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Fantasy, Magie und Religion Gedichte über Religion, Mythologie, Magie, Zauber und Fantasy.

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Alt 25.05.2011, 19:44   #1
männlich Ex-Schamanski
abgemeldet
 
Dabei seit: 12/2010
Beiträge: 2.884

Standard Die Ballade von der Unheilseule

(ein Frühwerk, nicht ganz bierernst gemeint)

Nachts die Sterne traulich funkeln
über Ritter Ludwigs Burg.
Ritter Ludwig schläft im Dunkeln,
als sein Knecht, der laue Lurch,
stürzt in seiner Bettstatt Kammer.
„Herr, der Kaiser, welch ein Jammer!
Ihn umbraust das Kriegsgeheule!“
Draußen ruft die Unheilseule.

Ludwig legt sich an die Rüstung,
stürzt aus seinem Schlafgemach,
eilt gehetzt entlang der Brüstung.
Auch sein Ehweib ist schon wach.
„Ludwig, eile nicht zum Kriege!
Sieh dein Kind dort in der Wiege!“
fleht Sieglinde an der Säule.
Draußen ruft die Unheilseule.

Ritter Ludwig ruft nun mutig:
„Teure, horch! Mich heischt mein Fürst!
Seine Feinde schlag ich blutig,
daß der Ansturm rasch zerbirst!“
Schwingt aufs Roß sich und von dannen
reitet er durch schwarze Tannen.
Aus dem Moor steigt auf die Fäule.
Draußen ruft die Unheilseule.

Und er gibt dem Roß die Sporen
und erreicht des Kampfes Ort.
Ach, der Kaiser scheint verloren!
Blut fließt, grimmig tobt der Mord.
Wie einst Hunnenkönig Etzel
stürzt sich Ludwig ins Gemetzel.
Mächtig schwingt er seine Keule.
Draußen ruft die Unheilseule.

Furchtlos dringt der brave Ritter
mitten in die Feindesschar.
Es entlädt sich ein Gewitter,
und gebannt ist die Gefahr.
In dem grimmen Schlachtgewühle
sind’s der Feinde nicht mehr viele,
und sie wenden ihre Gäule.
Draußen ruft die Unheilseule.

Also nimmt die Schlacht ein Ende.
Doch dem Kaiser wird es gram,
daß der Bringer dieser Wende
kampfesstolz ums Leben kam.
„Welchen Dank wollt ich bekunden,
Ludwig, dir, in deinen Wunden!“
Ludwig stirbt an seiner Beule.
Draußen ruft die Unheilseule.

Der die Feinde aufgerieben
stirbt den Heldentod im Feld.
Wäre er zu Haus geblieben!
Doch so ist der Lauf der Welt.
Seine Gattin bricht zusammen,
seine Burg geht auf in Flammen.
Wirrig sind des Schicksals Knäule.

Draußen ruft die Unheilseule.
Ex-Schamanski ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 25.05.2011, 20:01   #2
gummibaum
 
Dabei seit: 04/2010
Alter: 70
Beiträge: 10.909

Lieber Schamansky,

das Gedicht ist gelungen. Es vermittelt Atmosphäre, schafft Spannung, führt holzschnittartig markige Charaktere vor und überascht mit immer neuen Reimwörtern auf Eule. Witzig, weil verwirrend "stürzt in seiner Bettstatt Kammer".

Hat mir Spaß gemacht. LG gummibaum
gummibaum ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 25.05.2011, 21:49   #3
männlich Ex-Schamanski
abgemeldet
 
Dabei seit: 12/2010
Beiträge: 2.884

Ich hab's geändert, Du hast völlig recht: zweimal, sogar dreimal "ruft" direkt hintereinander. Nun heischt der Fürst. Die erste Zeile bleibt unverändert, wegen der vielen "u".
Ex-Schamanski ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 25.05.2011, 23:10   #4
männlich Ex-Schamanski
abgemeldet
 
Dabei seit: 12/2010
Beiträge: 2.884

Genau! Und es müßte eigentlich noch mit Genitiv stehen, "der Fürst heischt meiner". Das paßt dann aber nicht mehr ins Metrum.

Danke für die Etymologie. Mir war nicht bewußt, daß das deutsche "heischen" auf dieselbe Wurzel zurückgeht wie das niederländische "eisen" (= fordern, nichts mit Eisen = het ijzer zu tun.)

---

@ Gummibaum: es stimmt, "stürzt in seiner Bettstatt Kammer" ist nicht eindeutig.

Stürzt der Knecht in die Kammer des Ritters, oder macht er sich in seiner eigenen Schlafkammer lang? Gemeint ist jedenfalls ersteres, der Knecht weckt den Ritter auf.
Ex-Schamanski ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 26.05.2011, 09:53   #5
männlich Ex-Abendstern
abgemeldet
 
Dabei seit: 08/2006
Beiträge: 581

Sehr unterhaltsam. Mir gefällt es auch. "Beule" sticht etwas zu scharf heraus, hat dafür aber einen Lacher extra.

LG
Abendstern
Ex-Abendstern ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 26.05.2011, 09:57   #6
männlich Nöck
 
Benutzerbild von Nöck
 
Dabei seit: 12/2009
Ort: In den Auen des Niederrheins
Beiträge: 2.662

Wortwahl im Stile der alten Dichter - klasse. Erinnert mich irgendwie auch an Ludwig Uhland.

Ludwigs Weib wünscht, dass man keule
die verflixte Unheilseule.

Gruß vom Nöck


@Abendstern

Und wenn es z.B. eine Pestbeule war
Nöck ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 26.05.2011, 10:21   #7
männlich Ex-Abendstern
abgemeldet
 
Dabei seit: 08/2006
Beiträge: 581

Eine Pestbeule wird es schon nicht gewesen sein. Das gibt der Zusammenhang nicht her.

Aber wenn man den Text irgendwie so drehen könnte, daß der Kampf des Protagonisten nur einer gegen Windmühlen war, könnte der sich für einen treuen Krieger seines Kaisers haltende Ludwig doch an seiner/seinen Beule/n gestorben sein. Nämlich an der/denen, die er sich bei seinem Sturz aus dem Bett, in dem er wirr träumend lag, stürzte...

Müßte aber schon eine große Beule gewesen sein. Wahrscheinlicher wäre als Todesursache dann doch eher eine SAB zu nennen, sozusagen tief unterhalb der Beule.

Aber die Beule paßt schon. Ist ja "nicht so bierernst gemeint".
Ex-Abendstern ist offline   Mit Zitat antworten
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