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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt.

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Alt 19.11.2014, 21:04   #1
männlich AndereDimension
 
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Standard der flammengarten im inneren spiegel eines greisen

der flammengarten im inneren spiegel eines greisen

über steile kehren
nesteln seine rissigen hände kristalle aus tieferen hautschichten
in die äußeren winkel sinnhafter verwobenheit

dann lässt er sie liegen
mit all ihren fehlgegangenen hoffnungen
und hässlichen narben

einst als kavalier geschätzt
hilft er nur noch der nacht in den mantel
und dem feind ins grab


auch morgen
in moussierender stille
und im mahlstrom von ewig und gestern
wird er das kind im inneren spiegel hassen
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Alt 19.11.2014, 22:33   #2
männlich urluberlu
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hallo andere dimension

bist du dir auch sicher, dass du so grossartig-einzigartige wortkunst wie "moussierende stille" oder "die äußeren winkel sinnhafter verwobenheit" einem letztlich banalen gedicht zu füßen legen willst?

und im titel: eines greisen was? müsste ich da "mensch" oder "kavalier" ergänzen?

aber danke für die perlen, die du aus dem wortmeer gefischt hast.

urluberlu
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Alt 20.11.2014, 09:40   #3
männlich AndereDimension
 
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Beiträge: 3.325

hallo urluberlu,

mit dem verschwenden hast du wohl recht, aber vielen dank für deine ansonsten positive rückmeldung!

gruß, a.d.
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Alt 20.11.2014, 13:43   #4
weiblich ANOUK
 
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Ort: Kreis Kleve am Niederrhein
Beiträge: 462

@ url
Warum banal? Hier geht es doch um eines der stärksten Gefühle, mit denen sich letztlich jeder von uns eines Tages auseinandersetzen muss. Diese Ohnmacht, alt zu sein, dem Ende entgegen zu gehen, obschon unser Herz nichts vom Alter weiß. War er nicht stets Stoff großer Tragödien, der "Alte", der "Greis", der sich von Frauen, vom Erfolg, vom Leben schlechthin in die Ecke gestellt gefühlt hat, obschon er innerlich noch die gleiche Leidenschaft und das gleiche innere Feuer (selbstverständlich gepaart mit der "Weitsicht des Alters") verspürt hat, wie die Jungen?
Herz-Schmerz ist banal. Das hier finde ich tiefgründig. Ich empfinde die Wortschöpfungen nicht als "verschwendet" an dieses Gedicht, sondern sie verleihen der Allgemeingültigkeit des Themas ( wie gesagt, es wird JEDEN von uns treffen - das macht es aber nicht "banal" im Sinne von "flach") eine besondere und individuelle Note.

lG,
Anouk
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Alt 20.11.2014, 15:15   #5
weiblich Zaubersee
 
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Ort: Das Meer ist mein Garten aus Kristallen und Träumen ...
Alter: 66
Beiträge: 2.583

Hallo Andere Dimension,

eine wunderbare Gegenüberstellung, der "flammenden" Jugendlichkeit ( aus dem Titel herauszulesen) und des natürlichen Alterungsprozesses; es ist in der Tat ein sich zu erarbeitender Status, alt zu sein und mit sich im Reinen. Hier scheint der körperliche Prozess nicht mit dem inneren Erleben übereinzustimmen. Das Kind im inneren Spiegel wird solange leiden, bis sich die Entwicklungen angeglichen haben.Solange es so schmerzt, wird das Kind gehasst… aus Selbstschutz …. so verstehe ich Deinen Text.

Ich finde es ist ein gelungener Text, mit ungewöhnlicher aber gut nachzuvollziehender Wortwahl.

Alles Liebe
Zaubersee
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Alt 20.11.2014, 17:06   #6
weiblich anna amalia
 
Dabei seit: 01/2014
Beiträge: 3.534

Lieber A.D.,

Ich habe das Gedicht ganz anders gelesen.Ein verbitterter älterer Mensch erscheint vor meinem inneren Auge, der auch im Altee noch unversöhnlich mit seinem inneren Kind ist.

Das Wort moussierend empfand ich in dem Zusammenhang irgendwie zu sinnlich, ansonsten ist dies ein tiefes Gedicht.


Alles liebe

Anna
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Alt 20.11.2014, 18:16   #7
weiblich simbaladung
 
Dabei seit: 07/2012
Alter: 67
Beiträge: 3.073

Hallo, A.D.,

große Wortkunst wieder von dir.
Nein, banal finde ich den Zustand des LIs auch nicht, vielmehr bedauernswert. Er steckt jetzt im Alter in seinem Flammenmeer, seiner Hölle, hatte wohl früher durchaus Erfolge, letztlich hat er aber alles verloren (vielleicht z.T. auch durch eigene Fehler? und ist jetzt verbittert, wird sich wohl nicht mehr versöhnen können. So verstehe ich den Text.
Die moussierende Stille wird wohl eher von außen an ihn herangetragen, ihn selbst kann wohl nichts mehr "weich" machen, solang er selbst den Schalter nicht umlegt, bevor es zu spät ist.

mein Lieblingsvers: hilft er nur noch der Nacht in den Mantel
Vers 3 finde ich persönlich ein bisschen überdimensioniert

lg, simbaladung
simbaladung ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 20.11.2014, 20:13   #8
weiblich shoshin
gesperrt
 
Dabei seit: 02/2014
Beiträge: 1.073

Lieber AnDi,
Die Hölle, das sind wir selbst!
Großartiges Gedicht!
Lieben Gruß
shoshin
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Alt 21.11.2014, 00:17   #9
männlich urluberlu
R.I.P.
 
Benutzerbild von urluberlu
 
Dabei seit: 07/2014
Alter: 73
Beiträge: 2.273

@ anouk

über steile kehren - nestelnde hände bewegen sich wie fahrzeuge auf steilen kehren? stellen wir uns dieses bild einmal vor. und wie auf steiler bergstrecke eng kurvenden hände in den hautschichten nach kristallen nesteln. ein theatralischer geistheiler-scharlatan auf den philippinen ist das ergebnis. gut und schön. kann man als bild gelten lassen. aber passt es auch nur entfernt ins thema?

dann lässt er sie liegen - syntaktisch sind mit „sie“ primär die kristalle gemeint. kristalle haben also hoffnungen und narben. uff... muss man das gelten lassen? wofür stehen denn kristalle hier?

einst als kavalier geschätzt - da kriegt der protagonist plötzlich kontur, und zwar recht konkret. passt das noch in das symbolistische bild der kristalle?

er hilft der nacht in den mantel und dem feind ins grab - wieder ein stark symbolistisches bild neben einem konkreten. was soll die gegenüberstellung von kavalier und feindbegraber? wie mancher, der feinde ins grab gebracht hat, war nicht gleichzeitig auch ein vollendeter kavalier? sofern kavalier gleichzusetzen ist mit einem, der jemand anderem in den mantel hilft, wie wir hier erfahren.

innerlich in den spiegel schauen - kann man fast nur auf eine art verstehen: selbstbetrachtung. der geistheiler in seiner surrealistischen shownummer betreibt etwas, was wir alle tun: er betrachtet sein ich. er merkt, dass sein kind-ich quer zu seinem erwachsenen-ich steht, in welchem er über leichen geht. stört ihn das? mehr als das!. es bringt ihn dazu, dieses kind-ich zu hassen! so zumindest prophezeit es „big brother“, welcher „ihn“ in szene setzt.

vielleicht hast du gemerkt, welche stilmittel ich als eher "banal" empfinde.

wenn ich das ganze „banal“ nenne, dann erstens, weil es für einen grossen teil der menschen eine mehr oder weniger normale entwicklung ist, wenn man das „hassen“ vielleicht auch als „unterdrücken“ lesen darf. und zweitens, weil der grossteil der erzählung sich eines ausufernden symbolismus bedient, in welchem eine entwicklung und ein konflikt, die ich zwar erst gerade „banal“ genannt habe, die aber durchaus komplex sind, so verkürzt und schlagzeilenartig präsentiert werden wie in einer „bild“-story. und drittens, weil einzelne symbole (wie zum beispiel der innere spiegel oder der feind im grab) ziemlich abgegriffen sind.

während meinem letzten satz merke ich aber, wie sehr ich andrerseits die originelle mantel-metapher schätze!

und beim lesen eines der anderen kommentare musste ich mir an die nase greifen und überlegen, was ich eigentlich unter „moussierender stille“ verstehe und was es hier bedeutet. ich habe die antwort noch nicht gefunden. vielleicht mag ich symbole, die ich nicht verstehe? siegt da das erwachsenen- über das kind-ich?

wer solche symbolik mag und sie in solcher dichte mag (und sich auch nicht an etwas abgegriffeneren bildern stört), muss dieses gedicht fast mögen. mir erscheint sie irgendwie aufdringlich. ich mag von andere dimension eher die feineren, sachteren dinge.

danke fürs nachhaken und
schönen abend
urluberlu
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