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Alt 19.04.2012, 18:30   #1
männlich Amerdi
 
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Standard Brüderstreit

Sparrow und Remus waren Brüder.
Remus war der Ältere und liebte es von Sparrow verprügelt zu werden, während Sparrow sich gerne von Remus die überwiegend karierten Holzfällerhemden bügeln ließ.
Eine Schwester hatten sie keine, doch dafür eine Mutter und einen Vater.
Zu ihrer Schande war Vater Bloch ein Nonjobmännchen und damit zu nichts tauglich, ausser sie mit seinem Tennisschläger zu verdreschen und er konnte noch Tennis spielen, aber nicht sehr gut zielen. Folglich bekam Remus die doppelte Dose auf die Nase. Vor Mutter Hedgar aber fürchtete sich Bloch, weil sie besser im Tennis war als er es je sein würde und deshalb rührte er sie nie an. Sie war kaum zugegen und schlief den Tag über. Nachts schlug sie Schmetterbälle in Wasserfälle und versuchte sie zu spalten. Ein wahnwitziges Vorhaben.
Auf gewisse Weise waren die Verhältnisse scheiße, doch das wagte niemand auszusprechen.
Eines morgens führten Remus und Sparrow, sie waren allein daheim, einen Streit zu zweit.
,,Sparrow, gib mir den Plüschneger!" donnerte Remus wutverrannt.
Natürlich entgegnete Sparrow nichts, er schwieg und spielte gelangweilt mit dem Plüschneger. Offenkundig ging es Sparrow nicht um die Zeit mit dem Spielzeug, dieses war nur Zeug zum Zweck. Und zu bezwecken war es Remus zu necken.
,,Ich sage es dir ein letztes eindrückliches Mal, Herr Sparrow, lass mir den Plüschneger in die Hände wachsen, oder der Tod soll dich holen, mit Pauken und Pistolen!".
Sparrow straffte Remus´ Nerven mit ziehendem Schweigen, wie die Saiten überspannter Geigen und die heraustretenden Töne waren seine Löhne.
Remus krächzte und kauzte und setzte, während Sparrow sich daran ergötzte, schließlich zu einer verbalitären Attacke an:,,Du... du bist ein Hut, ein habgieriger Hut!".
Sicher hatte es gesessen und Remus lehnte sich vermessen in ein Kissen zurück und wartete auf sein Glück.
Sofortig riss Sparrow seine Augen auf und würgte emphatisch, hatte sein leiblicher Bruder ihn wirklich dieses innigste Symbol der Schande geschimpft.
Er war entsetzt, endlich aber verriemten sich seine Züge und er fragte:
,,Hast du mich gerade wutverrannt einen Hut genannt?".
,,Gut erkannt." erwiderte Remus mit kühler Visage.
Sparrows Augen wurden zu Schlitzen und er zischte:,,Du bist antisozial, Herr Remus, ich werde dir niemals vergeben und deinen Plüschneger trage ich mit zu Grabe, wie die tausend Geheimnisse, die ich vor die habe. Dies eine Geheimnis aber, welches ich von dir weiß, werde ich, als dunkle Gabe an die Aussenwelt spenden."
,,Ich reiße es dir aus deinen blutigen Händen." Remus war augenblicklich klar, dass er seinen Bruder würde töten müssen, alles andere wäre Krötenküssen und eine Illusion wie der verwandelte Prinz. Sein Geheimnis war zu düster und sein Bruder würde es irgendwann preisgeben, also durfte er nichtmehr leben.
Es ist normal wenn Bruder und Bruder sich raufen, doch möchte man meinen, dies sei aus dem Ruder gelaufen.
Remus´ Muskeln spannten sich und er wollte gerade losstürmen und -stürzen, da hörten sie beide den Vater Bloch zur Tür eintreten, wie er fluchte und seinen Tennisschläger in den Regenschirmeimer stellte, dann zur Begrüßung bellte:,,Da! Essen fertig?!". Worauf er zum Tisch schnellte.
Remus und Sparrow wussten, dass sie warten mussten ihren Streit zu verendigen und sie schüttelten sich die Hände und flüsterten sich ins Ohr ,,Ich werde dich töten." ,,Unser nächstes Gefecht entscheidet, ob die Welt dein Geheimnis erfährt."
Darauf sahen sie sich ängstlich an, denn sie hatten vergessen das Essen zuzubereiten.
Bei dem Gedanken daran schlossen sie sich in die Arme und vergaßen ihren Streit zu zweit in einer Einheit. Es war erstaunlich. Der nächste Streit würde kommen und sie entweder in die Tiefe reißen, oder enger zusammenschweißen, oder sie würden nicht Brüder heißen.
Amerdi ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 21.04.2012, 12:59   #2
weiblich Isabelle Klauke
 
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Beiträge: 39


Hallo Amerdi!

Deine Geschichte bereitet mir Spaß, sie veranlasst zum mehrmals Lesen und schafft es jedesmal Neugierde zu beleben.
Ich mag den Charakter " Mutter Hedgar". Auch wenn sie nur kurz in der Geschichte aufblitzt, hat sie eine eindrückliche Präsenz,
sie scheint die Tennismeisterin der Familie zu sein.

Zeile 11:" Eines morgens führten Remus und Sparrow, sie waren allein daheim, einen Streit zu zweit."
Und Zeile 42: "Bei dem Gedanken daran schlossen sie sich in die Arme und vergaßen ihren Streit zu zweit in einer Einheit."

ergänzen sich super, das gefällt mir.

Schmetterbälle in Wasserfälle ist eine Beispiel für die tollen Wortspiele die du einbringst.

Man mag sich eine Familie vorstellen, die abseits jeder Zivilisation lebt, mit ihren ganz ulkigen Eigenheiten.
Eine starke Geschichte !


Liebe Grüße!
Isabelle Klauke ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 21.04.2012, 22:14   #3
männlich Amerdi
 
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Danke für deine Gedanken, Klauke, sie freuen mich!
Amerdi ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 21.04.2012, 22:24   #4
Thing
R.I.P.
 
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Beiträge: 34.998


Halli Hallo, Amerdi -

das ist ja ulkig!
Grillparzer auf "modern".
Nicht übel, aber in meinen Augen nicht ganz ausgereift.


LG
Thing
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.04.2012, 11:17   #5
männlich ScragWhitnex
 
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Beiträge: 16


Hallo Amerdi,

Interessante Charaktere hast du in deiner Geschichte geschaffen, die ich übrigens mehrmals gelesen habe, weil sie mir gefällt. Auch wegen den Wortspielen. Beispielsweise:

Zitat:
Nachts schlug sie Schmetterbälle in Wasserfälle und versuchte sie zu spalten.
oder:

Zitat:
Sparrow straffte Remus´ Nerven mit ziehendem Schweigen, wie die Saiten überspannter Geigen und die heraustretenden Töne waren seine Löhne.

Nur bei einem Satz habe ich ein Fragezeichen:

Zitat:
Folglich bekam Remus die doppelte Dose auf die Nase.
Muss es nicht "Dosis" heißen?
Ansonsten ein toller Text, den ich gerne gelesen habe.

LG Scrag
ScragWhitnex ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.04.2012, 12:54   #6
weiblich Carita
 
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Beiträge: 80


Was für eine Geschichte.... Ich hatte soviel Freude an der Sprache, die zur Zeichnung der Atmosphäre einer, zumindest emotional verwahrlosten, Familie beiträgt: Der Vater ein "Nonjobmännchen und zu nichts zu tauglich" ... Diese Wortschöpfungen ziehen sich durch, einige sind ja auch schon genannt worden... Mir gefiel auch: "Mit Pauken und Pistolen".
Der "Plüschneger" gibt der Geschichte etwas Surreales. Das Ende der Geschichte ist sprachlich und auch inhaltlich gelungen, es rundet das Bild der Familie ab.
Das war jetzt meine "Lesart" - bin immer noch sehr begeistert
Carita ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.04.2012, 19:07   #7
männlich Amerdi
 
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Dabei seit: 03/2012
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Beiträge: 206


Muss es nicht "Dosis" heißen?
Ansonsten ein toller Text, den ich gerne gelesen habe.

LG Scrag[/QUOTE]




Aber nein doch!




Gedankt sei euch allen, ihr Ritter und Ritterinnen.
Fabelhaft, dass euch meine Posaunenpoetik gefällt
Amerdi ist offline   Mit Zitat antworten
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