte eine Kurzgeschichte und deshalb ganz entspannt lesbar sein. Eine (Fast)-Novelle, wie hier schon geschrieben, wird nämlich möglicherweise gar nicht zu Ende gelesen. Liegt nicht manchmal in der Kürze die Würze?
Hallo Kurt,

Ilka hat ja schon einiges dazu geschrieben. Ich stimme ihr zu, möchte aber trotzdem anmerken, wie dein Kommentar auf mich gewirkt hat.

Ich interpretiere ihn so:
Der Leser soll selbst herausfinden, in welchem Jahr die Geschichte spielt (dass auf jedem Buchrücken bzw. manchmal auch auf den ersten Seiten eines (historischen) Romans, der z.B. im Mittelalter spielt, genaue Angaben zu Zeit, Ort und manchmal auch historischen Personen stehen, ist anscheinend irrelevant). Du hast bewusst darauf verzichtet. Soll der Leser doch selbst überlegen. Das Recherchieren überlasst ihm der Autor auch, ohne die geringste Hilfestellung.
Nur indem man solche Angaben in eine Geschichte einflicht, bringt man sie nicht auf das Doppelte oder Dreifache ihres Umfanges.
Also folgen kann ich deinen Argumenten auch nicht.

Bei einer Geschichte, die in der Gegenwart spielt, ist es möglich, auf nähere Angaben zu Ort und Zeit zu verzichten. Da findet sich der Leser zurecht, weil es ja auch seine Zeit ist. Bei einer historischen Geschichte ist das nicht so ohne Weiteres möglich.

Schöne Grüße
DieSilbermöwe
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Alt 11.08.2023, 09:42   #11
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Zitat:
Zitat von DieSilbermöwe Beitrag anzeigen
Der Leser soll selbst herausfinden, in welchem Jahr die Geschichte spielt ...
Silbermöwe liegt richtig, wenn sie dieses Argument nicht gelten lässt. Ein guter Autor flicht in seine Erzählung alles hinein, was ihr Atmosphäre gibt, dem Leser Orientierung bietet und möglichst alle seine Sinne bei der Lektüre weckt. Das gilt auch für kurze Geschichten und ist auch nicht davon abhängig, ob der Autor einen verschachtelten Stil wie Thomas pflegt oder sich lieber einer modernen, klaren Sprache bedient.

Ich will jetzt nicht weiter in die gleiche Kerbe hauen, denn Kurt zeigt, dass er verstanden hat, wo seine Geschichte Schwächen aufweist. Nur noch zur Ergänzung:

Ich hatte schon an anderer Stelle eines meiner Lieblingsbespiele präsentiert, wie man den Leser in die Zeit hineinziehen kann, in der eine Geschichte spielt und zwar "Unverhofftes Wiedersehen" von Peter Hebel. Ein Klassiker, oft im Schulunterricht bearbeitet. Hebel beginnt mit dem Satz: "In Falun in Schweden küsste vor guten fünfzig Jahren und mehr ein junger Bergmann seine junge, hübsche Braut ...". Aha? Der Leser fragt sich: "Wann genau war das?" Und siehe da: Im zweiten Absatz zählt Hebel geschickt die historischen Ereignisse auf, die in den fünfzig Jahren bis zur Niederschrift der Geschichte vergangen sind. Damit überbrückt Hebel ein halbes Jahrhundert, gibt dem Leser eine zeitliche Orientierung (u.a. Erdbeben in Lissabon, Hinrichtung des Arztes Struensee, Beginn der Französischen Revolution, Napoleon in Preußen), sondern hält auch die Einheit der Zeit zusammen, wie es sich für eine Kurzgeschichte gehört, denn er schweift nicht ausladend in die Vergangenheit ab.

Diese Vorgehensweise setzt natürlich beim Leser ein betimmtes Vorwissen voraus, und es ist davon auszugehen, dass Hebels Zeitgenossen mit den Ereignissen und Namen etwas anfangen konnten. Das können wir heute auch noch zum großen Teil - aber wer war Struensee? Da lohnt es sich, im Einzelfall mal nachzuschlagen. Oder sich den Film "Herrscher ohne Krone" mit O. W. Fischer (1957) anzuschauen, wahlweise den Roman "Der Besuch des Leibarztes" von P. O. Enquist zu lesen.

Hebels Geschichte findet ihr im Anhang.
Angehängte Dateien
Dateityp: pdf Unverhofftes_Wiedersehen_v._Peter_Hebel.pdf (187,5 KB, 2x aufgerufen)
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Alt 11.08.2023, 21:45   #12
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Falls in meiner nächsten Geschichte der Mann krummbeinig, die Frau pickelgesichtig und das Kind wasserköpfig ist, dann würde ich dies sowieso dem Leser verschweigen/ersparen.
Allein, Leser (oder auch Nichtleser) müssten, möglicherweise (nein sogar ziemlich sicher) auch in weniger schweren Fällen, damit leben, solcherlei Bruchteile nicht mitgeteilt zu bekommen. Ich erlaubte mir also sozusagen "business as usual".

Nachträge/nachgehakt:
Weiteres Beispiel: die Quitzow-Burg Plaue wurde am 26.2.1414 mit der Kanone "Faule Grete", die wegen ihrer Trägheit und Schwere so hieß, sturmreif geschossen.

Zum Schluss noch ein Zitat von Oscar Wilde
"Legt keinen Wert auf Einzelheiten. Sie sind die ordinären Seiten des Lebens".

FG.
K.
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Alt 11.08.2023, 22:38   #13
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Zitat:
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Nachträge/nachgehakt:
Weiteres Beispiel: die Quitzow-Burg Plaue wurde am 26.2.1414 mit der Kanone "Faule Grete", die wegen ihrer Trägheit und Schwere so hieß, sturmreif geschossen.
Was du immer mit deinen Beispielen aus dem 15. Jh. hast, als das Mittelalter bereits am Auslaufen war. Das Mittelalter begann im 8./9.Jh., hatte seinen Höhepunkt im 12. Jh. und ging mit dem Wirken des von mir bereits erwähnten Gutenberg (um 1400, Buchdruck um ca. 1450), der zunehmenden Gründungen von Universitäten, den technischen Erfindungen da Vincis und und schließlich mit der Entdeckung Amerikas (1492) seinem Ende zu. In diesem Jahrhundert begann die Entwicklung von Kanonen erst, und die ersten Exemplare waren noch aus so mangelhaften Materialien, dass die Rohre oft nach wenigen Schuss erledigt und die Kanonen unbrauchbar geworden waren. So viele, wie man gebraucht hätte, konnten zu Anfang nicht hergestellt werden, weil es kaum Leute gab, die darin Erfahrung hatten. Die Leute, die diese Arbeit machen konnten, wurden frühzeitig krank und einsatzuntauglich, weil die Materialien giftig waren und ihre Körper verseuchten.

Außerdem waren die frühen Kanonen alles andere als treffsicher. Die Burg Plaue wurde deshalb nicht gerade im Handumdrehen "niedergelegt", wie man damals sagte, sondern das dauerte viele Wochen. Man nannte diese "Wunderwaffen" auch noch nicht "Kanone", sondern "Donnerbüchsen".

Und was den Begriff "Einzelheiten" betrifft, ist dieser nicht maßgeblich für guten oder schlechten Stil oder für die Plausibilität einer Erzählung. Auch ein detailverliebter Text kann stilistisch schlecht erzählt und inhaltlich völlig absurd sein.

Kurz gesagt: Deine Argumente laufen an den Kritikpunkten, die Silbermöwe und ich vorgetragen haben, völlig vorbei.
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