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Sonstiges und Experimentelles Andersartige, experimentelle Texte und sonstige Querschläger.

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Alt 06.10.2006, 12:56   #1
reztuneb
 
Dabei seit: 08/2006
Beiträge: 64

Standard blaue träume

(version zwei ist das jetzt. )

he. danke. hab den text noch mal durchgeguckt und beschlossen, dass du recht hast. werde also die geänderte version hierunter stellen, falls ich das darf. (nur eine geschichte pro thread, gilt das auch für verbesserungen?)



erster traum
in der küche sitzen. mein bruder ist da. es ist nacht. ein schrei, der keiner ist. die pterodaktylen sind entkommen.menschen rennen nach draußen, um sie zu erschießen. wieder einfangen ist unmöglich.
nehmen blauen jeep panzerglasgescheibt. wolfsaugen spiegeln mir rot.
ich bin zwei. fahren. die raketenwerfer am auto zielen auf die flugechsen. sie umkreisen uns. klein, kleiner, am kleinsten. bei mir trage ich eine stofftasche.
ich darf sie nicht verlieren. rote augen spiegeln blaue, braune augen. die flugechsen sind verschwunden. finger krallen tasche. es regnet. in der schwärze sehen die tropfen wie silberstücke aus.
ich habe keine angst mehr. panik, panik, nichts ist mein.
wir müssen meinen bruder holen. jetzt.
reißen auto herum, rasen straße entlang.
sie müsste leer sein um diese zeit. eine kolonne schwarzer wüstenfahrzeuge kommt uns panzerglasgescheibten entgegen. aus den fahrerkabinen leuchten rote augen. aus metallgesichtern starren sie.
ich weiß, dass wir schnell sein müssen.
reißen schrank auf. werfen sachen in koffer. packen bücher zusammen.
mein bruder, wo ist mein bruder? augen leuchten rot,so rot.
meine mutter, mein bruder, im auto. alles ist gepackt. wir fahren, wir fahren. wenn sie die bücher finden, bin ich tot.

aufgewacht. es ist dunkel. fußtot kalt. der becher auf der spüle ist grau. aufstehen.
wachmacherkälte, uferwasser, algendurchwuchert. dazwischen gelber steinsand. ein toter fisch liegt dort, klein und silbern. ich tauche auf. es ist früh und es wird ein sommertag werden.

zweiter traum

gestrüpp versperrt den weg. es ist nacht. balkonfest sicht abwärts. unten laufen sie, laufen sie. sie tragen uniformen und suchen mich. der kommandant ist einen kopf größer als der rest der kompanie. sind sie menschen?klein, kleiner, am kleinsten. blumenflugkapsel weg nach nirgendwo ins traumland. sie treten die tür ein. vier stockwerke zeit.
ich öffne das sichtfenster der kapsel und verlasse den balkon. sichere gitterstäbe. die kapsel fällt hinab. tragflächen öffnen sich kurz vor dem erdboden. hoch, höher, am höchsten. ihre roten augen starren mich an. sie tragen gewehre, die sie auf meine kapsel richten. der kommandant sendet lautlos einen befehl. heute werden sie mich nicht fangen.



stehen, sitzen, liegen.besuch. schmetterling, kohlflattrig weiß. blauer qualm himmelwärts. jemand kommt. doppelblauqualmsymbiose mit blaßgelben sonnenharlekin. ich muss zur vorlesung. es ist zu warm. algenwassergedanken.
antibürgerlich und konventionen aufbrechen. kunst und leben vereinen, die grenzen verwischen und das eine ins andere übergehen lasssen. tafelmalerei ist out. sexy, billig, konsumierbar. und jetzt alle avantgardistische kunstbewegungen sind antibürgerlich und brechen konventionen auf. sie wollen kunst und leben vereinen und das politische element in die kunst zurück führen. amen.
ich bin eine avantgardistische kunstbewegung und erbreche antibürgerliche konventionen. nach meiner vereinigung von kunst und leben gebäre ich neun monate später ein monster namens ökonomisierung aller teilbereiche des lebens. wenn wir auf dem spielplatz sind, rufe ich meine chimäre schatz. der geburtsname ist doch grotesk, da kriegen die anderen eltern doch angst.
jeder erfüllt die aufgabe, die ihm in den sekunden seines tages zufällt. wir tragen alle dazu bei, diese ordnung aufrecht zu erhalten. keiner schert aus. denn jedes abweichen ist teil des großen plans, jede abnormalität findet einen platz. alles bleibt einordnennenbar. ich möchte eine ontologische faust sein und sie dir ins gesicht schlagen. aber du hast es nicht verdient.
wutrötig scham.


dritter traum

waagrecht. die lampe ist aus. auch das teelicht. wenn licht gerade verschwunden ist, hat die dunkelheit etwas vollkommenes. langsam tauchen erste konturen wieder auf. der silberne strich meines arms. die reflexion auf der haut meines schienbeins.

senkrecht. der blaue vorhang vor dem fenster, ein schutzwall. versteckt vor der welt. fingerwasser kalt rotspiegelt iris. angst. daunenhimmel fällt zusammen und zerdrückt. bilderflut ertränkt.
warte auf mich.



es ist heiß. nasenbeinträne perlt schweißtropfig. jemand versucht mit mir zu sprechen. ich kann nicht antworten. meine worte gehören gar nicht mir.ich muss jedes einzelne teuer bezahlen . ich bin arm und nicht kreditwürdig. also muss ich still sein. ich bin zu früh und allein in dem raum. ich möchte hier nicht sein. algenwassergedanken und meermenschengesang.



vierter traum

ich stehe an einem see und sehe hinein. mein türkiser hautlappen. das wasser ist türkis. ich leuchte weiß aus dem wasser heraus. fremdkörper in diesem see. alles leben entsteht aus dem wasser. lüge. mein leben entstand in einer fabrik. das stampfen der maschinen. tauchen. tief hinab. ich brauche keine luft. bis zum grund. dort ist eine wand. es ist keine wand. es ist ein spiegel. blick hinein. maschinenkind starrt aus dem spiegel. zwischen den steinen am grund leuchten rote wolfsaugen. starrt menschenkind in den spiegel. kein fisch. nichts ist dort unten. nur die roten augen und der spiegel.
graues wasser. schwarzes wasser. steine und sand.


aufgewacht. kalt. es ist hell. öffne das fenster. die autos bringen menschen zur arbeit. produktionsgesellschaft. ich gehe auch produzieren. im büro den computer anschalten. teil sein von knotenweltnetz. satellitenbilder ansehen. ich sehe das haus, in dem ich wohne. mir ist schlecht.vierundzwanzig neue mails. eine für jede stunde des tages. ich lese sie nicht. nicht kommuniziern geht nicht. warum nicht? ich kommuniziere nicht. das telefon klingelt. hörer aufzupfen. eine stimme fragt mich dinge. ich weiß keine antwort. vielleicht weiß jemand anderes eine.
in der informationstötungsmaschine bettlägerige neuigkeiten. ich will sie nicht verstehen.
die wichtigsten begriffe marxistischer theorie. klasse und klassenbewusstsein. das große, das mittlere, das kleine. das mittlere kämpft gegen das große. das mittlere stürzt das große. es nimmt seine position ein. nichts wird besser. alles wiederholt sich. etwas häßliches machen. mir fällt nichts ein. joseph beuys und marcel duchamp und theophil gautier. und walter benjamin schreibt. alles hat seinen platz. jeder hat seinen platz. ich sitze noch immer auf dem stuhl. ich möchte aufstehen.


fünfter traum

grünes laub direkt über mir. krallenklaue greift baum. kein geräusch. ich bin ein falke. in der thermik ziehe ich kreise. auf luft gleiten. immer höher.
ich bin zwei. meine roten augen sehen nahrung. sturz auf der straße zum mittelpunkt. meine klauen schlagen löcher in die lebende masse. roter saft spritzt auf mein gefieder. ich hacke meinen schnabel in das warme fleisch. ich töte.


kunst. was ist kunst. die welt ist kompliziert. alles wird mehr. ewigkeiten werden sekunden. zeit kann man kaufen. jemand kauft drei stunde auf kredit. der zins ist sehr hoch. das weiß er noch nicht. ich sage nichts. die sonne scheint. schlafen. auf der wiese liegt menschenfleisch. rot, schwarz, blau, violett, gelb, weiß, grün, grau. ich will gehen. durch die glasfenster sehe ich nach draußen. ein kaputter sonnenschirm liegt da. wo bin ich.
ich bin ein klassenkampf. die künstler der antiästhetik sympathisieren mit den unterdrückten und ausgebeuteten klassen. und dann wieder mit der herrschenden ordnung. das ist kulturelle legitimierung. erst etwas leisten. dann beschweren. geh. geh und verkauf dich. erst musst du dich verkaufen. dann darfst du darüber weinen. sie legitimieren dich als psychisch krank. weil du kaputtgegangen bist. es ist ein paradox. das können sie gut. das können wir gut. ein paradox. viele paradoxa. paradogmen. paradogtika. paradogmatismus. kein geld. keine arbeit. keine arbeit. kein geld. du darfst nicht du selbst sein. du musst abhängig sein.
wenn du dann weinst. wenn du weinst. ich liebe dich. weil du weinst. das ist gesund. das weinen. es macht wütend. wenn du verkauft bist. vielleicht weinst du. dann sagen sie burn out. aber nicht warum. dass jemand schuld ist. dass wir schuld sind. niemand trägt schuld. es ist eben geschehen.


sechster traum

ich reite auf einem schwarzen pferd. weißes pferd. wir reiten sehr schnell. es ist stark, mein pferd. wir springen über hohe zäune. überall ist stacheldraht. doppelpaar augenrot. sie sind hinter uns her. ihre roten augen sind klein. sie verfolgen uns. wir sind im wald. es ist so dunkel. ich bin eine katze. fensterbankverliebt. ich schnurre. ich schlafe. zerreißt wehrigen katzenpelzkörper in die luft. meine silberscharfen krallen reißen bäche in metallarme. ich renne davon.


sprechwunschwille unerfüllt. worüber soll ich reden. ichwunschwille schlägt sprechwunschwille. denkwunschwille tritt sprechwunschwille.
ich bin müde. wir teilen uns ein bett, er und ich. ich habe ihm meinen körper geschenkt. vielleicht war es schön. ich weiß es nicht. er hat mir seinen körper geschenkt. jetzt schläft er. ich passe auf ihn auf. menschen sehen nicht lieb beim schlafen aus. sie sehen tot aus. ein schuss. ich habe angst. er wacht auf und sieht mich an. es ist der anfang der jagdsaison. ich habe angst. er schenkt mir seinen arm. simulier spiegelschlaf.
wir sind warm. wir warten. unsere körper drängen sich aneinander.ich bin nicht allein. ich habe keine schuld. warum bin ich unglücklich?

__________________
erst handeln - dann rennen
reztuneb ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 07.10.2006, 21:00   #2
reztuneb
 
Dabei seit: 08/2006
Beiträge: 64

... bitte um antwort, kritik & etc.wär lieb von euch.
reztuneb ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 09.10.2006, 23:50   #3
Ruth
 
Dabei seit: 08/2006
Beiträge: 201

...nicht weil du gebeten hast

also : mir gefällt sehr , was ist traum was ist die nichttraum passage , sie verwischen , dahinter steht für mich die frage : was ist konstruiert , was realität , was traum , was wirklichkeit

algenwasser ,

entweder man spricht eine sprache oder nicht , du sprichst meine sprache ,

tags arbeiten , nachts angstträume

ich würde gerne näher auf deinen text eingehen , aber ich bin grad sehr müde , sprachlich würde ich dir empfehlen die vielen ichs zu streichen ( nicht nur weil das so ein ekliges existenzwort ist), dann wirkt es mehr wie gedankenfetzen.

das ende ist sehr traurig , es beklemmt mich , ich befinde mich in einer ähnlichen situation
deine gedanken zur kunst : will nicht klugscheißern , habe heute von marcuse : versuch über die befreiung gelesen , da ist eine gute passage darüber (sehr gut)

ich hoffe man muss nicht immer flüchten , vielleicht bricht man aus , oder etwas herraus , oder auseinander , keine ahnung

gute nacht benutzer
Ruth ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 10.10.2006, 11:31   #4
reztuneb
 
Dabei seit: 08/2006
Beiträge: 64

s. oben nun
reztuneb ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 10.10.2006, 11:43   #5
Ruth
 
Dabei seit: 08/2006
Beiträge: 201

schön , gefällt mir viel besser

sonnenharlekin ist ein tolles wort
Ruth ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.10.2006, 09:40   #6
rattentod
gesperrt
 
Dabei seit: 04/2006
Beiträge: 487

so, nun bin ich endlich mal dazu gekommen es zu lesen. kommentierung bleibt da nicht erspart.

du hast viele sehr schöne worte benutzt die ich mir selbst kaum zutraun würde. das hat mich sehr gefreut. leider benutzt du andere (und auch solche) worte viel zu oft, dass sie gänzlich klang und wirkung verlieren. das hat mich fast ein wenig traurig gemacht. für den letzten traum muss ich mich bedanken. das war derart abstossend, dass es mich sehr inspiriert hat. menschliche wärme ist die pure abartigkeit.
rattentod ist offline   Mit Zitat antworten
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