Hochzeitsnacht bei Poetry.de

honey*dream · 18.06.2007, 18:51

Ich blickte verstohlen in die heiße Schokolade vor mir, in der ich seit fünf Minuten rührte. Dann schaute ich doch auf. Moni saß mir gegenüber. Sie rauchte. Ich hatte nicht mitgezählt, die wievielte Zigarette es in dieser halben Stunde schon war. Vielleicht die Zehnte schätzte ich. Meine beste Freundin sah schrecklich aus. Aber nicht nur der Zigarettenqualm zerfraß sie. Nein. Leider. Es war auch die Situation, die ihr das fürchterliche Aussehen verlieh. Kleine traurige Augen lugten geistesabwesend aus schweren, dunklen Schatten hervor. Die Augenringe schienen sich von Tag zu Tag zu vergrößern. Die Gesichtsfarbe einer wandelenden Leiche gleichend. Die schönen Haare ungekämmt. Von den Spuren der schlaflosen Nacht gezeichnet. Schwarze, seidige Kleidung umhüllte ihren Körper. Hin und wieder löste sich eine verstohlene Träne aus ihren Augen. Leif einsam die blasse Wange entlang. Tropfte in den kalten Kaffee und vermischte sich mit ihm.
„Sebastian“, murmelte Moni. Immer und immer wieder.
Ich blickte wieder in meine Schokolade. Ich konnte diesen Anblick voller Zerbrochenheit und Hilflosigkeit einfach nicht ertragen. Nahm dann ihre Hand. Sie war eiskalt.
„Moni“, flüsterte ich. Ihr Blick streifte mich kurz. Er war leer. Die Pupillen ganz klein.
„Sebastian!“, kreischte sie plötzlich. Einige Leute drehten sich erschrocken zu uns.
„Moni“, sagte ich eindringlich.
„Alles wird gut“
Ich sagte es so dahin, obwohl ich ganz genau wusste, dass nichts gut werden würde. Niemals. Überhaupt nichts. Er war gestorben. Auf tragische Weise. In ihren Armen. Gestorben durch einen sinnlosen Verkehrsunfall. In ihrer Hochzeitsnacht. Monis Traumprinz. Er war betrunken.
‚Das einzige Mal in seinem Leben’, so wie Moni meinte. Das einzigste Mal in seinem Leben und das letzte Mal. Alles war so dramatisch. Von der Fahrbahn abgekommen. Sie selber saß daneben. Aber außer einem riesigen Schock hatte sie nichts erlitten. Gab sich auf einmal die Schuld für diesen Unfall. Doch sie konnte doch überhaupt nichts dafür! Überhaupt nichts!

18.06.2007, 18:51	#1
honeydream Dabei seit: 06/2007 Beiträge: 4 Meine Geschichten*	Hochzeitsnacht Ich blickte verstohlen in die heiße Schokolade vor mir, in der ich seit fünf Minuten rührte. Dann schaute ich doch auf. Moni saß mir gegenüber. Sie rauchte. Ich hatte nicht mitgezählt, die wievielte Zigarette es in dieser halben Stunde schon war. Vielleicht die Zehnte schätzte ich. Meine beste Freundin sah schrecklich aus. Aber nicht nur der Zigarettenqualm zerfraß sie. Nein. Leider. Es war auch die Situation, die ihr das fürchterliche Aussehen verlieh. Kleine traurige Augen lugten geistesabwesend aus schweren, dunklen Schatten hervor. Die Augenringe schienen sich von Tag zu Tag zu vergrößern. Die Gesichtsfarbe einer wandelenden Leiche gleichend. Die schönen Haare ungekämmt. Von den Spuren der schlaflosen Nacht gezeichnet. Schwarze, seidige Kleidung umhüllte ihren Körper. Hin und wieder löste sich eine verstohlene Träne aus ihren Augen. Leif einsam die blasse Wange entlang. Tropfte in den kalten Kaffee und vermischte sich mit ihm. „Sebastian“, murmelte Moni. Immer und immer wieder. Ich blickte wieder in meine Schokolade. Ich konnte diesen Anblick voller Zerbrochenheit und Hilflosigkeit einfach nicht ertragen. Nahm dann ihre Hand. Sie war eiskalt. „Moni“, flüsterte ich. Ihr Blick streifte mich kurz. Er war leer. Die Pupillen ganz klein. „Sebastian!“, kreischte sie plötzlich. Einige Leute drehten sich erschrocken zu uns. „Moni“, sagte ich eindringlich. „Alles wird gut“ Ich sagte es so dahin, obwohl ich ganz genau wusste, dass nichts gut werden würde. Niemals. Überhaupt nichts. Er war gestorben. Auf tragische Weise. In ihren Armen. Gestorben durch einen sinnlosen Verkehrsunfall. In ihrer Hochzeitsnacht. Monis Traumprinz. Er war betrunken. ‚Das einzige Mal in seinem Leben’, so wie Moni meinte. Das einzigste Mal in seinem Leben und das letzte Mal. Alles war so dramatisch. Von der Fahrbahn abgekommen. Sie selber saß daneben. Aber außer einem riesigen Schock hatte sie nichts erlitten. Gab sich auf einmal die Schuld für diesen Unfall. Doch sie konnte doch überhaupt nichts dafür! Überhaupt nichts!