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Alt 13.01.2024, 04:37   #1
männlich Wolle
 
Dabei seit: 02/2020
Ort: Niederrhein
Alter: 66
Beiträge: 28


Standard Buddhas Wege hinter Gittern

Ein dumpfes Geräusch, ein Rasseln . Hinter ihm schließt sich das schwere Anstaltstor. Zwölf Jahre hat er hier verbracht, zwölf Jahre hinter Mauern und Stahltüren.
Während seines Aufenthaltes im Knast, hatte er sich intensiv mit Buddhismus beschäftigt.
Ein Zellengenosse, der schon bald, an Krebs erkrankt, in ein Krankenhaus eingeliefert wurde, schenkte ihm ein Buch, das die Weltansicht des Buddhismus beschrieb, gegen die, so stand es zumindest im Klappentext, jede andere Lehre kleinlich und borniert erscheinen muss. Eine, na sagen wir mal, religiöse Bewegung, die in den letzten Jahrzehnten weltweit so viel Interesse erregt und so starken Zulauf gefunden hat, wie keine andere.
Dreizehn Jahre war es nun her, dass er eine Bank überfallen hatte. Auf den Kassierer hatte er geschossen, als dieser den Alarmknopf betätigen wollte. Eine Zeit, in der er nicht Herr seiner Sinne war. Die Arbeitslosigkeit hatte ihn in den Alkohol getrieben, Schulden wuchsen ihm über den Kopf und er wusste nicht mehr ein noch aus. Prügel wurde ihm angedroht, wenn er nicht bald seine Schulden zurückzahlen würde. Man wollte ihm die Hütte anstecken, seinen Sohn kidnappen. Seine Frau wurde beschimpft. Sie trennte sich bald von ihm, nahm den Sohn mit, zu ihrem neuen Lover. Na ja, konnte er ihr noch nicht mal übel nehmen.
Schnell hatte man ihn gefasst, eine Stunde nach der Tat. In der alten Gartenlaube hatte er sich versteckt, mit der mageren Beute von fünftausend Euro. Hier hatte er seine Saufexzesse praktiziert, klar, dass er hier zu finden war. Ein ehemaliger Arbeitskollege hatte ihn aus der Bank laufen sehen und die Polizei informiert.
Ein hartes Urteil, das der Richter sprach aber schließlich war der Kassierer, durch den Schuss aus der alten Militärpistole, tödlich getroffen worden.
„Es ist Grün, mein Herr“, macht ihn eine alte Dame auf das Ampelsignal aufmerksam.
„Oh, vielen Dank, aber ich warte noch.“
Kopfschüttelnd sieht sie ihn an und geht weiter.
„Mit dem stimmt irgendetwas nicht, das habe ich im Gefühl“, plappert sie vor sich her.
Zwölf Jahre, zwölf Jahre war hier sein Zuhause, hier hinter den dicken Mauern. Wer würde draußen auf ihn warten? Sein Sohn würde ihn nicht kennen und seine Exfrau …. .
Er hatte einen Brief von seiner Schwester bekommen, kurz vor seiner Entlassung.
Eine möblierte Wohnung hat sie für ihn freigemacht, in dem alten Sechsfamilienhaus ihres Mannes. Das war der einzige Brief von ihr, der einzige in zwölf Jahren.
Ein bisschen Geld hatte er im Knast verdient. Eine Schreinerausbildung hatte er dort gemacht und später in der Produktion gearbeitet. Sie stellten Fußbänke, Tische und noch ein paar andere Kleinmöbel her. Er hatte es bis zum Vorarbeiter gebracht, was in so einer Anstalt immer von Vorteil war.
„Der Schlüssel zur Wohnungstüre liegt unter der Fußmatte“, hatte die Schwester noch geschrieben. „Von den alten Mietern wohnt keiner mehr in dem Haus. Russische und polnische Familien sind in letzten Jahren hier eingezogen. Die kennen Dich nicht, wissen also auch nichts von dem Raubüberfall.“
Die Gesichter der Hochhäuser sind anonym, wie eh und je. Hier, in dieser Millionenstadt, verlaufen sich die Geschehnisse, als wären sie nie dagewesen. Einerseits von Vorteil, andererseits ein Trauerspiel. Die Menschen sind sich fremd, schließen die Augen und schweigen.
Was ihn wundert, dass die Wohnung sauber ist. Ein paar Kleinigkeiten stehen im Kühlschrank und auf dem Küchentisch liegt ein Brief.
„Habe die Bude geputzt und auch ein paar Sachen eingekauft. Kann Dich erst in drei Wochen besuchen. Wir fliegen nach Florida, in den Urlaub. Machs gut und sieh zu, dass Du Arbeit bekommst.
Gruß von Deiner Schwester Lea.“
Er legt den Brief auf den Tisch zurück, schmiert sich zwei Brote und macht sich, auf der braunen Ledercouch, lang. Sein Sohn hatte früher, wenn er so auf der Couch lag, auf Vaters Bauch gestrampelt und ihn vollgesabbert, dieses kleine Menschlein.
Leben ist Leiden. Der Mensch begehrt und begehrt und ist nie zufrieden mit dem, was er gerade hat.
Das hatte er im Buddhabuch gelesen und lange über diese Passage nachgedacht. Buddha hat Gott nicht personifiziert, ihm nicht, wie im Christentum und anderen Religionen, Gestalt und Farbe gegeben. Für ihn ist Gott Gesetz, eine immaterielle Kraft. Wer diesem Gesetz folgt, belohnt sich, denn er tut sich Gutes. Die Verantwortung liegt bei dir – ob du ihm folgst oder nicht.
Schwerer Tobak! Sein Leben lang war ihm alles Mögliche suggeriert worden. Du musst ehrgeizig sein und etwas erreichen. Sei ruhig ein wenig rücksichtslos, das sind andere schließlich auch. Auf dem Weg, zur sogenannten Reife, zeigt uns die Entwicklung viele verführerische Pfade.
Diese revolutionäre Veränderung aber, da war er sich sicher, ist der Weg zur Wahrheit. Buddha sagt:
„Ein Mensch der versteht, genießt es einfach da zu sein. Der Moment ist ihm genug. Derjenige, der begehrt, wird im Leid vergehen. Nie ist ihm etwas genug. Die Freude am Erreichten wird vergehen und er wird mehr und mehr begehren – um sich zu erfreuen. Er schmückt den Moment mit Vergänglichkeit und schwimmt bald schon im Leid der Gier.“
Vor fünf Jahren, hatte er mit Meditation begonnen. In Büchern las er über Sitzhaltungen, Atemtechniken und Konzentrationsübungen. Nach einer Weile intensiver Übung, schaffte er es sogar, im Lotussitz zu meditieren. Anfänglich bereitete ihm diese Übung gewaltige Schmerzen aber, er war hart gegen sich selbst und so spielten Sehnen, Bänder und Gelenke sich bald auf diese ungewohnte Sitzhaltung ein.
Er beschließt, die Vergangenheit Erinnerung sein zu lassen. Sie ist ein Teil von ihm, er hat sie gelebt, allerdings mit seinem damaligen Bewusstsein.
Zwei Wochen, nach seiner Haftentlassung, bekommt er von seinem Arbeitsvermittler ein Stellenangebot. Eine Schreinerei, die unweit seines Wohnortes liegt, sucht zwei Facharbeiter. Der Inhaber fragt nicht nach Papieren, lässt ihn eine Woche zur Probe arbeiten und ist begeistert von seinen Fähigkeiten. Er bekommt den Job, wird auch dort, nach einiger Zeit, Vorarbeiter.
Einen großen Teil seiner Freizeit verbringt er in einem Heim für geistig- und körperbehinderte Kinder. Er ist dort ehrenamtlich tätig, geht mit ihnen spazieren, liest ihnen vor oder zeigt ihnen einfache Holzarbeiten.
Vielleicht ist er der Wahrheit ein wenig nähergekommen. Zur Erleuchtung wird es nicht reichen, aber er hat einen guten Weg betreten.

Geändert von Wolle (13.01.2024 um 08:50 Uhr)
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Alt 15.01.2024, 19:51   #2
kofski
abgemeldet
 
Dabei seit: 01/2024
Beiträge: 378


Ich gehe jetzt mal nicht auf Kommafehlerpipifax ein, können andere besser.
Insgesamt wirkt die Geschichte ein wenig bekehrerisch und das Ende ist zu stark gerafft.

Wir haben hier zwei Zeitebenen, die werden auch gramatikalisch getrennt, Vergangenheit und Gegenwart. Er hängt an der Vergangenheit und lebt in seinen Erinnerungen, die Ampel wird grün und er merkt es nicht. Kenne ich. Ich kann mich identifizieren. Ich brauche die Kenntnis über die genaue Straftat nicht. Stellen wir uns das mal als Film vor:
Erstes Bild: Dude comes out of jail.
Zweites Bild: Kurze Rückblende an Frau und Sohn.
Drittes Bild: Die Ampel.
Dann aber gibt es eine Wohnung der Schwester - wer hat schon so eine Schwester? Wozu sie als Figur einführen, wenn nicht klar ist, was er für sie empfindet?

Und dann der Rest schnell zuende erzählt, eine plötzliche dritte Zeitebene der Zukunft. Das wirkt auf mich so, als wollte der Autor (oder *in oder *irgendwasdazwischen, ich verwende mal die sprachlich männliche Form) die Seite möglichst vollschreiben und abschließen, dabei hat das Thema und die Figur Potential für mehr.
Aber die Struktur stimmt nicht. Es ist "und dann und dann und dann" statt "und darum und dann deswegen und letzlich dadurch". Mir fehlt die Kausalität. Die Kettenreaktion der Ereignisse. Wozu den Sohn erwähnen, wenn er am Ende irrelevant ist?

Ich gehe nicht auf Dinge ein, die mir gefallen haben, drum mag die Kritik jetzt harsch erscheinen, aber ich will dir nur helfen, das Ding zu verbessern. Bin übrigens auch Buddhist.
LG
kofski ist offline   Mit Zitat antworten
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Stichworte
buddha, knast, neue wege



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