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Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken.

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Alt 20.03.2015, 13:46   #1
männlich Twiddyfix
 
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Ort: kleines Nest in Bayern
Beiträge: 2.797

Standard Namenlos

Das letzte Glück, es geht einmal verloren,
zieht mit den Wolken um die weite Welt,
hält sich nicht ewig wie wir einst geschworen,
egal ob Sonnenschein oder ob Regen fällt.

Was bleibt zurück, sind es nur süße Träume,
sind es die Tränen die du alleine weinst,
ist es der Schmerz, so schwer wie alte Bäume,
sind's die Gedanken an das Schöne, ferne Einst?

Erst hoch im Alter, erkennst du all das Schöne
was man verlor und schon vergessen hat,
man spürt sie nicht, die kalte, nasse Träne,
aus deinen Augen tropft sie hier auf dieses Blatt.

Einsamkeit ist jetzt dein täglicher Begleiter,
ohne Zeit und Raum, sie grinst dich an,
der -Schwarze Schatten- ist dein Wegbereiter,
er hat die Zeit, bis er dich holen kann.

Fällt dann der feuchte Sand auf dein Gebein,
ist das vergessen, was man Zukunft nennt,
geboren für die Zukunft, doch jetzt bist du allein
und niemand gibt es mehr, der deinen Namen kennt.

Geändert von Twiddyfix (20.03.2015 um 15:14 Uhr)
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Alt 20.03.2015, 17:26   #2
männlich Ex-Lichtsohn
abgemeldet
 
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Beiträge: 1.493

Zitat:
Zitat von Twiddyfix Beitrag anzeigen

Das letzte Glück, es geht einmal verloren,
zieht mit den Wolken um die weite Welt,
hält sich nicht ewig wie wir einst geschworen,
egal ob Sonnenschein oder ob Regen fällt.
Das klagende lyrische Ich hat hier ein DU gefunden und wenn ich es inhaltlich auch klagen höre, so freue ich mich für den Schwur, weil er so frisch so jugendlich geblieben ist in dieser Strophe. Sehr schön wird hier der Wechsel zwischen Sonne und Regen in den Kontext mit Wolken gebettet und die Welt als das Häuslein der (wenngleich vergangenen) Liebe gespiegelt und dennoch schmiegt sich das Scheidende, "letzte" "endgültige" zusammen mit dem angesprochenen "Verlust" liebevoll in ein Bild schöner, reicher, sättigender Erinnerung (Vergangenheit - um hier schon die Verknüpfung zur letzten Strophe zu spannen)


Zitat:
Zitat von Twiddyfix Beitrag anzeigen

Was bleibt zurück, sind es nur süße Träume,
sind es die Tränen die du alleine weinst,
ist es der Schmerz, so schwer wie alte Bäume,
sind's die Gedanken an das Schöne, ferne Einst?
Das lyrische Ich ohne ein DU, fragend, immer noch leise klagend, Träume Tränen, Alleinsein, Schmerz und dennoch der liebevolle Vergleich mit dem Gewicht der Bäume, der Erkenntnis einer Verwurzelung im Leben und im Lebenskreislauf, zu dem das Sterben unweigerlich gehört, das Sinnbild lebt für mich erst richtig durch diese Verbandelung mit dem Wesen der Natur und ihrer seltsam biologischen Memory auf sorry für die "schräge Sichtweise"

Zitat:
Zitat von Twiddyfix Beitrag anzeigen

Erst hoch im Alter, erkennst du all das Schöne
was man verlor und schon vergessen hat,
man spürt sie nicht, die kalte, nasse Träne,
aus deinen Augen tropft sie hier auf dieses Blatt.
Nun werden wir belehrt und das lyrische spricht uns wie ein Mentor an und er erzählt uns was uns erwartet, was wir verlieren können, vergessen können, nicht spüren könnten und dennoch verdeutlicht er uns liebevoll genau dadurch wie wichtig es ist das Schöne zu genießen, solange man kann, sich die kalten Tränen bewusst zu machen, weil sie eine wichtige Zutat im Lebenstrank sind, den wir alle konsumieren müssen.
Und wieder wundervoll gelungen der gespannte Bogen hin zur Natur (Blatt), zu dem was wir lieben sollten, weil es uns so ähnlich ist

Zitat:
Zitat von Twiddyfix Beitrag anzeigen

Einsamkeit ist jetzt dein täglicher Begleiter,
ohne Zeit und Raum, sie grinst dich an,
der -Schwarze Schatten- ist dein Wegbereiter,
er hat die Zeit, bis er dich holen kann.
Das Bild wird ein bisserl düsterer, fast so als ob Schatten auf das Grab vor uns fällt, das uns längst schon erwartet, auf das wir uns seit Anbeginn der ersten Strophe (und im übrigen auch seit Anbeginn unseres eigenen Lebens schon) zubewegt haben ... auch den angesprochenen "Schwarzen Schatten erkenne ich als ein Werkzeug der Natur, somit spannt mein gedanklicher Bogen auch in dieser Strophe zurück wie in den vorhergegangenen.

Zitat:
Zitat von Twiddyfix Beitrag anzeigen

Fällt dann der feuchte Sand auf dein Gebein,
ist das vergessen, was man Zukunft nennt,
geboren für die Zukunft, doch jetzt bist du allein
und niemand gibt es mehr, der deinen Namen kennt.
In mein "vor dem Grab stehen-Bild" fügt sich nun das Wörtlein "fallen" mit einem gesunden Wortwitz ein, aber es fällt nur der Sand und eigentlich ist das lyrische DU schon begraben und aus seiner "vergessenden Sicht" werte ich auch den nachfolgenden Trugschluss: es ist vergessen was man Zukunft nennt, aber: "geboren für die Zukunft - doch jetzt bist du allein" und "niemand gibt es mehr, der deinen Namen kennt" - naja: Grabsteine verewigen zumeist den Namen der "Insassen", aber es gibt natürlich anonyme Gräber und ich will die künstlerische Freiheit nicht in ein enges Kleid pressen, das ist weder fair noch angebracht.

Fazit:
Das hat für mich alles, was ich mir von Lyrik wünsche, Gefühl, Schmerz, Bilder, nachvollziehbares Leiden, Tragik, Natur

bin rundrum glücklich mit diesem Textblättlein und wie man unschwer erkennen kann hat der Text mich zu fantastischen Gedanken (manchmal auch wahnwitzigen Irrwegen - unbestritten) inspiriert

Mit großer Freude gelesen und genossen

Alles Liebe
Lichtsohn
Ex-Lichtsohn ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 20.03.2015, 17:52   #3
männlich Twiddyfix
 
Benutzerbild von Twiddyfix
 
Dabei seit: 02/2012
Ort: kleines Nest in Bayern
Beiträge: 2.797

How, mein lieber Lyrikfreund,
natürlich freut es mich zu lesen. dass Du Dir große Mühe gegeben hast um alles, nach Deinem Gefühl zu erörten, dafür danke ich Dir und natürlich freut es mich auch, dass Dir mein Werk gut gefallen hat.
Dafür sage ich herzlichst...Danke.

Es geschieht nicht oft, solch einen ausführlichen Kommentar zu erhalten, Du hast Deine ganzen Empfindungen hineingelegt und damit gezeigt...Du warst sehr interessiert.

Ich danke Dir nochmals und wünsche Dir
ein schönes Wochenende

LG von mir...Twiddyy...
Twiddyfix ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 20.03.2015, 18:39   #4
weiblich Merith
R.I.P.
 
Dabei seit: 10/2013
Ort: Im Isental
Alter: 83
Beiträge: 3.380

Lieber Twiddy,

dein Gedicht kann ich gut begreifen, nachvollziehen, weiter denken, nicht nur wegen meines Alters.

Ich will als Kommentar ein paar tröstliche Worte schreiben, die ich in meinem Gedicht "Seelen-Tage" eingebracht habe.

Ich hab des Fremden
Grab geschmückt,
es war nur kahler Stein,
hab letzte Astern ihm gepflückt
und ihm zum Abschied zugenickt,
so bliebst du nicht allein.

November 2014

Lieben Gruß
Merith

Geändert von Merith (20.03.2015 um 21:38 Uhr)
Merith ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 20.03.2015, 18:46   #5
Thing
R.I.P.
 
Benutzerbild von Thing
 
Dabei seit: 05/2010
Beiträge: 34.998

Lieber Twiddy -

Lichtsohn ist mir zuvorgekommen.
Ich bin kein großes Kommentiertalent, das weißt Du, aber ich kann wenigstens sagen:
Das ist tief berührend und mir aus dem Herzen geschrieben.
Wehmut, Trauer, Resignation, Erkenntnis - all das liegt in diesem wohlgestalteten Gedicht.
Ein Geschenk für

Thing
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 20.03.2015, 21:01   #6
männlich Twiddyfix
 
Benutzerbild von Twiddyfix
 
Dabei seit: 02/2012
Ort: kleines Nest in Bayern
Beiträge: 2.797

Hallo Merith, danke für Deine Worte, das Gedicht ist wirklich wunderschön und sagt alles aus.

Hallo Thing, auch Dir sage ich danke, wie schön ist es doch, wenn ein kleines (großes) Lob den "Künstler" erreicht.

Gefühle, die uns Menschen eigen sind, sind besonders erhaltenswert.


Liebe Grüße an Euch von mir...Twiddy...
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