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Alt 03.03.2014, 01:42   #1
weiblich MrsJamesBlunt
 
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Dabei seit: 12/2013
Ort: Oz
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Beiträge: 19


Standard Kim

Hallo meine Lieben Ich habe hier eine Geschichte, die mir sehr am Herzen liegt. Ich würde mich über Kommentare freuen. Lasst auch verbesserungsvorschläge da Ich hoffe sie gefällt euch...

Kim

Es klopfte an der dicken Tür des Informatikraums. Doch ich war so beschäftigt damit, eine Lösung für mein Problem zu finden, dass ich gerade mal das Klopfen wahrnahm. Bis ich meinen Namen an der Tür hörte: „Kann ich kurz mit Anna Fischer sprechen?“ Ich kannte diese Stimme. Es war die Mutter meiner besten Freundin. Ich schaute von meinem Bildschirm auf und sah meinen Lehrer gleichgültig die Achseln zucken. Er drehte sich zu mir um: „Nur kurz...“ Ich stand auf und ging zur Tür, die ich hinter mir schloss. Miriam schaute mich ernst an. „Wo ist Kim? Sie wollte mir bei meinem Problem helfen.“, fragte ich. Ihr lief eine Träne über die Wange. „Hey, was ist los?“, fragte ich schnell und legte meine Hand tröstend auf ihren Arm. „Ich... Sie... Sie hat... sich letzte Nacht umgebracht.“ Ich stand wie gelähmt da und schaute sie an. Das konnte nicht stimmen. Das durfte nicht wahr sein. „Sie ist heute morgen nicht mehr aufgewacht. Wir haben Schlaftabletten bei ihr gefunden.“ Miriam war nun etwas gefasster. Ich glaube, sie hatte selber noch nicht ganz realisiert, was passiert war. Das hatte ich auch nicht. Und hätte ich ihre Leiche nicht gesehen, würde ich immer noch auf eine Nachricht von ihr warten. Vorher konnte ich es einfach nicht glauben. Ich wusste, dass es die Wahrheit war, doch glauben konnte ich es nicht.
Ich stand immer noch wie angewurzelt da und brachte kein Wort heraus. „Wir haben einen Umschlag mit deinem Namen bei ihr gefunden. Ich weiß nicht was drin ist.“ Sie hielt mir den Umschlag hin. Mit zitternden Händen nahm ich ihn entgegen. „Danke...“, sagte ich und nach einem Augenblick des Schweigens umarmte ich sie. „Es tut mir so leid. Ich wusste nicht... ich wusste nicht, dass sie vorhatte...“ Ich ließ das Ende des Satzes offen.Ich dachte nicht, dass es jemand hören wollte. Miriam löste sich von mir. „Ich muss jetzt los. Ich sag dir Bescheid, wenn ich weiß, wann die Beisetzung ist.“ Ich nickte. Sie ging und ließ mich mit meinem Umschlag alleine auf dem Flur.
„Alles klar?“ Ich drehte mich erschrocken um. Mein Informatiklehrer stand im Türrahmen. Ich schüttelte den Kopf und fing an zu weinen. Die Information drang langsam an mein Hirn. Und tief in mein Herz. „Sie war immer so ein fröhlicher Mensch, hat immer gelacht... Ich hätte nie gedacht, dass sie so sterben würde.“ Er stand wohl schon länger dort. „Nicht jeder, der lacht ist glücklich.“, sagte ich. Die Tränen liefen nun wie Flüsse von Schmerzen mein Gesicht herunter. „Aber jeder, der weint ist ehrlich... Du hattest sie wirklich lieb...“ Ich konnte ihm nicht ins Gesicht gucken. Mir war nie etwas peinlich, aber vor anderen weinen konnte ich nicht. „Ich weiß nicht, was ich ohne sie machen soll!“, sagte ich, als ich mich einige Zeit später wieder ein wenig gefasst hatte. Und ich meinte das vollkommen ernst. Kim war die einzige Person, die mich wirklich kannte. Sie wusste wirklich alles über mich. Sie war die einzige Person, die von meinen Gefühlen wusste und mit ihr redete ich über alles. Dank ihr musste ich keinen Psychiater besuchen. Was würde ich nun ohne sie tun? Einen Psychiater besuchen? Oder eine Person suchen, der ich alles über mich erzählen könnte? Das würde ewig dauern. Eine solche Person zu finden und ihr alles zu erzählen... Ich vermisste Kim schrecklich. Nicht weil sie in diesem Moment nicht da war, sondern, weil mir langsam klar wurde, dass sie nie wieder da sein würde. Und mit diesem Gedanken brach ich zusammen. Ich fiel auf die Knie und weinte. Herr Schröder kniete sich neben mich und nahm mich in den Arm, wie ein Vater sein Kind. Er versuchte, mich zu trösten, doch ich hörte ihn nicht. Ich dachte nicht darüber nach. Ich war wie weggetreten. Ich war für einige Zeit in einer einsamen Luftblase. Niemand konnte mich ansprechen und ich konnte niemanden ansprechen. Die einzige Person, die ich je in diese Luftblase hereingelassen hatte, war Kim. Wo sollte ich nun eine Person finden, die ich zu mir lassen konnte? Die mir berichten konnte, was in meinem Umfeld, von dem ich abgeschnitten war, passierte? Die mir helfen konnte, aus meiner Luftblase herauszukommen?
Mittlerweile waren wir aufgestanden und knieten nicht mehr auf dem Flur. Immerhin ein Fortschritt. Ich kam langsam wieder zu mir. Mir fiel ein, dass ich den Umschlag noch ungeöffnet in der Hand hielt. Ich schaute ihn misstrauisch an. Ich wusste nicht, ob ich ihn wirklich öffnen wollte. Herr Schröder hielt mir ein Taschentuch hin. Ich nahm es dankbar an und wischte mir die Tränen vom Gesicht. „Was ist das?“ Er deutete auf den Umschlag. „Ich weiß nicht. Der wurde bei Kim gefunden. Mein Name steht drauf.“, antwortete ich, noch immer etwas neben mir. „Willst du ihn nicht aufmachen?“
„Ich weiß nicht, ob ich wirklich wissen will, was drin ist.“
„Ich will wissen, was drin ist.“ Ich schaute ihm kurz in die Augen. Dann riss ich vorsichtig den Umschlag auf. Darin war eine Kette. Daran eine Träne aus Granat. Sonst nichts. „Wie für dich gemacht...“, meinte Herr Schröder nachdenklich. „Kim und ich waren vor ein paar Monaten in der Stadt. Wir haben diese Kette gesehen und wussten, dass sie wie für mich gemacht ist. Der Stein... So dunkelrot... fast schwarz. Wie für eine Vampirprinzessin... Aber die Kette ist aus Gold. Das war zu teuer. Ich fasse es nicht! Sie hat mir die Kette vor ihrem Tod gekauft.“ Die Tränen liefen langsam über mein Gesicht. Diesmal fast aus Freude. Ich legte die Kette an. Und da wusste ich, dass Kim noch da war. Sie würde immer da sein.
Kims Beerdigung war feierlich. Jemand spielte Geige, ein Chor sang und jeder konnte sich am offenen Sarg von ihr verabschieden. Es war keine traurige Feier. Sie war festlich. Fast, wie in „Solange es Menschen gibt“. Als ich irgendwann an ihrem Sarg stand und sie sah, wurde mir klar, dass nur noch ihre Seele bei uns war. Sie sah so friedlich aus. Fast, als würde sie nur schlafen. Und trotzdem, sah man ihr an, dass sämtliches Leben sie verlassen hatte. Ich gab ihr vorsichtig einen Kuss auf die Stirn und ging zurück. Herr Schröder war auch gekommen. „Du kannst erst jetzt richtig damit abschließen, oder? Du brauchtest einen Beweis dafür, dass sie nicht zurückkommt, nicht wahr?“ Ich schaute zu ihm hoch. Genau das brauchte ich. Einen Beweis. Er verstand das. Er war die Person, die mich aus meiner Luftblase holen konnte. Er hatte es schon getan. Im Flur. Er hat mir aufgeholfen. Er würde die rettende Person für mich sein...
MrsJamesBlunt ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 03.03.2014, 16:24   #2
weiblich November
 
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Eine schöne Geschichte. Nicht vom Inhalt her schön, aber die Umsetzung ist wirklich sehr gelungen. Du hast die Gefühle sehr realistisch rübergebracht und ich hab mich gefühlt als wäre ich selbst die Hauptperson. Hat mich zu Tränen gerührt. Du hast gesagt, dass nicht jeder der lacht glücklich ist und eben andersrum. Ich muss dir da vollkommen zustimmen! Es ist leider so.

LG November
November ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.03.2014, 01:04   #3
weiblich MrsJamesBlunt
 
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Beiträge: 19


Oh dankeschön das ist ein großes Kompliment für mich!
MrsJamesBlunt ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 05.03.2014, 11:11   #4
männlich Chris Farmer
 
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Beiträge: 59


Guten morgen Mrs.JamesBlunt

Deine Geschichte beinhaltet so viele Gefühle und Themen die sehr gut umgesetzt sind. Gerade für Deine jungen Lenze die du erst zählst bewundernswert. Mir gefällt es sehr gut. Mach weiter so. Das Ende ist so gestaltet das man neugierig wird. Andererseits besteht die Gefahr das es in die Richtung gehen wird in der die "Nachmittagsunterhaltungsshows" gehen. Dies wäre dann zu abgedroschen.

Fazit: Klasse

mit lieben Grüßen
Chris Farmer
Chris Farmer ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 05.03.2014, 22:28   #5
weiblich MrsJamesBlunt
 
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Alter: 26
Beiträge: 19


Auch dir vielen Dank. Es freut mich, dass euch die Geschichte gefällt Ich hab beim Schreiben übrigens auch geweint...

Grüße
MrsJamesBlunt
MrsJamesBlunt ist offline   Mit Zitat antworten
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