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Alt 27.05.2010, 17:00   #1
ben-angel
 
Dabei seit: 05/2010
Beiträge: 1

Standard Engelsblut

Inhaltsangabe:

Hast du jemals darüber nachgedacht, dass es Dinge gibt die wir uns nicht erklären können?

Was würdest du tun für ein Leben nach dem Tod? Wenn du wissen würdest, dass du alles was du je geliebt hast, zurücklassen musst?

Und was wäre, wenn du gar keine andere Wahl hättest?


Autor/in: Remo Wiedmer
Genre: Fantasy-Roman
Altersbeschränkung: 16
Disclaimer: Sowohl die Handlung, als auch ihre Charaktere sind frei von mir erfunden.

Prolog: Unfall mit Folgen

Es ist kalt und dunkel. Die nasse Landstrasse glänzt im Licht des Vollmondes. Dicke Nebelschwaden schweben über dem mit Laub bedeckten Waldboden und ausser dem Rauschen des Windes ist nichts zu hören. Vor wenigen Stunden brauste ein heftiges Herbstgewitter über das Land. Überall tropft es von den Bäumen und dicke Äste liegen verteilt auf der Strasse. Aus der Ferne ertönt ein leises brummen. Lichtfetzen durchbrechen das dunkelgrüne Dickicht. Motorgeheule und quietschende Reifen brechen die gespenstische Ruhe am Rande des «Benedict-Waldes». Ein dunkelblauer VW Golf aus dem laute Rock-Musik dröhnt rast über die schmale Landstrasse. Hinter der Windschutzscheibe sind mehrere orange Lichtpunkte zu sehen und aus den offenen Fenstern dringt dichter Rauch. Lautes Gebrüll und johlender Gesang pocht aus dem Wageninnern. Der Wagen hält an und zwei junge, knapp bekleidete Mädchen springen heraus. Wildes Geschrei und fluchende Stimmen hallen durch den Wald. Schliesslich verschwinden die beiden Frauen in der Dunkelheit und das Auto setzt sich mit quietschenden Reifen in Bewegung. Rauchschwaden steigen empor und ein beissender Geruch von Hartgummi liegt über der Strasse. Mit hohem Tempo biegt der Wagen in die nächste Kurve und gerät kurz darauf in Schieflage. Es schlittert laut quietschend über die feuchte Waldstrasse und schleudert schliesslich mit horrendem Tempo gegen einen Tannenstamm. Ein ungeheurer Knall und klirrende Scheiben ertönen. Zischende und ächzende Geräusche folgen. Das Gefährt kippt schliesslich völlig zerstört auf die Seite. Dann ist es wieder Still. Totenstill.


1. Kapitel: Ein unangenehmes Wiedersehen

Wenn ich damals schon gewusst hätte wer ich wirklich bin, dann hätte ich mein Leben auf eine andere Art und Weise verbracht. Ich war Realist. Alles was ich nicht mit meinen Augen sehen konnte betrachtete ich mit einem leichten Zweifel. Realistisch sein hiess für mich Dinge erleben und anfassen können. Nun. Die Realität hat mich eingeholt und mich etwas wichtiges gelehrt. Loszulassen.


August 1996, Blue Hill (ME) USA

Die Luft wirkte elektrisiert und ein lauer Wind wehte mir ins Gesicht. Die Ruhe vor dem Sturm. Während sich über mir ein Sommergewitter zusammenbraute, lief ich mit gesenktem Blick der Union Street entlang nach Hause.

Mein Zuhause war ein Internat am Stadtrand von Blue Hill in dem ich seit zweieinhalb Jahren zusammen mit meinem besten Freund Jared wohnte. Jared war so ziemlich der coolste Typ den ich kannte. Mit seiner dunklen Hautfarbe und seinem durchtrainierter Körper wirkte er sehr attraktiv auf die meisten Schülerinnen und war deshalb einer der begehrtesten Jungs an unserer Schule. Zudem war er unglaublich witzig und immer für einen Spass zu haben. Deshalb zog er auch meistens die gesamte Aufmerksamkeit auf sich, wenn wir zusammen unterwegs waren. Mir war das ziemlich recht. Denn obwohl ich mich selbst nicht als scheu bezeichnen würde, hatte ich gerne meine Ruhe. Vielleicht ergänzten wir uns deswegen so gut. Während ich mich gerne zurückzog und in einem Buch las oder Musik hörte, herrschte bei Jared permanent Action. Wenn wir kein Unterricht hatten, spielte er Basketball, ging mit irgendwelchen Mädchen aus oder feierte irgendwo eine Party. Manchmal liess ich mich zu Unsinn hinreissen in den er mich mit reinzog. Ich muss grinsen beim Gedanken daran, wie er jedes Mal den Kopf aus der Schlinge ziehen konnte, während ich meistens erwischt und zur Rechenschaft gezogen wurde.

Ich lief schon eine ganze Weile als mir ein dicker Tropfen auf die Stirn fiel. Leicht erschrocken blickte ich zum Himmel und merkte wie er sich bereits Dunkelgrau, fast schwärzlich, gefärbt hatte. Ich zog meine dünne Jacke zusammen, in der Hoffnung nicht nass zu werden und versuchte mit schnellen Schritten dem Gewitter zu entkommen. Schliesslich setzte ein unangenehmer Platzregen ein. Normalerweise bleibe ich in solchen Momenten einfach stehen, schliesse die Augen und atme tief ein. Der Geruch von frisch gefallenem Regen steigt mir dann in die Nase, ein Geruch der mich alles rund um mich herum vergessen lässt. Doch der Gedanke an kalten Regen und ein heftiges Donnergrollen liessen mich automatisch lossprinten. Aus der Ferne konnte ich schon die Umrisse des George Stevens Internats erkennen, doch meine Lunge begann allmählich schmerzhaft zu stechen und meine Beine wirkten taub da ich schon seit einer ganzen Weile unterwegs war. Der Regen hatte mich in der Zwischenzeit so durchnässt, als hätte ich samt Kleider im Meer gebadet und es meine Schuhe glucksten als wären sie bis obenhin mit Wasser gefüllt.
Beim Internat angekommen folgte auch schon die nächste Ernüchterung. Das Tor war bereits geschlossen worden und rund um das Schulgelände erstreckt sich drei Meter hoher Holzzaun. «Hallo?! Kann mir jemand aufmachen?» schrie ich mehrmals, doch das Donnergrollen und das rauschen des Regens dämpfte meine Schreie, sodass ich mir schliesslich einen anderen Weg suchen musste.
Ich wusste dank meinen Strafarbeiten, dass es im Hinterhof mehrere Müll-Container gibt. «Die könnte ich als Treppe nützen!» überlegte ich laut nach. Also schlich ich zwischen Büschen und Sträucher am Zaun entlang zum Hinterhof. Dass ich dabei beinahe bis zu meinen Knöcheln im mittlerweilen sumpfigen Boden versank, kümmerte mich nur wenig. Ich wollte nur noch in mein warmes Bett.
Ein leicht säuerlichem Geruch verriet mir dass ich mein Ziel erreicht habe. Am Zaun standen tatsächlich zwei grosse Container. Ich ging auf sie zu während ich mein T-Shirt als Gasmaske missbrauchte. «Kompost oder Sperrmüll?» fragte ich mich selbst. «Gemüse hab ich noch nie gemocht.» sprach ich mit einem leicht sarkastischen Unterton. Ich zog mich also am rostigen Sperrmüll-Container hoch bis ich mit meinem Bauch auf dem Deckel des Behälters lag. Meine Kleider hatten in der Zwischenzeit durch den Rost Farben angenommen, welche nur noch erahnen liessen was die ursprünglichen Farben davon waren.
Ich erhob mich und war nun etwa auf gleicher Höhe wie das obere Ende des Zauns. Mit meiner rechten Hand fasste ich den Holzpfahl. Währenddessen stand ich mit meinem rechten Bein auf die glitschigen Streben und schwang mich mit dem anderen Bein auf die gegenüberliegende Seite sodass ich nun wie ein Cowboy auf seinem Pferd, auf einem Holzbalken sass. Nachdem ich auch das zweite Bein auf der anderen Seite war kletterte ich Beine voran den Zaun herunter.
Beim drittletzten Balken, etwa zwei Meter über dem Boden, versuchte ich mit meinem Fuss die nächste Strebe zu ertasten. Somit lag das gesamte Gewicht auf meinem linken Bein. Gleichzeitig wie ich merkte, dass eine Strebe fehlt, glitt ich mit meinem Fuss weg und stürzte herab mitten in eine Schlamm-Pfütze. Beschämt versuchte ich aufzustehen und meine aufgeschürften Hände am T-Shirt abzuwischen. Da dies jedoch aus einer Mischung von Regen und Schlamm triefend an mir herunterhing, blieb es beim Versuch.
Im selben Moment wie ich mich umsehen und prüfen wollte, ob mein peinliches Unternehmen hoffentlich unentdeckt geblieben war, hörte ich eine besorgte Mädchenstimme: «Hallo?» Geht es Ihnen.. Sind Sie verletzt?!» «Bitte nicht!», dachte ich und murmelte undeutliche Worte vor mich hin: «Alles in Ordnung.. blute nur... wenig.. nichts schlimmes..» Da es nun deutlich dunkler geworden war und mir meine Brille schief im Gesicht hing, fiel es mir schwer jemanden zu erkennen. Einen kurzen Augenblick überlegte ich mir, ob ich einfach weglaufen soll und so tun als wäre nichts geschehen, da tauchte aus dem strömenden Regen ein zierliches Mädchen mit dunklem langen Haar auf. Als sie etwa zehn Meter vor mir war, starrte sie mich zuerst nur an. «Hallo?» rief sie, während ich still blieb. Insgeheim hoffte ich, dass sie weggehen würde, obwohl ich genau wusste, dass sie das nicht machen wird.
Ich konnte ihren Blick spüren obwohl ich ihr meinen nicht entgegnete. Vorsichtig rückte sie näher und schrie plötzlich auf: «Um Gottes willen! Ben?! Bist du das? Geht es dir gut?»

Nun konnte ich ihr Gesicht erkennen und mein Herzschlag setzte für einen kurzen Moment aus. «Sarah?!» murmelte ich überrascht vor mich hin. Entsetzt starrte ich sie an. So intensiv, dass es mir vorkam als wären Minuten vergangen in welchen ich mit offenem Mund dastand und sie einfach nur ansah ohne etwas von mir zu geben. «Ich dachte.. Ich dachte du wärst.. in Europa?» stammelte ich dann doch noch vor mich hin. «Was.. was machst du hier?» fügte ich mit überraschter Stimme. Die ganze Situation war sehr verwirrend denn Sarah hätte ich hier in Blue Hill, mitten im Regen als letztes erwartet. Dass ich ihr dazu noch schlammtriefend und klitschnass gegenüberstand machte die Situation auch nicht wirklich besser. Ich versuchte nun so gut es ging von meinem Anblick abzulenken was mir offensichtlich nur schlecht gelang.

Sie kam zwei Schritte auf mich zu und flüsterte sanft: «Was ist passiert? Geht es dir gut?» Sie wischte mir mit ihren Händen meine nassen Locken aus dem Gesicht und rückte meine Brille so gut es ging zurecht. Wir sahen uns zum ersten Mal nach drei Jahren tief in die Augen und ehe ich begriff was vor sich ging küsste sie mich. Ein süsslicher Duft von Kokosnuss und Mango stieg in meine Nase, eine sonderbare Wärme berührte mich am ganzen Körper und Erinnerungen an vergangene Zeiten schwirrten in meinem Kopf herum.
Sie musterte mich von Kopf bis Fuss und sagte schliesslich: «Komm wir gehen rein, ich muss dir so viele Dinge erzählen. Ausserdem würde es sicher nicht schaden wenn du ein Bad nehmen würdest» fügte sie mit einem leichten schmunzeln an.
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