Der Turmbau zu Babel bei Poetry.de

Cornelius · 28.10.2023, 14:35

Einstmals hat das Volk zu Babel -
so erzählt die heilge Fabel -
einen kühnen Plan erdacht,
wie es sich unsterblich macht.
Nimrod, Herr im Königshaus,
möchte wahrlich hoch hinaus:
"Lasst uns einen Turm errichten,
Ziegel aufeinander schichten
und mit Erdpech sie verkleistern,
um das große Werk zu meistern.
Bis zum Himmel will ich bauen,
um dort oben Gott zu schauen!"

Dieser sieht recht missvergnügt,
was sich da zusammenfügt:
"Seht nur, wie sie sich vermessen,
mich und auch sich selbst vergessen!
Wird erst dieser Bau gelingen,
glaubt dann alles zu vollbringen
diese stolze Menschenbrut.
Dämpfen will ich ihren Mut,
ihre Sprache so verwirren,
dass nur leere Worte schwirren
aus dem Munde an das Ohr
als ein dumpfer, dunkler Chor."

Augenblicklich ists geschehen.
Keiner kann fortan verstehen,
was der Nachbar einem sagt,
was er redet, was er fragt.
Wie ein Schwarm von Riesenhummeln
scheint es in dem Turm zu brummeln,
und dabei begreift man nicht,
was der beste Freund jetzt spricht.
Ruft man: "Schaff den Schutt hier weg!",
hört man nur: "Nu înteleg!"
Hilflos alle Blicke wandern,
doch es passt kein Stein zum andern.

Bald schon liegt das Bauwerk brach
als ein Monument der Schmach.
Es verwittert und verfällt.
Weit verstreut in aller Welt
lebt das stolze Volk von Babel
fern von seinem alten Nabel.
Frühere Gemeinsamkeit
ist für immer jetzt entzweit.
Freilich: Nimrod, der sich gern
sieht als Jäger vor dem Herrn,
braucht, um Mensch und Tier zu hetzen,
niemanden zum Übersetzen.

Heinz · 30.10.2023, 12:33

Lieber Cornelius,
so bringt man die Menschen also dazu, doch mal wieder in die Bibel zu gucken.
Ich sag mal: Hattu fein gemacht!
Eine Winzigkeit gleich zu Beginn stört mich ein bisschen: Klar - was reimt sich besser auf Babel als Fabel? Was hältst Du von der kleinen Änderung:

Einstmals hat das Volk zu Babylon,
sicher wisst ihr schon davon,
einen kühnen Plan erdacht,

Liebe Grüße,
Heinz

Cornelius · 30.10.2023, 13:13

Lieber Heinz,

ja, einigen etwas wohlfeilen Reimen merkt man wohl an, dass es sich um ein unbekümmertes Frühwerk handelt, das aus der Schublade wollte. Dein Änderungsvorschlag gefällt mir, jedenfalls im Rausch des Cappuccinos, den ich gerade bei meinem Lieblingsitaliener genieße. Gut möglich, dass ich ihn übernehme. Wenn ich es vor Ablauf der Frist noch schaffe...

Danke fürs Lesen und für Deine Worte!

Gruß
Cornelius

28.10.2023, 14:35	#1
Cornelius Dabei seit: 05/2023 Ort: Lampertheim Alter: 49 Beiträge: 394 Meine Gedichte Meine Favoriten	Der Turmbau zu Babel Einstmals hat das Volk zu Babel - so erzählt die heilge Fabel - einen kühnen Plan erdacht, wie es sich unsterblich macht. Nimrod, Herr im Königshaus, möchte wahrlich hoch hinaus: "Lasst uns einen Turm errichten, Ziegel aufeinander schichten und mit Erdpech sie verkleistern, um das große Werk zu meistern. Bis zum Himmel will ich bauen, um dort oben Gott zu schauen!" Dieser sieht recht missvergnügt, was sich da zusammenfügt: "Seht nur, wie sie sich vermessen, mich und auch sich selbst vergessen! Wird erst dieser Bau gelingen, glaubt dann alles zu vollbringen diese stolze Menschenbrut. Dämpfen will ich ihren Mut, ihre Sprache so verwirren, dass nur leere Worte schwirren aus dem Munde an das Ohr als ein dumpfer, dunkler Chor." Augenblicklich ists geschehen. Keiner kann fortan verstehen, was der Nachbar einem sagt, was er redet, was er fragt. Wie ein Schwarm von Riesenhummeln scheint es in dem Turm zu brummeln, und dabei begreift man nicht, was der beste Freund jetzt spricht. Ruft man: "Schaff den Schutt hier weg!", hört man nur: "Nu înteleg!" Hilflos alle Blicke wandern, doch es passt kein Stein zum andern. Bald schon liegt das Bauwerk brach als ein Monument der Schmach. Es verwittert und verfällt. Weit verstreut in aller Welt lebt das stolze Volk von Babel fern von seinem alten Nabel. Frühere Gemeinsamkeit ist für immer jetzt entzweit. Freilich: Nimrod, der sich gern sieht als Jäger vor dem Herrn, braucht, um Mensch und Tier zu hetzen, niemanden zum Übersetzen.

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30.10.2023, 12:33	#2
Heinz Dabei seit: 10/2006 Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow Beiträge: 7.879 Meine Gedichte Meine Favoriten	Lieber Cornelius, so bringt man die Menschen also dazu, doch mal wieder in die Bibel zu gucken. Ich sag mal: Hattu fein gemacht! Eine Winzigkeit gleich zu Beginn stört mich ein bisschen: Klar - was reimt sich besser auf Babel als Fabel? Was hältst Du von der kleinen Änderung: Einstmals hat das Volk zu Babylon, sicher wisst ihr schon davon, einen kühnen Plan erdacht, Liebe Grüße, Heinz

30.10.2023, 13:13	#3
Cornelius Dabei seit: 05/2023 Ort: Lampertheim Alter: 49 Beiträge: 394 Meine Gedichte Meine Favoriten	Lieber Heinz, ja, einigen etwas wohlfeilen Reimen merkt man wohl an, dass es sich um ein unbekümmertes Frühwerk handelt, das aus der Schublade wollte. Dein Änderungsvorschlag gefällt mir, jedenfalls im Rausch des Cappuccinos, den ich gerade bei meinem Lieblingsitaliener genieße. Gut möglich, dass ich ihn übernehme. Wenn ich es vor Ablauf der Frist noch schaffe... Danke fürs Lesen und für Deine Worte! Gruß Cornelius