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Alt 04.09.2008, 15:55   #1
Yve
 
Dabei seit: 12/2005
Beiträge: 756


Standard Mein Papa, der Weihnachtsmann

Na ja, hab beim virtuellen Aufräumen eine alte Geschichte von mir gefunden. Passt zwar nicht in die Jahreszeit...aber egal.


Er öffnete die Augen, schnellte nach oben und sah auf seine Armbanduhr. Es war kurz nach sechs Uhr. Er konnte schon lange die Uhr richtig lesen, schließlich war er ja kein Baby mehr. Er schaute aus dem Fenster und gluckste vor Freude. Schnee. Endlich Schnee. Alles war schön weiß und es lag so viel Schnee draußen, dass er damit sicher fünf Schneemänner bauen konnte. Vielleicht würde sein Vati ihm helfen, damit sie ein Iglo bauen konnten. Genauso eins wie letztes Jahr. Er sprang aus dem Bett, zog die dicken Spongebob Hausschuhe an und stürmte direkt in das Schlafzimmer seiner Eltern. „Mama wach auf. Heute ist Weihnachten. Wann kommt denn der Weihnachtsmann?“ Seine Mutter drehte sich im Halbschlaf zu ihm und blickte in hell erleuchtete Kinderaugen. „Sven es ist erst sechs Uhr. Der Weihnachtsmann kommt erst heute Abend.“ Diese Aussage tat Svens Vorfreude keinen Abbruch und er kletterte übermütig in das Bett und kuschelte sich zwischen seine Eltern. Keine zwei Sekunden später fragte er: „ Papa? Baust du jetzt Schneemänner mit mir?“ Sein Vater brummte nur, drehte sich auf den Rücken und seufzte: „Nach dem Frühstück Sven. In Ordnung?“ Sven nickte grinsend und hakte nach: „Wann frühstücken wir?“ Sein Vater fuhr sich durch sein Haar und rief: „Schatz, wann frühstücken wir?“ Svens Mutter murmelte nur: „Sobald du welches gemacht hast.“ Sven sah von seinem Vater zu seiner Mutter und wieder zurück. Beide grinsten dümmlich und er wusste nicht, was an Frühstück so lustig war. Seine Eltern schliefen immer so lange und waren so langweilig am Sonntag. Wenn Sven in den Kindergarten gehen musste, waren sie immer ganz früh wach. Das war viel schöner.

Nachdem Sven lange und oft genug nachgefragt hatte, standen seine Eltern auf und schleppten sich in die Küche.

Nach dem Frühstück drängte Sven seinen Vater endlich mit ihm spielen zu gehen, während seine Mutter die Küche aufräumte, sich anzog und begann Weihnachtsplätzchen zu backen. Sven war nicht zu bremsen, als er den herrlichen Geruch seiner Zimtsterne roch. Er stürmte zurück ins Haus und griff nach einem noch heißen Keks. „Mama, wann ist es Abend?“ Sie lachte nur und sagte: „Wenn der kleine Zeiger auf der Sechs und der große Zeiger auf der Zwölf steht. Dann gibt´s Abendessen und dann erst kommt der Weihnachtmann.“ Eifrig nickte Sven und stürmte wieder zu seinem Vater in den Schnee.

Der Tag verging viel zu langsam. Sven sah alle zwei Minuten auf seine Uhr und behielt die Zeiger argwöhnisch im Auge. Es wäre zu blöd, wenn er Weihnachten einfach verpassen würde.

Am Nachmittag kamen Svens Großeltern vorbei und halfen seiner Mama beim Abendessen machen, während Papa mit Sven den Weihnachtsbaum schmückte. Sven war es eigentlich egal wo welche Kugel hing, aber sein Vater sagte ihm trotzdem immer ganz genau, wo er sie hinhängen sollte. Mit den langen Lichterketten kam Sven gar nicht zurecht. Kaum hatte er einen Knoten gelöst, war schon wieder einer in der Schnur. Das machte ihn wütend und um ein Haar hätte er die Kette auf den Boden geworfen, doch so kurz, bevor der Weihnachtsmann kam, durfte man sich nicht daneben benehmen. Schließlich wünschte er sich so dringend das rote Feuerwehrauto mit der ausfahrbaren Leiter. Es konnte sogar echtes Wasser spritzen.

Schließlich war der Baum geschmückt, das Essen stand fertig um den Tisch und nach dem Tischgebet fingen alle an zu essen. Svens Oma saß neben ihm und er fand, dass sie immer so komisch roch. Aber er hatte sie lieb, weil sie ihm immer ein kleines Taschengeld gab. Allerdings fand er die Küsse eklig, die sie ihm immer gab. Sie drückte so fest. „Schatz? Ich hab den Nachtisch vergessen. Könntest du bitte etwas aus dem Keller holen?“, fragte Svens Mutter seinen Vater. Er lachte, nickte und ging. Kurze Zeit später hörte Sven etwas hinter sich rumpeln. Er riss die Augen auf und drehte sich um. Er warf einen verstohlenen Blick ins Wohnzimmer und auf den Kamin. Er konnte es kaum glauben! Da war der Weihnachtsmann! Er kam sogar früher, damit Sven ihn noch sehen konnte, bevor er ins Bett ging. Der Weihnachtsmann lachte: „Ho ho ho. Sven? Warst du dieses Jahr auch artig?“ Sven nickte heftig und brachte keinen Ton heraus. Ja, er war sehr brav gewesen und hatte sich ganz besonders angestrengt. Der Weihnachtsmann fuhr im durch die Haare und griff anschließend in seinen Sack. Er zog ein riesen großes Geschenk heraus und Sven begann auf der Stelle zu hüpfen wie ein Gummiball. Der Weihnachtsmann legte das Geschenk unter den Baum und gerade als er wieder den Kamin hochklettern wollte, stöhnte er und mit einem Schlag fiel er auf dem Boden auf. Sven schaute nur ganz gebannt, während seine Mutter aufkreischte und zu ihm rannte. Sie zog ihm den weißen Bart vom Gesicht und Sven war schockiert. Der Weihnachtsmann hatte ja einen falschen Bart! Die Mutter hörte an seinem dicken Bauch und zog ihm die Mütze vom Kopf. Hey! Der Weihnachtsmann sah ja aus wie sein Papa! Sein Papa war der Weihnachtsmann! Er konnte es kaum glauben. Das musste er seinen Freunden im Kindergarten erzählen. Sein Papa war sicher nur müde vom vielen Geschenke bringen und wollte ein bisschen schlafen. Seine Mutti schrie seine Omi an sie sollte irgendwen anrufen. Wahrscheinlich wollte sie die Neuigkeiten gleich jedem erzählen. Sven sah aus dem Fenster, um nach den Rentieren Ausschau zu halten. Rudolph war sein liebstes Rentier. Aber wahrscheinlich hatte Papa sie auf dem Dach geparkt. Seine Mutter schickte Sven auf sein Zimmer und befahl im dort zu warten. Was hatte er denn angestellt? Schulterzuckend ging er die Treppen hinauf und wartete gebannt in seinem Zimmer, bis er endlich seine Geschenke auspacken durfte. Er schaute wieder aus dem Fenster und wartete, bis er den Schlitten und die Rentiere endlich zu Gesicht bekam. Auf einmal kam ein Krankenwagen die Straße entlang. Die Sirene war toll und so schön laut. So einen Krankenwagen hätte er sich auch wünschen können. Aber er fand das Feuerwehrauto irgendwie besser. Ein paar Minuten später trugen sie seinen Papa in den Wagen hinein und fuhren weg. Hm, vielleicht war Papas Schlitten kaputt und er durfte jetzt mit dem Krankenwagen fahren. Das würde er auch gerne mal.

Seine Mutter kam in sein Zimmer und sah ganz traurig aus. „Muss Papa noch andere Kinder besuchen und ihnen Geschenke bringen?“ Mama weinte sogar und sagte traurig: „Ja. Aber er kommt heute nicht mehr nach Hause.“. „Warum?“, fragte Sven weiter. „Er hat noch viel zu tun.“. „Am Nordpol?“, hakte er nach. Sie nickte nur und flüsterte: „Er kommt nicht mehr zurück.“. „Dann bleibt er in seiner Werkstatt um wieder Geschenke zu machen?“ Seine Mutter nickte tränenerfüllt und nahm ihn in die Arme. Sven lachte und freute sich. Sein Papa war der Weihnachtsmann!
Yve ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.09.2008, 16:40   #2
Macy
 
Dabei seit: 06/2007
Beiträge: 359


Huhu Yve,

deine Geschichte gefaellt mir wirklich total gut. Auch wenns nicht zur Jahreszeit passt. Ich bin ein totaler Winter- und Weihnachtsfan und koennte das ganze Jahr Weihnachten vorbereiten und Plaetzchen backen. Wie du so die Stimmung beschreibst, find ich wirklich schoen. Man erinnert sich sofort daran, dass man immer aenlich ungeduldig wie Sven war/ist... Das Ende ist total traurig, vorallem weil der Junge es nicht versteht und nur vom Weihnachtsmann redet waehrend die Mutter weint...
Gern gelesen, lieber Gruss

Macy
Macy ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.09.2008, 17:56   #3
weiblich Orange
 
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Ort: dort, wo Orangen vom Schreibtisch gepflückt werden...
Alter: 32
Beiträge: 92


Hi Yve!
Das ist super! Selbst für Weihnachtshasser.
Nur eine winzige Kleinigkeit wirkt auf mich ein wenig unlogisch: Sven nennt seinen Vater einmal "Vati" und sonst "Papa". Normalerweise ist das bei Kindern ein entweder-oder. Mag aber auch an mir nur an mir liegen, dass mir das auffällt.
Viele Grüße
Orange
Orange ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.09.2008, 19:09   #4
weegzon
 
Dabei seit: 08/2008
Beiträge: 51


Standard RE: Mein Papa, der Weihnachtsmann

Moin Yve, Orange,

eine sehr schöne geschichte, die sich wohltuend von dem üblichen Weihnachtseinerlei abhebt und sehr menschlich ist. Eine kleine Amerkung hätte ich noch:

Zitat:
Original von Yve
Diese Aussage machte Svens Vorfreude keinen Abbruch
Diese Aussage tat Svens Freude keinen Abbruch

Zitat:
Original von Orange
Nur eine winzige Kleinigkeit wirkt auf mich ein wenig unlogisch: Sven nennt seinen Vater einmal "Vati" und sonst "Papa". Normalerweise ist das bei Kindern ein entweder-oder. Mag aber auch an mir nur an mir liegen, dass mir das auffällt.
Normalerweise hast Du recht, aber es gibt auch solche Situationen. Das passiert, wenn die Eltern ein leicht unterschiedliches Sprachverständnis haben. Wenn z.B. die Mutter auf "Vati" und "Mutti" besteht und der Vater nichts gegen "Papa" und "Mama" hat. Dann mischen die Kinder das.

Gruß Eugen
weegzon ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 05.09.2008, 10:16   #5
Yve
 
Dabei seit: 12/2005
Beiträge: 756


Hey danke für eure Kommentare. Hätte nicht gedacht, dass es doch so gut ankommt. Na ja, eigentlich hab ich die Geschichte nur mal hingeschmiert, weil ein Freund von mir einen Text von einem unbekannten Autor suchte, den er mit seiner Mediengestalterei verschandeln kann

Aber freut mich, dass er euch gefällt.

Mit Vati und Papa war bei uns eigentlich auch immer so, da meine Eltern aus verschiedenen Ländern kamen. Papa hieß es eigentlich nur, wenn man sauer war und Vati wenn man was haben wollte

Der andere kleine gram. Fehler wird natürlich sofort entfernt

Yve
Yve ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 10.09.2008, 00:15   #6
Macy
 
Dabei seit: 06/2007
Beiträge: 359


Hi Yve,

zu dem Papa-Vati-Ding wollt ich jetzt auch noch was sagen. Normalerweise sag ich aus Gewohnheit Mama und Papa, manchmal sag ich zu meiner Mutter aber auch Mutti, wenn ich es sehr lieb meine und weil es irgendwie nett klingt. Sie denkt dann aber immer ich will sie verarschen, drum lass ichs dann. Mir ists beim lesen aber gar nicht aufgefallen, aber eigentlich find ich das gut, bisschen zu varieren da...
Macy ist offline   Mit Zitat antworten
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