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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt.

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Alt 23.08.2008, 17:45   #1
SilentRoom
 
Dabei seit: 08/2008
Beiträge: 19

Standard Dritte Dimension

Dritte Dimension

Es ist so hell
und doch so dunkel.
Ich stehe hier
und bin da ganz schnell.
Überall Farben, in sich drehend im Kreiß,
und doch erscheint es schwarz- weiß.
Formen nicht eckig, nicht Rund,
ich stehe da mit offenen Mund.
Und du mitten darin, wie eine Illusion.
Deine Augen leer, ohne Emotion.
Mir ist kalt und doch so warm,
In mir verwindet sich mein Darm.
Mein Herz hört auf zu schlagen,
meine Beine beginnen zu versagen.
Ich wache auf gleite in die Wirklichkeit,
meine Gedanken sind mit mir, im Widerstreit.
Doch es war nur eine Vision,
aus der dritten Dimension.
SilentRoom ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 28.08.2008, 11:55   #2
erstmalsooderwie
 
Dabei seit: 11/2007
Beiträge: 79

Hallo SilentRoom.
Kann es sein, dass du dir hier Inspiration geholt hast?

Dunkel war’s, der Mond schien helle,
Schnee lag auf der grünen Flur.
Als ein Wagen blitzeschnelle
langsam um die Ecke fuhr.

Drinnen saßen stehend Leute,
schweigend ins Gespräch vertieft,
als ein totgeschoss’ner Hase
auf der Sandbank Schlittschuh’ lief.

Drinnen saß ein holder Jüngling,
Schwarzgelockt mit blondem Haar,
Neben ihm ’ne alte Schachtel,
Zählte kaum ein halbes Jahr,
In der Hand ’ne Butterwecke,
Die mit Schmalz bestrichen war.


(Quelle: Wikisource, dort als Quelle "unbekannt" angegeben. Liebe Moderatoren, das Gedicht ist um das Jahr 1850 entstanden und fällt so weit ich weiß und hoffen kann nicht unter irgendwelche Urheberrechte. Falls doch, bitte löschen. )



Nun zu deinem Gedicht:
Deine Absicht war ganz klar etwas ernstes zu schreiben. Aber schon in der ersten Zeile "es st so hell / und doch so dunkel" kam mir dein Gedicht irgendwie plump vor. Man kann das auch geschickter ausdrücken, Metaphern hinsetzen, statt einfach zu schreiben, dass es hell und dunkel zugleich ist. Ohne jetzt auf jede weitere Zeile einzugehen: In meinen Augen ist das hier eine Traumbeschreibung. Das könnte man weniger gegenstandslos halten. Das würde es für den Leseer interessanter halten. Ansonsten könnte man die Zeilen 1-14 auch mit dem Satz "ich träume einen phantastischen Traum voller Gegensätze und Konfusion" ersetzen - und hätte denselben Informationswert.
Die dritte Dimension ist übrigens nichts Übernatürliches. Das ist, wenn du mit 'nem Bleistift auf Papier schreibst, und mit der Spitze hindurchstößt. Dann bist du in die dritte Dimension vorgestoßen . Vllt. meinst du vierte Dimension. Aber Dimension klingt, in meinen Ohren jedenfalls, immer nach Science-Fiction. Was glaube ich nicht beabsichtigt war.
Noch etwas zur Form. Der Paarreim, denn du benutzt (aabb) ist eigentlich eher für komische Stücke geeignet. Du findest ihn ganz oft in der Rubrik "Fein und Bunt garniert", seltener in anderen. Er hört sich einfach witzig an. Das ist ein Formending, das deinem Text Kraft entzieht. Genauso das selbst im Zusammenhang von zwei Zeilen fehlende Metrum.

nichts für ungut,
erstmal. ...
erstmalsooderwie ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 28.08.2008, 17:29   #3
SilentRoom
 
Dabei seit: 08/2008
Beiträge: 19

Hier geht es um eine Frau die an Borderline erkrankt ist.. Das Leben mit einer solchen ist voller Gegensätze. Ich habe das zu lange mit gemacht bin aber jetzt da raus und dann kommt einen alles sehr unwirklich vor.. Wer so etwas kennt wird es verstehen. Ich weiß aber was du mir sagen willst.. Ich bin am lernen und bin dankbar für Kritik!
SilentRoom ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 31.08.2008, 14:45   #4
blaue_Raupe
 
Dabei seit: 08/2007
Beiträge: 82

Hi SilentRoom,


Vielleicht bedarf’s hier noch ner zweiten Wortmeldung, um herauszuschälen, dass es tatsächlich am Text liegt, dass noch nicht getragen wird, was du im Sinn hattest. Du schreibst, dass der rote Faden letztlich darin bestehen soll, dass die Wahrnehmende im Text (ob Mann oder Frau wird übrigens an keiner Stelle klar) etliche Symptome einer BPS ausweist und dadurch in den „Zustand“ gerät, den dein Text umreißen soll.
Das größte Problem sehe ich darin, dass die Zeilen nicht deutlich werden lassen, dass es sich um eine (permanente) Erkrankung handelt. Ebensogut könnte jemand ohne BPS-Symptomatik eine Vision haben, einen Traum, ein Besäufnis mit kurzzeitigem Realitätsverlust. Ein paar Randmerkmale sind zwar gegeben, aber schwierigerweise kennt eigentlich jeder Mensch jene BPS-Symptome, mal in abgeschwächter Form, mal stärker, aber eben selten als festgefahrenes Muster bzw. tatsächlich gegebenes Krankheitsbild.
Für das Gedicht bedeutet’s: als Leser komme ich in der Tat nicht darauf, wo die Grundlinie deiner Absichten liegt, dazu ist das Gänze zu beliebig umrissen und nicht als das definiert, was abseits der kurzen Zustände, die man erleben kann, mit besagter Krankheit zu tun hat.
Insofern sehe ich erstmalsos Kritik als berechtigt und auch die Lesart.
Zu Weiterem & Umsetzung noch genauer reinsehen …

Dritte Dimension

Es ist so hell
und doch so dunkel.
~
Offen gesagt: Schwamm. Das sagt mir erstmal nichts, wenn ich jetzt auch durch deine Wortmeldung weiß, dass es dir ums Kontrastieren ging. Sprachlich extrem einfach und inhaltlich auch noch nicht wegweisend für ausgerechnet jene BPS. Reizvoll finde ich es nicht für mich als Leser, damit einzusteigen. Es sagt nichts Konkretes, wenn die bloßen Zustände „hell/dunkel“ gegeneinander gewichtet werden. Ist es draußen so, kommt etwas über Liebeskummer, hat jemand E geschluckt und befindet sich wie einst James Spader in Stargate auf dem Weg zur Suche nach dem fehlenden Symbol? Ich weiß es nicht, da ist der Text sehr ungenau.

Ich stehe hier
und bin da ganz schnell.
~
Sprachlich wieder wenig geschickt oder anziehend, auch wenig weggebend. Es könnte ein Traum sein, ein sich-zu-jemandem-hindenken o.ä. Das zweite Teilstück würde ich spachlich abändern, das „und bin da ganz schnell“ würde nicht mal im Umgangssprachlichen unbemerkt durchgehen, und eine Funktion scheint diese Setzung auch nicht zu haben. Liest sich in Konstruktion & Wort nicht schön.

Überall Farben, in sich drehend im Kreiß,
und doch erscheint es schwarz- weiß.
~
„Kreiß“? Du weißt schon, was „kreißen“ und der daraus geborene Kreißsaal meint?
Die Syntax „in sich drehend(,) im Kreis“ scheint auch überarbeitenswert.
Mit der Wahrnehmung wird’s auch hier heikel, zumal die Person von den Farben zu wissen scheint (was inhaltlich durchgeht zwar), aber die Drehmomente empfindet und auch das Farbgemisch. Es liest sich, trotz des Anhaltspunktes einer Einteilung in „Schwarz und Weiß“ mehr wie eine Spektralreise, was evtl daran liegen mag, dass „Schwarz und Weiß“ in dem Bereich bleiben, in den man sie gemeinhin zuordnet – „Farben“. Es mag um eine dissoziative Situation gehen, dennoch weist das Farbspiel für mich wenig auf die Erkrankung hin, da jenes „Schwarz und Weiß“ doch in den übertragenden Rahmen zu gehören scheint derer, die einteilen (müssen), obwohl es etliche Farbstufen dazwischen gibt. Keine Person, die von Weiß in Schwarz fällt, keine Reaktion. Um eine Dissoziation deutlich zu machen, bräuchte es einen festeren Rahmen. So bisher: zu viel möglich, auch jene besagte Spektralreise.

Formen nicht eckig, nicht (r)und,
ich stehe da mit offene(m) Mund.
~
Nun, Formen müssen weder rein eckig noch rein rund sein, wenn sie auch Elemente dessen tragen. Es bleibt mir ähnlich wirkungslos wie „hell/dunkel“ zu Anfang.
„ich stehe da mit offenem Mund“ – ein fasziniertes, fast kindlich-naives Staunen? Das bringe ich der Intention nicht überein, von starrem Schrecken oder Pein ist nichts zu sehen, da fehlte dann etwas. Die „harmlose“ Form unterstützt mehr das, was erstmalso gelesen hat. Von einer Krankheit erstmal (wieder) keine deutliche Spur.

Und du mitten darin, wie eine Illusion.
Deine Augen leer, ohne Emotion.
~
Hier wird zumindest eine verzerrtere Wahrnehmung deutlich, und es gibt noch jemand anderen, der scheint’s in der Realität zurück geblieben ist, körperlich nah der Abgetrennten, aber die Erlebenswelten sind bis auf weiteres zu verschieden, als dass es Kontakt gäbe.

Mir ist kalt und doch so warm,
In mir verwindet sich mein Darm.
~
Pardon, aber zum Ende der zweiten Zeile kann ich mir das Lachen kaum verkneifen, und das lag mit Sicherheit nicht in deiner Absicht. Nicht nur „warm/Darm“, sondern auch der gesamte Kotext haben noch etwas Ungelenkes & Komisches; verzeih, dass ich das so plan sage, aber das geht gar nicht.

Mein Herz hört auf zu schlagen,
meine Beine beginnen zu versagen.
Ich wache auf gleite in die Wirklichkeit,
meine Gedanken sind mit mir, im Widerstreit.
~
Letztlich doch noch ein Hinweis, ein Zurückgleiten in eine Erlebenswirklichkeit, die die andere Person wieder teilt. Trotzdem: für eine eindeutigere Zuordnung unter eine bestimmte Symptomatik: Fehlanzeige. Nach wie vor sind der Möglichkeiten durch die gewählten Worte viel zu viele.

Doch es war nur eine Vision,
aus der dritten Dimension.
~
Zur dritten Dimension hat mein Vorschreiber schon angemerkt.

Die Thematik ist beileibe keine einfach umzusetzende, und allein daher knifflig, weil der Bekanntheitsgrad vieler klinischer Testkriterien hinsichtlich einer BPS klein ist.
Die Herausforderung bliebe also … wo ich kürzlich einen Text zu Dissoziation dahingehend angemoppert habe, dass er zu sehr in der gesamten Lebenssituation des Erkrankten verharre, ist es hier umgekehrt: der feste Rahmen fehlt, das Herausstellen dessen, dass die Person nicht mal kurzzeitig und einmalig etwas abdreht aus den allgemein erlebten Sphären, sondern, dass es tatsächlich mehr ist.
Sprachlich ist auch einiges angemerkt, das empfinde ich als noch schwach auf der Brust. Alles in allem für mich also noch nicht gelungen. Aber vielleicht bringt es etwas, den Blick darauf zu lesen.

Soweit,
VG
r~~~
blaue_Raupe ist offline   Mit Zitat antworten
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