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Alt 23.11.2012, 09:38   #1
weiblich Ex Carina M.
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Beiträge: 1.059


Standard Einladung zum Essen

Die Einladung kam überraschend. Rita freute sich auf den Abend mit Fred. Sie wusste, dass er eigentlich ein Chaot war, doch eine letzte Chance wollte sie ihm noch geben.
Fred wollte sie von zu Hause abholen um dann mit ihr zu ihrem Lieblingsrestaurant zu fahren.

Rita hatte sich für diesen Abend besonders hübsch gemacht.
Schwarzer Minirock, schwarzes Top. Halterlose Srümpfe, seidenglatt. Silberschmuck der modisch aber dezent war. Dazu die hochhackigen schwarzen Schuhe, ein leiser Hauch von *Obsession, mit leicht zimtiger Note.

Dann stand er vor ihr und sie dachte: "Ist ja wieder typisch für ihn."
Sie hatte gehofft, er würde sich diesmal auch ein wenig Mühe geben mit seiner Kleidung, aber er hatte nur seine alte, schmuddelige, verbeulte Jeans an. Dazu ein T-Shirt, dessen einstige Farbe nicht mehr genau zu definieren war.
"Ich sollte mir dadurch nicht die Laune verderben lassen",
dachte sie sich, "was hatte ich denn auch erwartet?"

Sie betraten das Lokal und wies ihnen den reservierten Tisch zu. Auf die Frage des Kellners, nach den Getränken, antwortete Fred: "Zwei Bier!"
"Nein, für mich bitte eine Cola".
Sie mochte kein Bier und das hätte er wissen müssen.
Warum macht er das nur immer? Er bestellt einfach ohne Rücksicht auf ihre Wünsche.
„Na, wenigstens kann ich mir mein Essen selber aussuchen,“ dachte Rita.
Sie schaute in die Speisekarte und wählte dann die Leber nach Zigeuner Art, mit Paprika und gerösteten Zwiebeln, dazu gab es einen gemischten Salat.
Fred nahm den extragroßen Grillteller mit verschiedenen Fleischsorten, Reis, Pommes frites und Krautsalat.
Fred griff gleich zu Messer und Gabe, machte sich sofort über seinen Teller her, und fing an das Essen gierig in sich hineinzuschaufeln.
"Wann hat er das letzte Mal etwas gegessen?", fragte sich Rita

Leicht glitt das Messer durch die zarte Leber, sie nahm es mit der Gabel vorsichtig auf und führte sie langsam zum Mund.
Beinahe, wäre sie ihr von der Gabel gerutscht, als sie hörte wie er anfing zu schmatzen.
"Na, Bravo", ging es ihr durch den Kopf, "es scheint ihm ja wirklich sehr gut zu schmecken."
Aber Rita wollte sich den Appetit nicht verderben lasen, sie konzentrierte sich auf ihren Teller mit dem Reis und der köstlichen Leber. Auch der gemischte Salat, schmeckte vorzüglich. Der grüne Blattsalat mit Tomaten, Gurke, Radieschen, frischen Zwiebeln mit Joghurtsoße, sah richtig lecker aus.

Befremdet schaute Rita auf seine Finger, die plötzlich auf ihrem Teller herumsuchten. Fred angelte nach ein paar Salatblättern, nach der Zwiebel und einem Stück von der Leber, das sie sich gerade abgeschnitten hatte.
Sie schaute ihn an, auf seinen Mund, der von der Salatsoße umrahmt war.

Fred erzählte ununterbrochen von seinen neusten Errungenschaften und wie toll ihn die Mädels doch fänden. Alles mit vollem Mund.
Wenn ab und zu mal ein bisschen aus seinem Mund auf den Teller zurückfiel, störte ihn das wohl nicht allzu sehr oder er nahm es schon gar nicht mehr zur Kenntnis.
Dazu fuchtelte Fred mit dem Messer ständig vor ihrem Gesicht herum, manchmal zuckte Rita zusammen, wenn Fred ihr damit zu nahe kam.
Heftig bewegte er seine Hände und seinen Kopf, auf dem sich schon die Haare stark lichteten
Fred war in seinem Element. Er rülpste, nachdem er einen tiefen Zug aus seinem Bierglas nahm.

Auch das noch.
Da kann einem der Appetit aber wirklich vergehen und auf einen Nachtisch verzichtete sie gerne. Er schlug vor, noch einen Kaffee bei ihr zu Hause zu trinken, als krönenden Abschluss sozusagen. Dabei blinzelte er mit seinen listigen Augen, in denen ein verdächtiger Schimmer glitzerte.
"Oder vielleicht doch lieber ein Glas Wein?"
Freds süffisantes Lächeln, welches unter seinem Schnäuzer zu erkennen war, sprach Bände.
Rita dachte nur,“ wenn er so sich so verhält, wie er isst - dann will ich das lieber nicht riskieren.“

Es war die letzte Einladung die sie von ihm angenommen hatte.
Sie war satt.

Geändert von Ex Carina M. (23.11.2012 um 12:55 Uhr)
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Alt 24.11.2012, 18:37   #2
gummibaum
 
Dabei seit: 04/2010
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Beiträge: 10.909


Hallo, Carina,

die beiden Typen sind gut charakterisiert, ich habe geschmunzelt. Sonst hat die Geschichte keine Höhepunkte und Wendungen. Nichts Unter- und Hintergründiges. Sie dürfte in dieser Weise nicht länger sein, sonst würde sie langweilig.

LG gummibaum
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Alt 25.11.2012, 15:27   #3
weiblich Ex Carina M.
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Dabei seit: 08/2012
Beiträge: 1.059


Wo sind sie nur geblieben, all die Kommentare???
Man denkt an nichts Böses und dann...

Lieber Gummibaum,

für eine längere Geschichte hätte sich dieses Szenario auch nicht geeignet.

Es geht ums Essen und Gegensätze, die nicht zu überbrücken waren, trotz der Sympathie, die zunächst möglicherweise, vorhanden war.

Was wäre wenn...
Fred nicht Fred und Rita nicht Rita wäre?

Ich danke dir fürs Lesen und deinen Kommentar zu dieser Geschichte.
Liebe Grüße,
Carina
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Alt 25.11.2012, 20:05   #4
weiblich Poetibus
 
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Alter: 56
Beiträge: 562


Hallo, Carina M.,

ich kann irgendwie nicht anders, als zuzugeben, dass ich die "ehrliche", wenn auch "gewöhnungsbedürftige" Art von Fred sympathischer finde als die "aufgesetzte" von Rita.

Er ist "echt", sie gibt vor, etwas zu sein. Für mich liegt bei Rita ein "Gefühl" des "Unechten" hinter den Zeilen. Ist natürlich nur meine Lesermeinung.

Die Gegensätze kommen zu mir ziemlich gut herüber, auch gerade dadurch, dass (meiner Meinung nach) Fred nicht "zur Geltung kommt" - das ist so, da Rita hier "den gesamten Raum einnimmt", alles ist nur ihre Wahrnehmung und Perspektive. Eine interessante Stelle fand ich beim "süffisanten Lächeln". Nach dem Lesen bis dahin kam mir die Frage in den Kopf, ob das Lächeln tatsächlich "süffisant" war oder ob Rita das nur so interpretiert, weil sie es so sieht bzw. sehen möchte. Daher fände ich es sogar eher weniger gut, wenn Fred als Person deutlicher würde.

Gerne gelesen, mir gefällt die Geschichte.

Freundlichen Gruß,

Poetibus
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Alt 26.11.2012, 09:35   #5
weiblich Ex Carina M.
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Dabei seit: 08/2012
Beiträge: 1.059


Guten morgen Poetibus,

schön dich hier bei mir zu Besuch zu haben und es freut mich, wenn dir meine Geschichte gefällt.

In der Tat ist der Fred ein echter Filou, der es faustdick hinter den Ohren hat.
Ich finde es höchst interessant wie unterschiedlich die Geschichte aufgefasst wird.

Was ist unecht an Rita?
Sie hat nur eine andere Wesensart als der gute Fred.
Ich denke, sie passt einfach nicht zu ihm, weil sie nicht so chaotisch und schluderig ist.
Das ginge nie gut, falls die beiden mal ein Paar würden wollen.
Es ist also nicht unbedingt richtig, wenn man sagt:
*Gegensätze ziehen sich an.*

Liebe Grüße in deinen Tag,
Carina
Ex Carina M. ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 26.11.2012, 10:32   #6
gummibaum
 
Dabei seit: 04/2010
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Beiträge: 10.909


Fred ist ehrlich, aber selbstsüchtig, ohne Respekt. Er spielt mit der Abhängigkeit derer, die seine Lässigkeit brauchen. Rita ist zunächst eine davon. Sie kann nur bestehen, wenn Deo und outfit sie psychisch liften. Aber die Blessuren, die ihr Fred erteilt, dominieren die Freiheit, die sie in seiner Gegenwart ein Stück weit teilt.
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Alt 26.11.2012, 11:50   #7
weiblich Ex Carina M.
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Dabei seit: 08/2012
Beiträge: 1.059


Fantastisch, lieber Gummibaum,

du hast es auf den Punkt gebracht.
Besser hätte ich es nicht ausdrücken können.
Es freut mich, wenn du es so sehen kannst.

Kennst du die Beiden vielleicht ?

Liebe Grüße,
Carina
Ex Carina M. ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 26.11.2012, 13:03   #8
gummibaum
 
Dabei seit: 04/2010
Alter: 70
Beiträge: 10.909


Hallo Carina,

Fred könnte aber seine Freiheit auch nur spielen. Er kommt mir eher wie zum Säugling regrediert vor, der noch keine Kontrolle über seine Triebe hat. Wenn man die Signale übersetzt, sieht man den breiverschmierter Mund, die Finger, die in die Suppe patschen, die volle Windel (Schmuddelhosen), die noch unkontrollierten Bewegungen (vor Ritas Gesicht) und wie er sein "Bäuerchen" (Rülpser) macht. Mit der Rolle kommen manche ganz gut durchs Leben.

LG gummibaum
gummibaum ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 27.11.2012, 15:37   #9
weiblich Ex Carina M.
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Dabei seit: 08/2012
Beiträge: 1.059


Lieber Gummibaum,

ja das könnte so sein, Fred ist ein Spieler.
Vor allem spielt er mit den Gefühlen der Anderen.
Der Vergleich mit einem Baby hat mich zum Schmunzeln gebracht.
Wer weiß welches Baby in so einem Mann stecken kann.

Ich danke dir für deinen höchsterfreulichen Kommentar
Alles Liebe,
Carina
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