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Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken.

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Alt 05.11.2015, 10:43   #1
männlich gelberhund
 
Benutzerbild von gelberhund
 
Dabei seit: 02/2015
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Alter: 45
Beiträge: 1.625

Standard aus den gräbern ...

5.11.2015
~

ich dachte einmal ich könnte leben
die tür des grabes aufschließen
meine knochen sammeln
dem herz zu befehlen neu zu blühen
und aufstehen und eintreten
in diese tote welt
die doch gras und bäume hat
in der eingangshalle des friedhofs

und meine eltern zu rufen
aus ihren grabhäusern
ihre augen zu erkennen wie frische blumen
blut zu bekommen aus dem wind
und dann mit mir
kaffee zu trinken irgendwo im ort
wo es vielleicht nach frühling riecht

gibt es lebendige außer den toten?
oder nur angestellte dieses himmels?
engel mit berufen wie kellner, taxifahrer..
kinder mit der zeit der ewigkeit
für ein spiel
mit den steinen die wir suchen
um spielend den tod zu vergessen...
gelberhund ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 06.11.2015, 14:25   #2
männlich c6h12o6
 
Benutzerbild von c6h12o6
 
Dabei seit: 10/2015
Ort: Hochdeutsch in Bayern
Beiträge: 21

Ich mag es wie du diese Sinneseindrücke der Natur einbeziehst.
1.4 - "herz neu blühen"
2.3 - "erkennen wie frische Blumen"
2.7 - "nach Frühling riech"

Das lässt das Ganze so lebendig, so wahrnehmungsvoll wirken, obwohl man mit dem Titel "Aus den Gräbern" eher etwas anderes erwartet. Mein Erwartung war eher etwas Kaltes, Farbloses. Aber genau durch diese Momente, wirkt das Ganze so identisch zum jetzigen Leben
Auf jeden Fall etwas, was ich meinem Deutschlehrer gerne zum Analysieren auf den Tisch klatschen würde. Gerade der letzte Teil ist unglaublich anspruchsvoll. Wärst du so nett, und würdest mir das anders erklären, oder zumindest deine Absicht erläutern?
c6h12o6 ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 06.11.2015, 19:22   #3
männlich gelberhund
 
Benutzerbild von gelberhund
 
Dabei seit: 02/2015
Ort: erzgebirge
Alter: 45
Beiträge: 1.625

Gerne. Bei diesem Gedicht drehte ich die Wirklichkeit um und mache aus dem Tod so etwas wie eine Geburt. Statt ins Grab zu gehen, stehen wir aus ihm auf und gehen in das Leben. Um das ganze poetisch auszuschmücken gebe ich den Engeln Berufe und versuche darzustellen wie sie auch ein ganz normales Leben haben und Beziehungen und einen Alltag.

In der Theologie wird der Himmel manchmal als die "obere Welt" bezeichnet. Es gibt da auch manchmal Verbindungen, so daß wir etwas von der Reinheit und Schönheit dieser oberen Welt erfahren weil sie sich mit unserer ebenfalls schönen aber andersartigen unteren Welt verbindet.

Und wir spielen mit den Steinen des Lebens um den Tod zu vergessen weil er uns vieles schwer und traurig macht. Deshalb ist es wichtig, wie Marcel Proust sagte, sich ein Stück Himmel über dem Kopf zu bewahren und zu verinnerlichen daß dieses Leben hier unten nicht alles ist.

Das habe ich versucht darzustellen. Danke fürs Lesen!
gelberhund ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 06.11.2015, 19:56   #4
männlich c6h12o6
 
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Beiträge: 21

Dankeschön dafür,
Schöne Idee und echt gut umgesetzt, gefällt mir wirklich. "Steine des Lebens" ist wirklich ein so treffender Ausdruck. Und die Umkehrung war ein super Gedanke, dadurch wird soetwas wie der letzte Teil erst möglich. Top!
c6h12o6 ist offline   Mit Zitat antworten
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