Show, erheiternd.

[Kurt]

Ein Mensch hat einem Freund berichtet,
Was er vor kurzem hat gesehen:
"Ich sag's dir, was ich dort gesichtet,
Vor Lachen konnt' ich kaum mehr stehen.

Figuren waren's, dürr und grässlich
Und manche mit 'nem irren Blick.
Auch angemalt und das noch hässslich,
Liefen sie vor - und dann zurück.

So richtig gehen konnte keine,
Doch freudig kann ich es dir sagen:
So dünn sie waren auch, die Beine,
Es war kein Beinbruch zu beklagen".

"Sag' an mir den besuchten Ort!"
(Sein Kumpel wurd` daraus nicht schlau.)
Die Antwort kam darauf sofort:
"Ich war bei einer Modenschau."

[Candlebee]

Hallo Kurt,

was hab ich gerade gelacht und an eine dieser doofen Shows denken müssen, die derzeit im TV grassieren. Ich guck sie nicht, aber ab und zu flutscht mir die Werbung vor Augen. Kopfschüttel!!!

Die Zeilen lesen sich schnurstracks in schnellem Tempo. Welch Lesegenuss!
Eine kleine Anmerkung hab ich: In der dritten Strophe solltest du das Komma der dritten Zeile vor das "auch" setzten.

Grüße zu dir, Candlebee

[Cornelius]

Wieder mal ein echter Kurt. Davon könnte ich mehr vertragen...

Zum Komma in S3Z3, das Candlebee angesprochen hat: So, wie es steht, kann "dünn" sich nur auf Beine beziehen, das heißt, nur die Beine werden als dünn bezeichnet.

Rückt man das Komma vor "auch", dann ist die ganze Figur (einschließlich der Beine) dünn.

Grammatisch ist beides korrekt, nun müsste uns der Autor sagen, welche Lesart er vorzöge.

Gruß
Cornelius

P.S.: Hauptsache, die Beine reichen bis zum Boden...

[Ilka-Maria]

Zitat von Kurt

Figuren waren's, dürr und grässlich
Und manche mit 'nem irren Blick.
Auch angemalt und das noch hässslich,
Liefen sie vor - und dann zurück.

Obwohl ich zugebe, dass das Gedicht handwerklich gut ist und etwas mitzuteilen hat, muss ich doch mal wieder den Grinch machen: In der zitierten Strophe fällt Vers vier aus dem Rhythmus. Er ist ein Trochäus, alle anderen Verse sind Jamben.

Hätte als Stolperer gewollt sein können, wenn an dieser Stelle eine der Gracien aus dem Tritt gekommen und auf die geschminkte Omme gefallen wäre. Ist aber nicht der Fall. Was tun? Nicht so einfach, der Vers zeigt sich jeglicher Reparatur resistent.

Vom Urteil her ist das Gedicht ziemlich rabiat. Model zu sein ist ein knallharter Job, selbst mit der Figur und dem Gesicht einer Grace Kelly hätte ich ihn nicht ausüben wollen. Das gilt auch für die Schauspielerei. Als Film-Freak habe ich mich viel mit den diversen Schauspielschul-Theorien und der Arbeit am Set sowie mit den Biografien von Regisseuren befasst. Die Arbeit der darstellenden Künstler ist geprägt von Demütigungen, Selbstzweifeln, Kritik an der Arbeit, Ungeduld und Misslaunigkeit der Regisseure und dem ständigen Konkurrenzkampf unter den Kollegen um die wichtigeren Szenen und besseren Dialoge. In der Model-Szene wird es nicht anders zugehen. Wer - wie ich schon einmal selber gesehen habe - obendrein eine Stunde lang Sommerfummel bei Minus fünf Grad im Freien ablichten lassen muss, hat echt gelitten. Auch sollte man darauf gefasst sein, morgens um sechs Uhr in der Maske zu sitzen, um pünktlich zur Arbeitsaufnahme fertig zu sein.

Es ist leicht, Häme über diese Mädels und Jungs zu gießen, aber die hungern sich nicht halb zu Tode und lassen sich nicht ihr Gesicht übertünchen, um ein Idealbild an Schönheit zu verkörpern, sondern damit jeder noch so grausige Lappen an ihnen wie ein Ballkleid oder ein Edelmarkenanzug aussieht. Wer superschlank ist, kann sich einen Mehlsack überstülpen und einen Gürtel um ihn legen und wird toll darin aussehen, das ist die einfache Wahrheit. Oder hat schon mal jemand eine dicke Schaufensterpuppe gesehen? Oder eine Barbie-Puppe im XXL-Format?

Das einzig Pseudo-Positive am Beruf der Models ist die Tatsache, dass es einer der wenigen - vielleicht sogar der einzige ist -, in dem die Frauen mehr verdienen als die Männer. Das wiegt den Psycho-Terror in dieser Branche aber bei weitem nicht auf. Wieviele Mädchen und Jungen durch diesen Model- und Schönheitswahn inzwischen über die Influencer Szene im Internet negativ beeinflusst werden, ist mittlerweile ein großes und erstzunehmendes Thema. Wer redet da noch von Klum & Co. oder von Newton-Fotografien? Die Influencer, mit Foto Shop bereinigt, sind die Ideale von heute, und haben den "Schönen" von gestern längst den Rang abgelaufen.

[Kurt]

Also:
erstmal danke für's Lesen und Kommentieren!
Bezüglich des Kommas liegt Cornelius bei Verständnis und Erklärung genau richtig.
Das Urteil des Protagonisten ist wohl etwas rabiat, aber verständlich, da er zufällig in eine recht verrückte Modenschau geraten ist...
Dann muss ich persönlich noch etwas zugeben: Trochäus und Jamben sind mir bislang noch ziemliche Fremdwörter, was ich jedoch in absehbarer Zeit ändern möchte.
L.G.
K.

[DonErwin]

Hallo Kurt
Mir hat das Gedicht prima gefallen und das mit den Jumbos und Thrombosen musst Du nicht so ernst nehmen. Das ist was für Deutschlehrer. Einfach weiter dichten!

Bis dann
DonErwin