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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt.

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Alt 04.07.2007, 14:53   #1
Syrinx
 
Dabei seit: 06/2007
Beiträge: 61

Standard Baumschlaf

Schläfer im Baum

Mein Leben gerät in einen Traum
Ich wache schlafend im Mammutbaum
Schaue vogelwärts in tiefstes Blau
Empor zumeist in Himmels Raum

Einsam ruhe ich vom Wald umrauscht
Immer tiefer zieht der Schlaf ins Grau
Wo Wach und Traum ist kaum vertauscht
Mein Ohr das Wachsen der Welt belauscht

Eine kalte Zeit zieht herauf
Im Laubfall tropfe ich zu Boden
Als Nahrung im Nährstoffkreislauf
Werde ich von der Wurzel aufgesogen

So will ich wachsen im Frühjahr:
Blau sind meine Lungen
Grün ist mein Haar
Die Metamophose ist gelungen
Ich bin wieder ein Baum-Hurra!

(Julia Butterfly Hill – Earth First gewidmet, s. Link unten, dort runterskrollen und Bild anklicken!)
www.oliver-droste.de
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Alt 04.07.2007, 16:14   #2
Thomas L.
 
Dabei seit: 06/2007
Beiträge: 11

@Syrinx: Man ertrinkt in diesen Bildern und möchte für immer vergehen. Doch das Ende gibt es ja gar nicht ...

Eigentlich schön zu wissen!
Thomas L. ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.07.2007, 18:22   #3
MorFeus
 
Dabei seit: 03/2007
Beiträge: 230

Nicht sehr gelungen.
Zum Äußeren:
Einmal ist das Metrum irgendwie sehr verkorkst:

Zitat:
-x--x--x-x-x
Mein Leben gerät in einen Traum
-x-x-x--x-x
Ich wache schlafend im Mammutbaum
x-x-x-x-x
Schaue vogelwärts in tiefstes Blau
-x-x-x-x
Empor zumeist in Himmels Raum

x-x-x-x-x
Einsam ruhe ich vom Wald umrauscht
x-x-x-x-x
Immer tiefer zieht der Schlaf ins Grau
-x-x-x-x
Wo Wach und Traum ist kaum vertauscht
-x-x--x-x
Mein Ohr das Wachsen der Welt belauscht

x-x-x--x
Eine kalte Zeit zieht herauf
-x-x-x-x-
Im Laubfall tropfe ich zu Boden
-x-x-x-x
Als Nahrung im Nährstoffkreislauf
x--x-x-x-x-
Werde ich von der Wurzel aufgesogen

x-x-x-x-
So will ich wachsen im Frühjahr:
-x--x-
Blau sind meine Lungen
-x-x
Grün ist mein Haar
-x--x-x-xx
Die Metamorphose ist gelungen
x-x-x--xx
Ich bin wieder ein Baum-Hurra!

Wie du vielleicht selbst erkennst, mischt du Jamben, Trochäen und Daktylen ziemlich wild umher, ebenso varriert die Silbenzahl in den Strophen unharmonisch. Es entsteht durch diese ungleichmäßige Hebigkeit ein sehr unschön zu lesendes Gesamtbild.

Das Reimschema ist ebenso wild wie das Metrum. Ich glaube Ich muss keine Aufzählung machen, oder?
Gerade unter diesen vielen Ungereimtheiten im Aufbau leidet das Gedicht am meisten.


Zum Inhalt noch ein paar Worte:

Die letzte Zeile in S1 ist vollkommen überflüssig und sinnlos, du wiederholst nur deine Aussage aus Z3. Außerdem: Wieso nur MEIST in Himmels Raum? Wo soll das lyr. Ich denn sonst hinsehen, wenn es vogelwärts in tiefstes Blau schaut?
Außerdem wirkt das Ende relativ lächerlich. Das "-Ich bin wieder ein Baum-Hurra!" lässt den gesamten Text auf einmal wie eine schlechte Satire aussehen, und passt so in keinster Weise dorthin.


Alles in allem kein gutes Gedicht

Gruß
MorFeus
MorFeus ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.07.2007, 20:33   #4
Thomas L.
 
Dabei seit: 06/2007
Beiträge: 11

@MorFeus: Mein Metrum habe ich längst entsorgt. Es bringt mich aus dem Takt. Das Herz des Lebens ist kein Gleichklang. Es zählt auch keine Jamben, Trochäen und Daktylen. Die Silbenzahl ist ihm egal ...

Du schreibst von einem Gesamtbild ... doch deine Sprache vermag kein einziges zu erzeugen. Wie das? Ach so ... du möchtest Lehrer werden. Na dann ...

Entschuldigung, wenn ich solche "Kritiken" lese, erinnere ich mich immer an die Schulzeit zurück. Blasse Theorie und Regeln, die mich in Ketten legen wollten. Da sage ich heute noch NEIN. Da waren die, die uns lehren wollten, wie man schreibt, wie man malt oder wie man komponiert und gefälligst Musik zu machen hat. NEIN!
In "Baumschlaf" eine ungleichmäßige Hebigkeit zu lesen ist sehr unschön, denn du übersiehst die Bilderfluten!

Nicht sehr gelungen, deine Kritik ...

In deiner Signatur lese ich:

"Die Ordnung ist der Feind der Kunst. Nur in der Unordnung gedeihen die
schöpferischen Kräfte."

Na also ...
Thomas L. ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.07.2007, 21:14   #5
MorFeus
 
Dabei seit: 03/2007
Beiträge: 230

Zitat:
Mein Metrum habe ich längst entsorgt
Das bedeutet, du hast genügend Sprachgefühl, um auch so ein klingendes Gedicht zu schreiben (das haben die meisten, es ist einfach leichter mit Metrum zu arbeiten) oder du schreibst schlecht.


Hast du dir mal überlegt, wie sich solche "Regeln" herausgebildet haben?
Das, was du hier abfällig als "Ketten" bezeichnest, ist nichts anderes als die normale Leseart, in die jeder der deutschen Sprache mächtige verfällt, wenn er ohne Hintergedanken "natürlich" intonisiert. Die Fachwörter die Ich benutze sind also nichts anderes als greifbar gemachte, immer existente Schatten.
Ich hätte natürlich auch schreiben können: "Dein Gedicht liest sich holprig." (Denn das tut es!) Aber Ich denke, jedem halbwegs vernünftigen Lyriker ist auf die Art, die Ich verwendet habe lieber.

Zitat:
Das Herz des Lebens ist kein Gleichklang. Es zählt auch keine Jamben, Trochäen und Daktylen. Die Silbenzahl ist ihm egal ...
Nein, sie ist es ihm nicht. Denn auch das herz erfreut sich an Wohlklang

Ansonsten ist noch zu sagen: Nur weil etwas schlecht und "anders" ist, ist es noch nicht speziell.
Das Gedicht hat von der Grammatik nämlich ein ähnliches Schema wie ein einfaches Kindergedicht (wobei, die sind meistens kürzer und besser...), nur die Wortwahl ist lyrischer - bis auf die letzte Zeile. Also nix neu, revolutionär und so...

Zitat:
In "Baumschlaf" eine ungleichmäßige Hebigkeit zu lesen ist sehr unschön, denn du übersiehst die Bilderfluten!
Das eine hat mit dem anderen überhaupt nichts zu tun...

Gruß
MorFeus
MorFeus ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.07.2007, 21:25   #6
Inline
 
Dabei seit: 07/2006
Beiträge: 626

Hallo Thomas,

jeder der das liest, wird sich zukünftig fragen, ob es sinnvoll ist, sich für eine Person bzw. deren Gedicht noch Zeit zu nehmen.

Bilder alleine machen kein Gedicht. Es besteht immer eine Art von Formverbundenheit. Daher ist auch sinnvoll die Metrik zu analysieren und zu optimieren (vor allem in einem Reimgedicht). Die Regeln sorgen nunmal für sprachliche Harmonie. Das unbedachte Wirr-warr ist leicht und herkömmlich. Das glänzende und bezaubernd Geordnete (auch im tieferen, gewollten Sinn) ist bemerkenswerter.

Hallo S.,

ich finde dieses Gedicht nicht schlecht. Die Stelle mit der Wurzel gefällt mir recht gut. Jedoch stimme ich Morpheus zu, dass das Metrum recht verhagelt rüber kommt. Natürlich kann man sagen, Gott hätte das genauso gewollt. Natürlich kann man sagen, das Gedicht geht noch besser.

Lieber Gruß Inline
Inline ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.07.2007, 22:04   #7
Werther
 
Dabei seit: 01/2007
Beiträge: 404

Syrinx, ich hätte da mal eine Bitte. Ich bezweifle zwar, dass du drauf eingehst, aber es wäre ein interessantes Experiment: schreibe dieses Gedicht noch einmal, diesmal aber in ungereimter Form. Behalte die Bilder, den roten Faden, die Metaphern und Motive bei, nur entferne jeglichen Reim.

Ich mutmaße, dort liegt der Kojote verscharrt, zumindest bei diesem Gedicht. Hättest du von Anfang an nämlich auf den Reim verzichtet, dann wäre da kein vermurkstes Metrum, kein vergewaltigter Syntax und kein zur Brachialität provozierendes "Hurra".

Ich denke, ich sollte es jetzt dabei belassen, denn was ich zu sagen hätte, steht hier größtenteils schon, und unter dem, was noch hinzuzufügen wäre, findet sich nichts löbliches. Wage das Experiment und wir sprechen uns zu diesem Thema wieder.

Gruß, Werther
Werther ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 05.07.2007, 10:14   #8
Thomas L.
 
Dabei seit: 06/2007
Beiträge: 11

Hallo Inline,

jeder der das liest, wird sich zukünftig fragen, ob es sinnvoll ist, Gedichte hier noch vorzustellen, wenn sie derart zerredet werden ... könnte man jetzt kontern.

Na gut ... vielleicht nicht jeder, aber ICH zumindest. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich schon in jungen Tagen einen schier unglaublichen Widerstand gegen alle Regeln entwickelt habe. Bis heute hat sich daran nichts geändert.

Deshalb wir das wohl auch alles völlig richtig sein, was ihr an theoretischen Erwägungen hier alles aufführt. Ich hingegen gehe andere Wege. Sowohl beim Schreiben als auch beim Lesen.

Das "unbedachte Wirr-warr" ist keinesfalls (immer) "leicht und herkömmlich".
Ich möchte mir dieses bewahren und nicht jedes Wort in einem Schema ersticken ...

Ich mein ja nur ... 8)
Thomas L. ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 05.07.2007, 14:48   #9
MorFeus
 
Dabei seit: 03/2007
Beiträge: 230

Zitat:
Ich hingegen gehe andere Wege. Sowohl beim Schreiben als auch beim Lesen.

Du schreibst in Sätzen. Denkst in elektronischen Impulsen. Lebst in Atemzügen. Wie jeder andere auch.
Nurr ein Narr verleugnet die Fesseln, deren er nicht habhaft werden kann...

Aber das wird zu abwegig. Back to topic

Gruß
MorFeus
MorFeus ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.07.2007, 20:49   #10
Syrinx
 
Dabei seit: 06/2007
Beiträge: 61

Standard Antwort

Danke, Du hast es erfasst! Sobald Kunst einem Regelwerk oder Mechanismus zu unterliegen hat, weil es der lesende Schöngeist braucht, um es zu sythematisieren, ist diese Kunst zum bloßen Produkt verkommen. Dagegen haben die Expressionisten und Dadaisten gekämpft. Obwohl sie auch einem Regelement unterlagen, jedoch dem selbst auferlegten, selbst bestimmten und z. T. anarchistischen! Das liebe ich und darin lass ich mir meine kreative Freiheit nicht beschneiden! Sprachliche Anarchie für die deutsche Lyrik!

Gruß,
Syrinx
Syrinx ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.07.2007, 20:58   #11
Werther
 
Dabei seit: 01/2007
Beiträge: 404

Hört hört. So sprach der große Freigeist und schrieb gereimt. Irgendwas geht da nicht zusammen...
Werther ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.07.2007, 21:10   #12
Syrinx
 
Dabei seit: 06/2007
Beiträge: 61

Standard Antwort Werther

No prob! Da hast Du's:

Nebelwort durchdrungen
taste ich mich fort
hebe den Vorhang der Dämmerung
und finde mich schlafend
im Mammutbaum
schaue vogelwärts
mein After hängt am Baum herunter
ich pubse Blau in Himmels Raum :-)

Einsam stinke ich vom Wald umrauscht
Immer tiefer fault mein Schlaf ins Grau
wo Wahnsinn und Realität sich küssen
doch schon wieder muss ich vom Baum her pissen!  :-)
Und lausche dem Rauschen des Wasserfalls.

Kalter Wind schlägt mir entgegen
dem Worteschenker, dem Bildgewaltigen!
Ich erbreche meine Buchstabensuppe
zu Boden in den Wurzelraum
Soll der Baum draus erwachsen werden

So will ich pubsen, brechen und urinieren
Mich mit meinem Lyrikdreck total verschmieren! 
Rastalocken sollen meine Haar krönen!
Ich bin ein Anarchist. Hurra!
Syrinx ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.07.2007, 21:25   #13
MorFeus
 
Dabei seit: 03/2007
Beiträge: 230

Du benutzt ja die gleichen Wörter wie andere auch. Ist das nicht zuviel Anpassung, großer Anarchist?
MorFeus ist offline   Mit Zitat antworten
Antwort

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