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Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken.

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Alt 21.02.2014, 10:25   #1
männlich Ex-DrKarg
Gast
 
Dabei seit: 01/2012
Alter: 76
Beiträge: 3.139

Standard Die Zange

Die Zange

©Hans Hartmut Karg
2014

Sie waren Brüder, Freunde, Schwestern
Im Schweinestall – und spielten gern.
Die Ferkelzeit, die war schon gestern,
Selten sahen sie ihren Herrn.

Denn in der Schweinemastanlage
Läuft alles automatisch ab.
Mit Licht wird da die Nacht zum Tage,
Die Fütterung besorgt ein Rad.

Und automatisiert bleibt Fleisch
In den bodenspaltigen Boxen:
Gelegentlich lautes Gekreisch,
Als gäbe es kämpfende Ochsen.

So rast das Schweineleben weiter,
Schmutzkotz in Automatikwelt.
Der Landmann wird zum Technikleiter,
Es dreht sich alles nur um Geld.

Gelegentlich kommt ein Transporter,
Bringt neue Ferkel in den Stall.
Die Welt hier kennt keinen Reporter,
Die Tür schließt sich mit lautem Knall.

Dann, wohl nach einem halben Jahr,
Werden die Freunde mitgenommen.
Sie wittern niemals die Gefahr,
Sonst wären sie ihr längst entkommen.

Im kachelweißen Raum stehn Männer,
Ganz weiß gewandet wie die Engel.
Die Schweine warten da nun länger,
Eines verzehrt noch einen Stängel.

Dann packt die Zange seinen Nacken,
Epilepsiert rast nun das Hirn,
Die Ketten können jetzt zupacken,
Der Schweiß tritt auf des Metzgers Stirn.

Nach einem tiefen, raschen Schnitt
Spritzt Blut aus diesem schönen Schwein.
Der Körper zappelt, will das nit –
Doch bleibt im Sterben er allein.

Warum müssen wir Schweine essen,
Die klugen, edlen Glücksgeschöpfe?
Warum müssen wir uns vergessen,
Nur weil wir wollen volle Töpfe?

Gar manches Tier wird nur getötet –
Und dann entsorgt im Schweineberg.
Doch keine Scham die Wangen rötet:
Ist das denn nichts als Teufelswerk?
*
Ex-DrKarg ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 21.02.2014, 12:29   #2
männlich curd belesos
 
Benutzerbild von curd belesos
 
Dabei seit: 04/2013
Ort: Lübeck
Alter: 78
Beiträge: 1.302

Standard moin moin

....der Gedanke, der deinem Gedicht zu Grunde liegt, ist es unbedingt wert, in Verse gefasst zu werden.

Auch wenn Inversionen und Holperstrecken vorhanden sind, ist es gut. Die letzten Feinheiten, wirst du bestimmt gekonnt einbauen.

ich habe diese Verse gerne gelesen. Curd Belesos
curd belesos ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 21.02.2014, 16:52   #3
weiblich Schreibfan
 
Benutzerbild von Schreibfan
 
Dabei seit: 02/2014
Ort: bei Stuttgart
Alter: 40
Beiträge: 976

Hi!

Ich finde das persönlich eins ihrer stärksten Gedichte - das etwas "holprige" passt in dem Fall meiner Meinung nach gut zum Inhalt. Ich fühlte mich an Reinhardt Meys "die Würde des Schweins" erinnert.
Ist gut gelungen.

Liebe Grüße,
Schreibfan
Schreibfan ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 21.02.2014, 16:56   #4
Thing
R.I.P.
 
Benutzerbild von Thing
 
Dabei seit: 05/2010
Beiträge: 34.998

Wenn es noch Teufelswerk wäre -
nein - es ist Menschenwerk.
Aber das kann auch gleichbedeutend sein.


Schon lange ausgefleischten
Vegetarier-
Gruß
von
Thing
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.02.2014, 10:24   #5
männlich Ex-DrKarg
Gast
 
Dabei seit: 01/2012
Alter: 76
Beiträge: 3.139

Standard Re: Die Zange

Liebe Dichterfreunde,
nicht umsonst hat man die Schlachtungsvorgänge so "versteckt", dass sie dem Normalbürger visuell und akustisch entzogen sind. Es fragt auch niemand danach, was aus den Blutmengen, den Urinmengen, den Kotmengen der Schlachttiere wird.....
Wie kann man dann bei einem Tier, das uns so nahesteht, noch von einem "Mitgeschöpf" reden, wenn man es nur füttert, um es anschließend zu keulen und aufzufressen - oder zu entsorgen?
Ich danke Euch für Eure guten Kommentare!
Herzliche Grüße H. H. Karg
Ex-DrKarg ist offline   Mit Zitat antworten
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