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Lebensalltag, Natur und Universum Gedichte über den Lebensalltag, Universum, Pflanzen, Tiere und Jahreszeiten.

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Alt 06.08.2016, 18:55   #1
männlich von Daheim
 
Dabei seit: 08/2016
Ort: Wien
Beiträge: 42

Standard auf Kur

Die Bewilligung ist da
Für die Kur, Dank PVA
Schauen wir mal, wo geht es hin
In ein Moorbad, das hat Sinn
Tut sicher gut den müden Knochen
Gesundheit pur, und das drei Wochen

Das Kurhaus, schön und abgelegen
Rundum viel Wald mit Wanderwegen
Naturschutz gilt auch für das Moor
Sogar ein kleiner Bach kommt vor
Die Gegend passt genau hierher
Mein lieber Freund, was willst du mehr

Beim Einchecken, die Mitarbeiter
Sie sind sehr freundlich, lächeln heiter
Das Zimmer neu, mit Sonnenstrahlen
Und man muss nur den Tagsatz zahlen
Privat könnt ich mir das nicht leisten
Da geht’s mir sicher wie den Meisten

Im Speisesaal, in den man eilt
Wird ein Platz mir zugeteilt
Der Mittagstisch, der ist für vier
Ich bin hier falsch, so denk ich mir
Die Nase oben, sitzen hier schlicht
Nur Leute aus der Führungsschicht

Eine Frau Doktor, nicht ganz schlank
Erklärt, sie sei nicht wirklich krank
Hier sei sie nur, um zu probieren
Wie kann man Kilos reduzieren
Und mokiert sich aufgeregt
Was in der Speisekarte steht

Ein Herr Direktor, mit roter Nase
Sagt, er hat was auf der Blase
Und etwas stimmt nicht mit der Leber
Sagen die Ärzte, doch da irrt Jeder
Und das bisserl Überg´wicht
Sagt der Direktor, stört ihn nicht

Die Dame mit den roten Lippen
Tut mit vielem Gold sich schmücken
Sie funkelt wie ein Weihnachtsbaum
Da sieht man ihre Falten kaum
Sie werkt, so hat sie uns gesagt
Beim Chef, im Sekretariat

Ich erkläre ihnen bloß
Zurzeit, da sei ich arbeitslos
Und auch nicht wisse, was nun wird
Man rümpft die Nase, schaut pikiert
Zu meinem Glück kommt jetzt das Essen
Das vornehm wird hinein gefressen

Ein Tischgespräch fängt gar nicht an
Frau Doktor bekrittelt den Speiseplan
Der Herr Direktor, fühlt sich nicht wohl
Ihm fehle ein Schlückchen Alkohol
Der Weihnachtsbaum ist leicht verletzt
Man hat sie auf Diät gesetzt

Sie sind schon komisch, diese Drei
So geht die Mittagszeit vorbei
Es wird noch allgemein verkündet
Dass zur Begrüßung man sich findet
Ein, in diesem großen Saal
Um 16 Uhr, vorm Abendmahl

Nun hatt´ ich Zeit mich umzusehen
Oder um spazier´n zu gehen
Doch ich kann mich nicht entscheiden
Und nutz´ die Möglichkeit zu Beiden
Doch weil die Zeit so rasch vergeht
Komm zur Begrüßung ich zu spät

So trete ich ein, einige gehen
Da seh´ ich den Direktor stehen
Eher lehnt er an der Wand
Mit einem Glas in seiner Hand
Schaut auf den Inhalt ganz verträumt
Ganz sicher, ich hab´ nichts versäumt

Ich grabsch mir eine Speisekarte
Zum lesen, während ich da warte
Aufs Abendessen, setz mich zu Tisch
Und les´, heut Abend gibt es Fisch
Dafür gibt’s morgen Fleisch mit Reis
Natürlich fettarm, wie man weiß

Der Wochenplan ist wirklich nett
Spart Kalorien und macht nicht fett
Ich denk, dass man sich Mühe macht
Dann wird schon das Besteck gebracht
Schlussendlich kommen meine Drei
Und mit der Ruhe ist’s vorbei

Die Frau Doktor setzt sich nieder
im Raum riecht es jetzt stark nach Flieder
die Dame hat ein Dekoltee
Das tut mir in den Augen weh
Wenn sie hustet, mit der Fülle
Springt das Ganze aus der Hülle

Der Herr Direktor ungeniert
Geil auf diesen Einblick stiert
Die Frau Doktor merkt`s und lächelt
Während er ein wenig hechelt
Er sieht sich um, braucht was zum trinken
Und lässt sich in den Sessel sinken

Die andere Dame spricht und spricht
Dass Niemand zuhört merkt sie nicht
Greift zum Besteck, ihr Schmuck der klirrt
Denn das Essen wird serviert
Welches wird sofort bekrittelt
Was Allen man sehr laut vermittelt

Am nächsten Tag, am Kurplan steht
Dass man zu einem Kurarzt geht
Ich werd geprüft auf Herz und Nieren
Auch den Pulsschlag will man spüren
Selbst etwas Blut wird abgenommen
Um Therapien zu bekommen

Erst eine Trink-Kur zum Entschlacken
Dann eine Massage für den Nacken
Wassergymnastik im Hallenbad
Moor-Schwebstoff-Bad am Nachmittag
Ein Vortrag für gesundes Leben
Man ist auf Kur, so ist es eben

Da mein Bewegungsaperart
Schon einiges abbekommen hat
Ist mein Rücken eine Plage
Da hilft am besten die Massage
Die Alternative, die man hat
Ist ein Reizstrom-Apparat

Das Trink-Kur-Wasser etwas stinkt
Wichtig, dass man zwei Liter trinkt
Die Masseurin hat es geschafft
Die Nackenmuskeln sind erschlafft
Durch das, was ich im Bad geseh´n
Fand ich meinen Körper schön

Moor-Schwebstoff in der Badewanne
Kommt aus einer großen Kanne
Herrlich die Wärme die ich fühl
Nur Bauch und Knie bleiben recht kühl
Denn die Wanne ist zu klein
Gestreckt pass ich da gar nicht rein

Das Mädchen, welches mich betreut
Ist über ein Trinkgeld sehr erfreut
Obwohl das Trinkgeld etwas wenig
Werd ich behandelt wie ein König
Im Bad, mit Folie bedeckt
Wird warm, was sonst herausgereckt

Beim Vortrag geht es um das Fett
Wo ist es drin, wo ist es weg
Man gäbe schon beim Kochen acht
Und dass man viel Bewegung macht
Denn mit sehr viel falschem Essen
Kann hohes Alter man vergessen

Bis zum Essen bleibt noch Zeit
Ich geh zum Bach, das ist nicht weit
Um mir Forellen anzuschauen
Glaub meinen Augen nicht zu trauen
Da kommt der Direktor Hand in Hand
Mit der Frau Doktor den Weg entlang

Ich schau ins Wasser, bleibe stehen
Tu, als hätte ich nichts gesehen
Warum sollte ich sie stören
Ich kann ihre Schritte hören
Sie haben es dann vorgezogen
Sind von dem Waldweg abgebogen

Es ist beim Abendessen dann
Frau Doktor bietet das Du-Wort an
Es ist doch nett, wenn man sich kennt
Den Anderen beim Namen nennt
Wobei sie auf den Direktor schaut
Sagt sie, sie heiße Edeltraud

Der Direktor, er heißt Fritz
In Linz, da ist sein Firmensitz
Die Sekretärin gibt bekannt
Dass man sie Inge hat genannt
Ich sage dann, ich sei so frei
Und dass mein Name Rudolf sei

Man sieht sich jetzt ja fast drei Wochen
Und nachdem dies jetzt besprochen
Bestellt der Fritz einen Krug Wein
Und den trinkt er fast allein
Sonst für jeden nur ein Schluck
Zum Anstoßen ist es genug

Das Essen, es ist kaum vorbei
Verlassen mich schon meine Drei
Die Inge sagt, dass sie noch hat
Ein wichtiges Chef-Telefonat
Edeltraud geht mit dem Fritz
Nur ich verbleib auf meinem Sitz

Die Serviererin will tratschen
Stellt sich dazu, beginnt zu quatschen
So meint sie, sie ist so geschlaucht
Dass sie endlich Urlaub braucht
Sie kann die Gäste nicht mehr sehen
Ich kann sie irgendwie verstehen

Spazierengehen, Schwimmen, Therapie
Langweilig wurde mir nie
Ich bin fit, fühl mich beschwingt
Und auch das Abnehmen gelingt
Nette Leute lern ich kennen
Die da durch die Gegend rennen

Freitags wird der Speisesaal
Am Abend zu einem Tanzlokal
Und um etwas zu erleben
Hab ich mich dorthin begeben
Frauen sind in der Überzahl
Deshalb ist öfters Damenwahl

So sitz ich dort an einem Tisch
Kommt Mädchen, nicht ganz frisch
Und fordert mich zum tanzen auf
Ich bin nett und stehe auf
Um dann, ohne zu verzagen
Mit ihr ein flottes Tänzchen wagen

Ich leg mit meiner Partnerin
Einen flotten Boogie hin
Sie ist nicht groß, doch umso breiter
Mit einem "Langsamen" geht’s weiter
Ich halte sie bei diesem Tanz
Absichtlich etwas auf Distanz

Wir schweben fröhlich durch den Saal
Ihr Busen ist sehr kolossal
Sie zieht mich kräftig an sich ran
Dass ich ihn besser spüren kann
Mir ist danach, ich will jetzt gehen
Und steig ihr kräftig auf die Zehen

Entschuldigung, es tut mir leid
Ohnehin ist´s für mich Zeit
Ich muss aufs Zimmer, zum Telefon
Meine Frau, sie wissen schon
Wünsch ihr noch eine gute Nacht
Und hab mich aus dem Staub gemacht

Am Wochenende kommen Verwandte
Zu Besuch, und auch Bekannte
Begleiten sie zur Buschenschank
Pfeift auf Diät bei Speis und Trank
Erlebt die braven, treuen Frauen
Und auch den Männern kann man trauen

Da sehe ich den Direktor gehen
Mit Frau, ganz bieder anzusehen
Und da ist die Edeltraud
Die nur auf ihren Gatten schaut
Spricht über Kuren, die angewandt
Man hat sich natürlich nicht gekannt

Nach fast drei Wochen, im Gasthaus Meier
Treffen wir uns zu Abschiedsfeier
Ganz privat, zu Wein und Essen
Tauscht man Nummern und Adressen
Weil die Zeit so rasch vergeht
Und man sich etwas näher steht

Der Fritz, schon etwas in der Welle
Ordert schon wieder eine Boutelle
Erzählt von sich und einem Schwank
Von seinem Direktor aus der Bank
Den er bis ans Nordkap fuhr
Im Zuge einer Nordland Tour

Die beiden Damen verblüfft schauen
Die Edeltraud hebt beide Brauen
Der Fritz bemerkt jetzt sein Malheur
Und sagt, er sei halt nur Chauffeur
Es hat gelogen, wir sollen verzeihn
Er wollte mal was Besseres sein

Man sagt, man könne das verstehen
Und wolle keine Tränen sehen
Die Edeltraud meint, einerlei
Sie auch nur Frau vom Doktor sei
Und sie viel Zeit, erzählt die Inge
Mit ihrem Chef im Bett verbringe

Fröhlich ist der Abend heute
Ich finde sie auch nett, die Leute
Und dieser Abend ist gelungen
Der Alkohol, er löste Zungen
Als ich in mein Bettchen sinke
Denk ich, wie gut dass ich nicht trinke

Kur-Ende, nur noch ein Termin
Und der führt zum Kurarzt hin
Er sagt, ich sei jetzt fast gesund
Das lese er aus dem Befund
Jetzt fühl ich mich auch nicht mehr krank
Sag ich zu ihm, und besten Dank

Die schönen Tage die wir hatten
Egal, ob mit und ohne Schatten
Man ist traurig, doch nur ein bisschen
Verabschiedet sich mit einem Küsschen
Sagt, wie schön dass man sich sah
Hier auf der Kur, Dank PVA

(PVA für meine deutschen Freunde: Pensionsversicherungsanstalt)
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