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Zeitgeschehen und Gesellschaft Gedichte über aktuelle Ereignisse und über die Menschen dieser Welt. |
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05.09.2017, 21:11 | #1 |
Der Erschießungsbefehl
Ich schaue grade auf dieses Foto.
Eine reale Aufnahme dessen was geschah. Es ist kein Bild, es ist ein Foto, keine Interpretation, eine Tatsache, etwas Echtes, Greifbares, Geschehenes und grausam Fürchterliches. Auf der linken Seite Schatten und Helles, mehrere Männer, gestiefelt und in Uniform. In den Händen haben sie Gewehre, ausgestreckt, ausgerichtet, angelegt an ihre Schultern, sie sind die Schützen, die Schützen des Todes. Sie stehen nebeneinander! Nebeneinander stehen sie, mit Gewehren die geladen sind, den Finger am Abzug. Gerichtete Gewehre an den Schultern von Schützen, ihre Ausrichtung penibel genau, für den letzten Schuss, für die vielen letzten Schüsse, Schüsse auf Menschen auf der rechten Seite des Bildes. Sie sitzen in einer langen Reihe nebeneinander, ihre Gesichter sieht man nicht, kauernd und gebückt sitzen sie am Rand einer großen Grube, mit dem Rücken zu den Gewehren, Gewehren die auf sie gerichtet sind, penibel genau, vermutlich genau auf wichtige Teile ihres Körpers, mal den Kopf, mal das Herz. Was jetzt kommt geschah mit Sicherheit, doch das Foto zeigt nur einen Moment davor. Die Schützen auf der linken Seite drückten reihenweise ab. Einige der Menschen auf der rechten Seite starben sofort, andere vielleicht erst beim zweiten Schuss, gewiss gab es auch jemanden der mehr als zwei Schüsse ertrug, aushielt und ihn als heldenhafter Körper abwehrte. Doch wofür? Die Schützen schossen einfach weiter, bis auch der letzte Mensch auf der rechten Seite starb. Als keiner der Menschen auf der rechten Seite mehr krächzte, röchelte, lagen ihre Körper kettenhaft aufgereiht, nebeneinander. Man schob und stieß sie einfach in diese Grube, von hinten einfach so erschossen, vermutlich mit Stiefeln geschoben, dreckigen Stiefeln, um sich nicht zu beschmutzen, hätten sie gesagt, hätte man gefragt. Perfide und erschütternd, Worte reichen nicht. Ein Foto vom Massaker an den Juden in Babi Jar und jeder Erschossene Mensch trug einen Namen. Vergesst keinen, denn auch ihr habt einen. |
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06.09.2017, 06:44 | #2 |
Das Gedicht macht betroffen. Ich habe ein Buch mit Fotos aus dem 2. Weltkrieg (war irgendwo mal im Ausverkauf, gibt es vermutlich nicht mehr) und habe ähnliche Fotos (auch echte) darin gesehen.
Du hast die Erschütterung, die man dabei empfindet und das Grauen über diese unmenschliche Zeit gut in Worte gefasst. |
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07.09.2017, 13:43 | #3 | |
Zitat:
als ich das Bild damals auf einer Nachrichtenseite gesehen habe war ich abgrundtief schockiert. Ich habe noch nie zuvor etwas widerlicheres von Menschen gemachtes gesehen. Worte reichen nicht, das zu sehen heißt es niemals zu vergessen und ich glaube das ist gut, als Abschreckung, damit das niemals wieder passiert, denn es ist passiert. |
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07.09.2017, 18:56 | #4 |
abgemeldet
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Ich stimme Silbermöwe zu. Ein trauriges Bild, dass Du da zeichnest. Du hast viel Ausdruck aber, wie ich persönlich finde, auch viele Wiederholungen und ein paar Verse, die nicht ganz so stark sind.
Hier würde ich kürzen. Das würde das Gedicht eindringlicher machen. Meine persönliche Meinung. Gerne gelesen. Richard. Gekürzte Fassung: Ich schaue grade auf dieses Foto. Eine reale Aufnahme, dessen was geschah. Es ist kein Bild, es ist ein Foto, keine Interpretation, eine Tatsache, etwas Echtes, Greifbares, Geschehenes. Auf der linken Seite Gestalten im Schatten, mehrere Männer, gestiefelt und in Uniform. In den Händen haben sie Gewehre, ausgestreckt, ausgerichtet, angelegt an ihre Schultern, sie sind die Schützen. Die Schützen des Todes. Nebeneinander stehen sie, mit Gewehren die geladen sind, den Fingern am Abzug. Ausgerichtet für den letzten Schuss, für die vielen letzten Schüsse, Schüsse auf Menschen auf der rechten Seite des Bildes. Sie sitzen in einer langen Reihe nebeneinander, ohne Gesichter, Rücken an Rücken, kauernd und gebückt am Rand einer Grube, mit dem Rücken zu den Gewehren, Gewehren, die auf sie gerichtet sind, auf ihre Köpfe und Herzen. Die Entschlossenheit in den Gesichtern der Schützen, zeigt, was das Foto nicht zeigen kann. Zeigt, was als nächstes geschah. Ein Foto vom Massaker an den Juden in Babi Jar. Jeder Erschossene trug einen Namen. Wie jeder von uns, einen Namen trägt. Vergessen wir sie nicht. |
07.09.2017, 19:10 | #5 | |
Zitat:
vielen Dank für das Durchlesen und Kommentieren und vorallem die gekürzte Fassung, die den gesamten Inhalt von mir viel deutlicher ausdrückt und vor allem auch die Vorstellung des Lesers arbeiten lässt, was natürlich hier beabsichtigt ist um Missachtung für das Massaker hervorzurufen, Unverständnis und Ablehnung. Dein Text schafft das, meiner schwafelt zu viel. Daran werde ich arbeiten, bis dahin übernehme ich die gekürzte Form von dir und werde nach einigem Abstand noch mal darüber schauen um zu sehen, ob ich es noch überarbeiten möchte. Danke! |
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07.09.2017, 20:24 | #6 |
abgemeldet
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Sehr gerne!
Der Trick ist: Liegen lassen und dann wegstreichen, was unnötig ist. Ich habe Deinen Text sehr gelesen und gemocht. Bitte mehr davon. Gerne setzte ich dann wieder den metaphorischen Rotstift an. Endlich mal jemand, der konstruktive Kritik zu schätzen weiss. Ich bin in Hochstimmung. Danke, dafür! lg Richard |
07.09.2017, 20:41 | #7 | |
Beamtenmotto! ;-)
Zitat:
Kurzum: ja! Immer her mit der konstruktiven Kritik ich freue mich wenn ein kluger Mensch mich darauf hinweist was ich Falsches mache. In mir schwebt der Wunsch nach Verbesserung, darum will ich gerne von allen Fehlern lernen, meinen eigenen und denen der anderen, dabei hilft es, wenn wir alle miteinander reden. |
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