Poetry.de - das Gedichte-Forum
 kostenlos registrieren Letzte Beiträge

Zurück   Poetry.de > Geschichten und sonstiges Textwerk > Geschichten, Märchen und Legenden

Geschichten, Märchen und Legenden Geschichten aller Art, Märchen, Legenden, Dramen, Krimis, usw.

Antwort
 
Themen-Optionen Thema durchsuchen
Alt 02.10.2015, 19:14   #1
männlich c6h12o6
 
Benutzerbild von c6h12o6
 
Dabei seit: 10/2015
Ort: Hochdeutsch in Bayern
Beiträge: 21


Standard Kalter Feuerregen

Je mehr Texte ich les’ desto unspektakulärer werden meine Eigenen. Die Handlung wirkt so dünn und meine Wortwahl wie die eines Grundschülers. Schlechte Metaphern, grammatikalische Fehlkonstruktionen und überflüssige Stilmittel lassen meine Sätze verblassen. Von einem selbstsicheren ‘schwarz’ zu einem unbekannten ‘grau’. Weder schön noch ansehlich geht der Tiefere Sinn, den ich schwörte zu bewahren, im Reden der Oberflächlichkeit verloren. Fehlendes Hintergrundwissen und sachgemäß-falsche Definitionen machen Erklärungen, Beispiele und Gründe unstimmig und alles was ich schreibe verliert an Bedeutung.Ohne auf den Punkt zu kommen, verlier’ ich die Lust am Schreiben, denn egal was ich aufbaue, wirkt instabil und zerbrechlich. Vielleicht finden meine Texte irgendwann ‘mal wieder ‘ne Farbpalette und das Ganze wird wieder zu ansehnlicher und ausdrucksstarker Kunst.

Der Autor Von Horwath nannte die Jugend schon gottlos. Vielleicht hatte er Recht. Wir nehmen, was uns vor den Füßen liegt, geben, was uns nicht von Nutzen ist. Von Gott gelenkt ist sicher nichts, was wir handeln. In kaum einem von uns steckt noch eine göttliche Kraft. Wir fließen mit dem Strom, lassen das Wasser wie Forellen über unsere Schuppen gleiten. Wer sich treiben lässt, erfährt kein Widerstand und das ist was wir wollen. Mit wenig Energie an das Ziel gelangen. Doch was ist das Ziel? Wartet am Ende eines Flusses nicht das Meer? Sind wir kleinen Fische wirklich bereit in ein endloses, graues und tiefes Meer entlassen zu werden? Wie lange leben wir? Das Ziel ist vielleicht unser Ende.
Eine Sirene durchbricht den stillen Lärm und die Luft gefriert ein paar Grade kälter auf meinen Augen. Die Finger kühlen weiter ab und Gott naht. Was ist Gott? Gerechtigkeit bestimmt nicht. Er nimmt Frommen das Leben und begnadigt die Sünder auf Erden. Oder vielleicht doch? Frieden ist er ebenfalls nicht. Kinder sterben im Blut ihrer Eltern, Reiche bombadieren Dörfer und Familienväter verlieren ihre Glieder im Hagel des Donners. Männer sterben für Frauen, Frauen sterben für Kinder, Kinder sterben für eine Kindheit. Ist das der Friede? Ist das Gottes Werk? Vielleicht ist das auch unsere Schuld. Die Menschheit ist verkorkst und tot. Ist Gott Gier? Macht? Hohn? Vielleicht ist Gott auch einfach nur der Tod. Jeder möchte sich an etwas halten können, wenn sein Herzmuskel zum allerletzten Mal einen Impuls aussendet. Doch Gott wird uns alle holen. Er naht.
Der Schall des Horns verschwindet in den Abgasen und leise schlafen die letzten Vögel in den Baumkronen ein.
Eine Karikatur erstreckt sich über die komplette nächste Seite. Naja, mehr eine künstlerische Zeichnung. Ja, wirklich Kunst, denn sie löst etwas aus.
Hass. Der Himmel ist orange und färbt sich senkrecht von blau zu lila. In einem Felsen gemeißelt, stehen Hunderte von Figuren aus Stein. Alle Grau und in der Ferne vernebelt und unklar. Eine orange Figur, versucht sich von dem Sprung zu Lösen. Kämpft gegen das Gestein, welches sich ausdehnt und brüchig wird. Er steckt dort fest. Gezwungen dem Norm ein Teil zu sein. Warum dieser gefühlte Hass? Dieser Hass gilt der Natur. Aber nicht den Steinen, die die orange Figur in der Felswand hält, sondern der Natur des Menschens. Reihum stehen die Statuen ohne sich zu wehren. Jede versucht ein Teil des Stroms, ein Fisch, zu sein. Wieso sich keiner wehrt? Warum auch. Gott ist nicht da. Gott sieht uns nicht. Gott sieht nicht alles, denn Gott ist blind. Wir sind alle ein Teil dieser Reihe. Niemand ist Anders. Die Jugend ist gleich. Egal, wie anders du denkst, du bist kein Individuum. Solange du in einer Gesellschaft lebst, bist du wie alle anderen. Deine Gedanken sind wertlos, bilde dir nichts auf dein Anders-Sein ein, denn du bist feig. Wir sind es alle. Wir urteilen über Judas, verhalten uns aber stets selbst so. Wer bist du, um dich anders zu nennen? Solange du nicht richtest, kannst du nicht gerichtet werden. Es fällt schwer das zu akzeptieren, aber du bist auch nur ein Fisch im Teich. Und geködert werden wir alle. Sei es durch Liebe, Geld oder Macht. Hochentwickelte Spezies nennen wir uns. Diese Worte stehen auf jeder Rakete, jedem Gewehr und jeder Granate. Mit diesen Worten im Mund schlachten wir Unsergleichen ab, nur wegen Überzeugungen. Macht nur. Das muss die Lösung sein. Die Lösung? Die Lösung Gott zu begegnen.
Das Gute schnappt zwanghaft nach Luft, bis es realisiert, dass die rasende Unterwelt seine Fersen umschlingt. Jetzt ist es verwundbar. Achilles letzte Schlacht wurde soeben geschlagen. Die ersten Tränen laufen über das wiederspiegelnde Gesicht einer Lebensführung, die uns verlegen auf den Boden schauen lässt. Nur Lucifer mag zu verwissen, was solch Menschen denken. Vielleicht schweben seine Frau und Tochter ihm im Kopf herum, er denkt an all die schönen Tage, wobei er nie die Regentage ausblendet. Langsam, während sein Herz sich sonnenrot färbt und der Nebel sich dichter anschleicht, dreht er seinen Kopf zum Himmel. Er lächelt ihn an. Sein Blick verschwimmt, alles wird unscharf. Die Decke und Wände kommen auf ihn zu. Irgendetwas zerrt in ihm. Er schließt seine Augen, öffnet sie wieder. Durch eine Öffnung sieht er den feuerroten Himmel und die kühlen Wolken, wie sie vom Himmel fallen. Der Asphalt brennt, die Wiesen reißen in Stücke. Er schließt seine Augen, öffnet sie aber wieder. Leise Stimmen wandern in Gestalt von Wind durch die Gassen. Die Geister, die gerufen wurden, betreten den dunklen Raum. Lächelnd und tanzend umkreisen sie den gefallenen Kämpfer. Er atmet aus. Sein Geist sieht ihm in die Augen. Langsam öffnet der Nebel seine Pforten. Es wird kalt. Sein Gesicht erstarrt. Er schließt die Augen, öffnet sie diesmal jedoch nicht mehr. Gott ist da.

Wir können viel diskutieren, worauf wir bauen und woran wir glauben. Letztlich besteht die Kunst des Lebens doch darin, sich selbst ein sympathischer Egoist zu sein. Der Glaube kann uns helfen, auch ein jeder Atheist beneidet Gläubige für ihre Offenheit, einer höheren Macht eine noch höhere Kraft zu zusprechen. Schließe deine Augen nie. Laufe den Weg des Lebens nie blind.

Zitat:
Religion is like a penis
It's usual and normal to have one. You even can be proud of it.
But: do not pull it out in public, do not hate others for having none/a different one, do not push it to children, do not write laws with it, do not even think with it
c6h12o6 ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 03.10.2015, 13:37   #2
Thing
R.I.P.
 
Benutzerbild von Thing
 
Dabei seit: 05/2010
Beiträge: 34.998


Meinst Du Ödön von Horváth?
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 06.11.2015, 13:29   #3
männlich c6h12o6
 
Benutzerbild von c6h12o6
 
Dabei seit: 10/2015
Ort: Hochdeutsch in Bayern
Beiträge: 21


Zitat:
Zitat von Thing Beitrag anzeigen
Meinst Du Ödön von Horváth?
Ja, meinte ich. War mir nur nicht ganz sicher, wie man in schreibt und ob der Nachname nu "Von Horvath" ist, oder das Ganze nur ein Künstlername ist. Der Text entstand in einer Zeit, wo ich kein Internet zur Verfügung hatte. Eigentlich Unsinn, da ich ein Buch mit seiner Biographie drei Meter weiter liegen habe. Hat die Faulheit wohl gewonnen
Danke, für die Korrektur
c6h12o6 ist offline   Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen für Kalter Feuerregen



Ähnliche Themen
Thema Autor Forum Antworten Letzter Beitrag
Kalter Staub Rosetta Dewey Zeitgeschehen und Gesellschaft 1 10.10.2016 16:50
Kalter Trost Markus Ott Düstere Welten und Abgründiges 6 12.05.2013 13:33
Kalter Wald Orakel Tanka-, Haiku- & Senryu-Gedichte 4 29.03.2013 00:56
kalter Wandel Klangfarbe Philosophisches und Nachdenkliches 0 14.02.2013 21:17
kalter krieg traumtänzerin Düstere Welten und Abgründiges 5 30.10.2006 12:02


Sämtliche Gedichte, Geschichten und alle sonstigen Artikel unterliegen dem deutschen Urheberrecht.
Das von den Autoren konkludent eingeräumte Recht zur Veröffentlichung ist Poetry.de vorbehalten.
Veröffentlichungen jedweder Art bedürfen stets einer Genehmigung durch die jeweiligen Autoren.