Poetry.de - das Gedichte-Forum
 kostenlos registrieren Letzte Beiträge

Zurück   Poetry.de > Gedichte-Forum > Fantasy, Magie und Religion

Fantasy, Magie und Religion Gedichte über Religion, Mythologie, Magie, Zauber und Fantasy.

Antwort
 
Themen-Optionen Thema durchsuchen
Alt 30.03.2012, 18:59   #1
männlich Desperado
 
Benutzerbild von Desperado
 
Dabei seit: 03/2012
Ort: Erde, Europa, Deutschland, Bayern
Beiträge: 1.747

Standard Himmlische Raufbolde

Hab da im Vorbeireiten an einer blumengeschmückt wohnlichen Hütte ein paar Gesprächsfetzen über Engel aufgefangen.

Das kommt von der Hitze, alle Fenster stehen offen, und schon der kleinste Windhauch genügt, geflüsterte Worte über sieben Hügel zu tragen. Der, um den es da- was ich so mitbekam- unter anderem ging, ist ja nun eigentlich kein richtiger Engel mehr. Ein anderer Engel, der bis heute einer geblieben ist, hat ihn im Zweikampf besiegt und auf die Erde herabgeworfen. So jedenfalls steht’s im letzten Buch auf den letzten Seiten der Bibel, hat mir der alte Prediger mal zum schmökern mitgegeben, ein irres Buch mit tausend rätselhaften Bildern, Schreckensgesichten und grusligen Gestalten.

Und der Luzifer, Satan, Diabolus, Stinkstiefel und Teufel kommt da drin auch öfter mal zur Sprache. Unter anderem eben, als er von Michael, seinem himmlischen Ex-Gegenüber und kommenden Gegner, zum Widersacher degradiert wurde, zur Schlange und zum Versucher.

Micchaäl ist hebräisch und bedeutet soviel wie „Wer ist wie Gott?“
Und Luzifer heißt eigentlich nichts anderes als „Lichtträger“, weil der Luzifer früher Shamael oder so ähnlich hieß, vor Gottes Thron herumstand und eine große hell leuchtende Flamme auf einem Leuchter in Händen hielt, die das ewige Licht darstellen sollte, das Licht schlechthin, also alles Helle und Gute eben, in gewissem Sinne Gott selbst.

Und irgendwann ist ihm diese exponierte Stellung zu Kopf gestiegen, und er wollte daselbst auf dem Thron sitzen und mal ein wenig Gott spielen, also genaugenommen wollte er genau so allmächtig und allwissend sein wie dieser und kein englischer Kronleuchter mehr.

Was ihm nun nicht so gut bekommen ist, denn als der Michael angeflogen kam und den Schlingel auf dem göttlichen Thron der Herrschaft sitzen sah,
–Gott war gerade anderweitig beschäftigt und schuf soweit ich weiß die Eva aus einer Rippe des schlafenden Adam, was im Nachhinein zu dieser seltsamen Verknüpfung der beiden unabhängig voneinander stattfindenden Ereignisse führte, sprich irgendwie war plötzlich die Eva an allem schuld, wie das eben in Männerhierarchien manchmal so läuft-
also als der den Möchtegerngott da thronen sah, wurde er ziemlich ungehalten, packte ihn am noch weißen Kragen und die beiden haben sich heftig geklopft und vermöbelt, wobei ihnen die jeweiligen Anhänger blitzartig zur Seite sprangen und kräftig mitmischten, man kennt derlei wundersame Vermehrungen und Vermengungen ja hinlänglich.

Eigentlich war der Luzifer der schönste, größte, stärkste und mächtigste Engel von allen, aber Michael entzündete kurzerhand und wildentschlossen sein Schwert an der Flamme des Leuchters, den Luzifer achtlos stehen hatte lassen, und drosch damit auf den vermessenen Emporkömmling ein, bis dieser schließlich das Gleichgewicht verlor und von seiner Wolke Sieben stürzte, ziemlich jäh und tief, und weil er über eine schier unwiderstehliche Anziehungskraft verfügte, all seine Fans gleich mit ihm.

Und als Gott wiederkam und den zerrupften und angeschlagenen Haufen seiner geschwundenen Heerscharen sah, wurde er ziemlich heilig zornig, Michael petzte natürlich auf Teufel komm raus, und in seiner Raserei sprach Gott dem Luzifer sämtliche Privilegien eines Cherubim ab und ließ ihn für alle Zeit auf Erden schmoren. Als eigenen Wohnraum und Rückzugsort gewährte er dem Geschassten immerhin die eigens dafür geschaffene Hölle, weil er eben Gott ist, gütig und nicht nachtragend.

Soweit so gut, nur fühlte sich der fluguntüchtige und verkohlte Luzifer tief gekränkt und gedemütigt, schmollte fürchterlich und schwor dem Tyrannen da oben ewige Rache. Der Einfachheit halber und um sein Sturztrauma zu bewältigen nannte er sich fortan „der gefallene Engel“. Nebst unzähligen anderen Namen und Ehrenbetitelungen, eitel wie er nun mal war.

Weil er einen Haufen Personal mitgebracht hatte, eine richtige Armee, fiel er ohne Zögern hemmungslos über die ahnungslosen Menschen her und versuchte sie mit allerlei denkbarer Raffinesse auf seine Seite zu ziehen, wobei ihm der ausreichend strahlende Rest seines Lichtscheins zugute kam, den er beim Sturz nicht völlig verloren hatte und immer noch mit sich trug. Er war so gesehen der erste Blender. Der Blender aller Blender sozusagen.

Es ging im Grunde weniger um die zehn Gebote und deren Einhaltung, das brachte sowieso kein Mensch auf die Reihe, weshalb sich eine Verführung zu Gesetzesverstoß und Übertretung als unzureichend für seine Zwecke erwies, weil Gott gegensteuerte, andauernd am Vergeben und Verzeihen war, ihm so jeden Wind aus den Segeln nahm und das genaue Gegenteil dessen bewirkte, was ursprünglich in Luzifers Absicht lag, nämlich die Leute gegen seinen erklärten Todfeind aufzuhetzen.

Also griff er auf die Taktik zurück, die ihm den ganzen Schlamassel eingebrockt hatte, er flüsterte dafür geeigneten Holzköpfen ein, dass sie selbst und kein anderer der liebe Gott seien, sprich schuf immer wieder mal eine Hand voll liebe Götter, denen in ihrem Status allwissender Allmacht alles erlaubt und genehm erschien, was ihren unanfechtbaren Standort ermöglichte, zur Schau stellte und zementierte. Völkermord, Terror, Angriffskriege, Allmachtsanspruch, Erlösungstendenzen und dergleichen mehr, am besten im Namen Gottes versteht sich.

Was die Auserwählten dann auch eifrig und beflissen in die Tat umsetzten, selbstredend gegen Ihresgleichen, die ihrerseits frevelhaft lästernd den gleichen Ehrenkodex für sich in Anspruch nahmen.

Und Luzifer sorgte gleichzeitig mittels seiner Einflüsterungen und notorischen Lügen und Wahrheitsverdrehungen dafür, dass die Herrschaften auch über eine entsprechende Anzahl willenlos höriger Anhänger und Vasallen verfügten, die für gewöhnlich ihre Drecksarbeit zu verrichten hatten.

Das wurde Gott dann doch zuviel.

Der Allmächtige zitierte den Raphael zu sich, der war seinerzeit mit einem gewissen Tobit auf Erden gewandelt, um dem Burschen ein wenig unter die Arme zu greifen in einer Brautschauangelegenheit. Der hatte also bereits irdische Erfahrung gesammelt und war der geeignete Mann für die geheime Kommandosache und Mission Engelskrieg auf Erden. Und der zum General ernannte Raphael –Oberbefehlshaber blieb der dekorierte Michael- delegierte eine gewaltige Armee von Schutzengeln zu den Völkern, für jede Seele einen, also eine ganze Menge englischer Lichtgestalten, und es wurden immer mehr, je mehr Menschen geboren wurden.

An der Wiege hing natürlich schon ein Spion des Luzifer rum, und die beiden stritten sich sofort unerbittlich gnadenlos und mit allen Tricks um die jeweilige kleine Seele, prügelten sich weiter, als diese größer wurde bis hinein ins Erwachsenenalter und bekriegten sich unablässig bis an die Schwelle des leiblichen Todes ihrer Schutzbefohlenen beziehungsweise Überzeugungsopfer. Vielleicht sogar noch hinterher, darüber gibt es keine verbindlichen Informationen, die einen sagen so die andern so, denkbar wäre es ohne weiteres.

So in etwa hab ich die Story verstanden, die mir der alte Prediger mal zum Thema Engel und gefallene Engel erzählt hat. Seiner Aussage nach hätte sich daran bis heute nichts geändert, kommt ein Kind zur Welt, geht's erst mal gewaltig zur Sache.

Ziemlich rauflustige Gesellschaft wie es scheint, diese Engel.
Desperado ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 02.04.2012, 13:42   #2
Thing
R.I.P.
 
Benutzerbild von Thing
 
Dabei seit: 05/2010
Beiträge: 34.998

Halli Hallo, Desperado -


gut geschrieben, wenn mir auch die "Grundtheorie" fremd bleiben muß.
Für mich ollen Agnostiker gibts weder Gott, Teufel noch Engel.

Aber wie gesagt:
Gut geschriebene Legende!

LG
Thing
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen für Himmlische Raufbolde




Sämtliche Gedichte, Geschichten und alle sonstigen Artikel unterliegen dem deutschen Urheberrecht.
Das von den Autoren konkludent eingeräumte Recht zur Veröffentlichung ist Poetry.de vorbehalten.
Veröffentlichungen jedweder Art bedürfen stets einer Genehmigung durch die jeweiligen Autoren.