Poetry.de - das Gedichte-Forum
 kostenlos registrieren Letzte Beiträge

Zurück   Poetry.de > Geschichten und sonstiges Textwerk > Geschichten, Märchen und Legenden

Geschichten, Märchen und Legenden Geschichten aller Art, Märchen, Legenden, Dramen, Krimis, usw.

Antwort
 
Themen-Optionen Thema durchsuchen
Alt 05.03.2017, 17:08   #1
weiblich DieSilbermöwe
 
Benutzerbild von DieSilbermöwe
 
Dabei seit: 07/2015
Alter: 61
Beiträge: 6.721


Standard Roberta

Es war an einem Dienstagabend. Daniel und Luisa saßen nach dem Abendessen zusammen auf der Couch und sahen fern, als die Werbung, die Luisa ihrem Mann schon seit Tagen zeigen wollte, über den Bildschirm flimmerte. Luisa stupste Daniel, der nach einem anstrengenden Arbeitstag kaum noch die Augen offenhalten konnte, an: „Da schau! Das ist die Werbung für den Roboter, den ich gerne hätte!“ Widerwillig brummend machte Daniel die Augen auf und verfolgte den Werbespot. Man sah zunächst nur eine große Schachtel, die von allen Seiten gedreht wurde. Darunter wurde dann der Text eingeblendet: „Neugierig, was in dieser Schachtel drin sein könnte? Hier ist Ihre Zukunft! Die Zukunft mit einem Roboter, die Zukunft, in der Sie jede Hilfe bekommen, die Sie brauchen können! Was auch immer Sie wollen, Hilfe im Haushalt, Hilfe im Garten, Hilfe, wenn Sie Gäste bewirten, Hilfe, wenn der Hund raus muss und und und – was immer Sie wollen – unsere Roboter können es Ihnen geben! Wozu warten? Bestellen Sie gleich!“ Und dann wurde die Rufnummer der Firma, die die Roboter verkaufte, eingeblendet.
„Ach du Scheiße“, brummte Daniel, „du willst so ein dämliches Ding doch nicht etwa kaufen?“
„Was heißt hier „ach du Scheiße“, sagte Luisa, „hast du nicht richtig zugehört? Der Roboter kann unser Leben verändern! Er kann uns überall helfen, ich muss endlich nicht mehr Zeit damit verschwenden, staubzusaugen oder Fenster zu putzen. Und wenn wir nächstes Mal unseren Abend mit der Clique haben, dann werden sie alle staunen, was der Roboter kann und Susanne wird garantiert auch einen haben wollen! Und kochen muss ich dann auch nicht mehr, das kann der Roboter übernehmen und ich kann mich zu den Gästen setzen, dann werden Susanne und Ina in der Zeit auch nicht mehr über mich tratschen können, wie sie es sonst so gerne machen, wenn ich in der Küche bin und sie glauben, ich kriege es nicht mit! Das ist dir ja egal – Hauptsache, Heinz, Ralf und du, ihr könnt über eure stinklangweilige Arbeit faseln! Die Weiber gehen auf mich los und du merkst es nicht mal!“ Und prompt brach Luisa nach dieser Wortflut in eine Tränenflut aus, womit ihr Mann überfordert war. Tränen seiner Frau, und mochte der Anlass noch so nichtig sein, konnte er nicht ertragen.
„Also gut, also gut“, sagte er einlenkend, „wenn es dir so wichtig ist, dann kaufen wir eben so ein Ding. Es ist doch wohl nicht allzu teuer? Den Preis haben sie nicht eingeblendet.“
Auf der Stelle versiegten Luisas Tränen und eifrig berichtete sie: „Nur 3000 Euro, weil es ein Versuchsmodell ist. Ich habe im Internet über diese Firma recherchiert. Sie haben angegeben, dass es sich hier erstmal um Versuchsroboter handelt und deswegen der Preis recht niedrig gehalten ist. Eventuell könnten auch kleinere Fehler auftreten, dafür übernehmen sie dann aber keine Garantie. Weil er so äußerst günstig ist, ist er auch von Umtausch oder Rücknahme ausgeschlossen. Das kann man dann ja auch nicht verlangen.“ Und erwartungsvoll schaute Luisa ihren Mann mit ihren großen blauen Augen an. Sie wusste genau, wie sie ihn herumkriegen konnte. Zum Glück hatte er ihre Taktik noch nie durchschaut.
„3000 Euros sind aber trotzdem kein Pappenstiel“, sagte er, „dafür muss der Roboter aber dann wirklich schon Besonderes bieten.“
„Das wird er, das wird er!“, versicherte Luisa, „wie gesagt, außer ein paar kleinen Fehlern, die wir sícher selbst reparieren können, wird er perfekt sein!“ Und sie strahlte ihren Mann an, als sie im Telefon die Nummer der Firma eintippte, die sie sich schon vor einigen Tagen abgeschrieben hatte und den Roboter bestellte.

Am Freitagmorgen wurde eine große Schachtel geliefert. Daniel war nicht zu Hause. Luisa beschloss, bis abends zu warten, um den Roboter feierlich mit ihrem Mann zusammen in Empfang zu nehmen. Ungeduldig wartete sie, dass die Zeit herumging, sah fern, las ein wenig und ging sogar spazieren. Hausarbeit kam gar nicht in Frage. Diese sollte ja ab sofort der Roboter übernehmen. Endlich war es dann 18.00 Uhr, und Daniel kam von seiner Arbeit nach Hause. Luisa lief ihm entgegen und schlang die Arme um seinen Hals. „Liebling, rate mal, was heute gekommen ist!“
„Da muss ich nicht lange raten“, sagte er fast amüsiert, „das kann ja nur der Roboter sein, auf den du schon so lange wartest.“
„Stimmt“, rief Luisa vergnügt, „der Kandidat hat 100 Punkte. Komm, wir packen ihn zusammen aus!“
„Natürlich, gerne“, sagte Daniel und zusammen öffneten sie den Karton. Der Roboter war noch in Einzelteile zerlegt und man musste ihn erst zusammenbauen. Ein Detail fiel ihnen aber sofort auf.
„Was ist denn das“, sagte Luisa, „das soll wohl der Oberkörper sein? Aber das sind doch Titten!“ Und verwirrt schaute sie Daniel an. Doch der brummte nur „hmhm, kann sein“, vor sich hin und konzentrierte sich darauf, den Roboter zusammenzubauen, was ihm überraschend schnell gelang. Als er fertig war, schaute Luisa den Roboter verdutzt an. „Das ist doch eine Roboterfrau! Warum bauen die denn so ein Ding mit Titten? Wer braucht das?“ Ihr Blick glitt zwischen die Beine der Roboterfrau, aber ein primäres Geschlechtsmerkmal war nicht auszumachen. Allerdings lag in der Schachtel, in der die Roboterfrau geliefert worden war, noch etwas. Sie hob es heraus und stellte fest, dass es sich um ein Kleid handelte. Daniel nahm es ihr aus der Hand und streifte es der Roboterfrau über. Es ging ihr knapp über die Oberschenkel und wirkte – auch wenn Lusia sich das gar nicht eingestehen wollte – tatsächlich sehr sexy.
„Das muss wohl ein Modell mit einem der kleinen Fehler sein“, grinste Daniel, „aber sonst sieht sie ja nicht schlecht aus. Ich muss sagen, ihre Titten machen mich fast an“, und ehe noch Luisa eine Antwort dazu einfiel, bewegte sich die Roboterfrau, machte einen artigen Knicks und sagte mit einer hellklingenden Stimme: „Guten Abend, meine Herrschaften! Darf ich mich vorstellen: Ich bin Roberta!“
„Guten Abend, Roberta!“, antwortete Daniel, und auch Luisa ließ sich zu einem frostigen „Guten Abend, Roboterfrau !“ herab.
„Ach, nennen Sie mich doch Roberta, gnädige Frau“, sagte Roberta mit einem gewinnenden Lächeln, „Roboterfrau klingt so unpersönlich.“
„Nun ja“, Luisa fing sich wieder, „ich hatte zwar einen männlichen Roboter erwartet. Aber was soll's. Du kannst ja sicher auch Hausarbeit verrichten und all die anderen Dinge, die man uns in der Werbung versprochen hat.“
„Natürlich“, sagte Roberta, „ich kann Sie bei allen Tätigkeiten unterstützen oder sie ihnen abnehmen. Dafür wurde ich entwickelt. Wenn Sie es so wollen, übrigens auch für Außergewöhnliches, also Sex zu dritt und so. Übrigens, Ihr Mann ist wirklich sehr sexy“,und sie sah Daniel fast schmachtend an.
„Also dann, Roberta“, sagte Daniel, dem das Ganze mittlerweile sichtlich Spaß zu machen schien, „herzlich willkommen in der Familie!“ Er bekam gar nicht mit, wie Luisa ihn anfunkelte, so sehr war er damit beschäftigt, die Roboterfrau von oben bis unten zu taxieren.
Als sie später schlafen gingen, zischte Lusia ihn an: „Die Roboterfrau geben wir zurück! Die habe ich nicht gewollt!“
„Aber Schatz, du hast mir doch selbst gesagt, dass diese Billigroboter von Umtausch oder Rücknahme ausgeschlossen sind“, sagte Daniel, drehte sich auf die Seite und schlief auf der Stelle ein.

Eine Woche verging. Wenn Daniel nicht zu Hause war, war Luisa mit Roberta eigentlich ganz zufrieden. Sie konnte Spül- und Waschmaschine bedienen, Fenster putzen, staubsaugen etc., kurz, alle Dinge im Haushalt erledigen, die früher Luisa hatte machen müssen. Aber wenn Daniel zu Hause war, dann wurmte es sie, wie gut Daniel und Roberta sich verstanden. Er gab sogar zu, dass er sie sexy fand, als Luisa ihn am Freitagabend darauf ansprach. „Aber ihre Titten sind doch künstlich!“ sagte Luisa, „was ist daran sexy?“
„Auch viele Frauen haben künstliche Titten“, hatte Daniel erwidert, „und warum? Weil sie glauben, dass sie mit größerer Oberweite sexy aussehen! Und da hat man als Mann ja fast schon die Pflicht, das auch sexy zu finden!“ Dieser Logik konnte Luisa sich nicht ganz verschließen, also versuchte sie es anders.
„Hättest du denn gerne Sex mit ihr?“
Daniel lachte laut auf. „Wie soll das denn gehen? Sie hat doch gar nichts, womit ein Mann Sex machen könnte! Das hast du doch selbst festgestellt: Kein primäres Geschlechtsmerkmal vorhanden!“
„Aber sie hat gesagt, dass sie auch Sex zu dritt machen könnte! Ist ja gar nicht nötig, dass sie irgend etwas an ihrem Roboterkörper zum Sex machen hat, sie kann dich ja bedienen, sie hat ja zwei gesunde Roboterhände!“ Beinahe hätte Luisa vor Wut mit dem Fuß aufgestampft, beherrschte sich jedoch noch rechtzeitig.
Daniel stutzte und lachte dann: „Richtig, mein Schatz! Daran hatte ich noch gar nicht gedacht.“
„Wer's glaubt“, knurrte Luisa, „willst du mich vergackeiern? Aber wie auch immer, ich bin heute Abend mit Susanne und Ina verabredet, wir machen einen Frauenabend. Und du bist mit Roberta ganz allein – ich wünsche viel Vergnügen!“ Sie schnappte sich ihre Handtasche, lief zur Haustür und knallte diese wütend hinter sich zu.

„Aua“, sagte Roberta mit ihrer hellklingenden Stimme, „Ihre Frau war ganz schön wütend? Ich hatte in der Küche zu tun, aber ich habe das Türenknallen bis dorthin gehört!“ Sie stand im Türrahmen, aber als sie sah, wie Daniel sich auf die Couch gesetzt und den Kopf in die Hände gestützt hatte, kam sie näher. „Machen Sie sich nichts daraus“, sagte sie tröstend, „wenn Ihre Frau nicht wiederkommt, dann haben Sie ja immer noch mich!“
Daniels Blick glitt über ihre sexy Brüste und ihren schön geformten Roboterkörper. „Ja, du bist perfekt gebaut, Roberta“, sagte er. „Aber ich liebe meine Frau. Ich fürchte, wir müssen eine andere Familie für dich suchen.“
„Wie wäre es mit Susanne und Ralf?“ hörte er da Luisas Stimme von ferne sagen und er blickte sich suchend um.
Luisa hatte sich heimlich – nachdem sie laut die Haustüre zugeknallt hatte – wieder hereingeschlichen und den kurzen Wortwechsel belauscht. Weder Daniel noch Roberta hatten das bemerkt. Jetzt kam sie zögernd auf Daniel zu.
„Ich bin froh, dass du das gesagt hast.“
„Ich auch“,sagte Daniel. „Wir bringen Roberta morgen weg.“
Er wollte sich zu Roberta umdrehen, um ihr ein paar Worte zu sagen, damit ihr der Abschied nicht so schwer fiel, doch sie war verschwunden. Er bemerkte, dass die Haustür offen stand.
„Sie ist weg“, stellte Luisa fest. „Ich hätte die Haustür wieder zumachen sollen.“
„Nein, es ist gut so“, sagte Daniel.

Und von da an verlor keiner von beiden je wieder ein Wort über Roberta.
DieSilbermöwe ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 05.03.2017, 18:53   #2
männlich mcblie
 
Benutzerbild von mcblie
 
Dabei seit: 11/2016
Ort: Groß Siegharts
Alter: 59
Beiträge: 58


Liebe Silbermöwe!
Ha, die lange erwartete Geschichte mit dem sexy weiblichen Roboter (Roboterine). Sehr witzig, flott zu lesen. Nur die beiden Protagonisten wechseln mir etwas zu leicht ihre Meinungen, das ließe sich vielleicht psychologisch noch etwas ausbauen.
Liebe Grüße
mcblie
mcblie ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 06.03.2017, 08:22   #3
weiblich DieSilbermöwe
 
Benutzerbild von DieSilbermöwe
 
Dabei seit: 07/2015
Alter: 61
Beiträge: 6.721


Lieber mobile,

vielen Dank für deinen Kommentar!

Schön, dass die Geschichte "lang erwartet" war und ich bedanke mich mal bei Heinz, der den Anstoß zu einer weiblichen Version gab - dafür taucht dann zum Dank im Werk sein Name kurz auf. Ich habe mal gelesen, dass manche Autoren das so machen und fand das eine ganz gute Idee.

Was genau meinst du mit: "wechseln ihre Meinungen zu leicht?" Lange Diskussionen wollte ich nicht einfließen lassen, hätte es für die Leser aber auch langweilig gefunden, wenn die Protagonisten ständig und von Anfang an einer Meinung gewesen wären, da wäre kein Dialog dabei herausgekommen.
DieSilbermöwe ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 06.03.2017, 16:58   #4
männlich Heinz
 
Benutzerbild von Heinz
 
Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.879


Liebe Silbermöwe,
das ist brav geschrieben und ein bisschen hatte ich das Gefühl, dass Dich der Mut verlassen hat, der zu einer knalligen Story hätte führen können.
So versickert das Ganze in Friede, Freude, Eierkuchen.
Liebe Grüße,
Heinz
Heinz ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 06.03.2017, 17:17   #5
männlich mcblie
 
Benutzerbild von mcblie
 
Dabei seit: 11/2016
Ort: Groß Siegharts
Alter: 59
Beiträge: 58


Liebe Silbermöwe!
Zum Beispiel ist mir Daniel nach der Lieferung etwas zu schnell total begeistert, da hätte er noch länger herumlaufen können.
Insgesamt finde ich deine Geschichte aber gut.
LG
mcblie
mcblie ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 06.03.2017, 18:07   #6
weiblich DieSilbermöwe
 
Benutzerbild von DieSilbermöwe
 
Dabei seit: 07/2015
Alter: 61
Beiträge: 6.721


Zitat:
Zitat von Heinz Beitrag anzeigen
Liebe Silbermöwe,
das ist brav geschrieben und ein bisschen hatte ich das Gefühl, dass Dich der Mut verlassen hat, der zu einer knalligen Story hätte führen können.
So versickert das Ganze in Friede, Freude, Eierkuchen.
Liebe Grüße,
Heinz
Danke für deinen Kommentar. Das Knifflige war das Ende - ich hätte es am liebsten wieder im Traum enden lassen, dann hätte es knallen können - aber das hatte ich ja schon mal so enden lassen. Und den Roboter kurz und klein schlagen gab es auch schon. Dieses Ende musste sich schon unterscheiden.
Aber Roberta irrt jetzt ganz allein in einer Großstadt herum und kann jede Menge Abenteuer erleben - so kann es weitergehen

Zitat:
Zitat von mcblie Beitrag anzeigen
Liebe Silbermöwe!
Zum Beispiel ist mir Daniel nach der Lieferung etwas zu schnell total begeistert, da hätte er noch länger herumlaufen können.
Insgesamt finde ich deine Geschichte aber gut.
LG
mcblie
Danke fürs Kompliment, mobile. Ja, das hätte man so machen können.

Liebe Grüße an euch beide
DieSilbermöwe
DieSilbermöwe ist offline   Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen für Roberta




Sämtliche Gedichte, Geschichten und alle sonstigen Artikel unterliegen dem deutschen Urheberrecht.
Das von den Autoren konkludent eingeräumte Recht zur Veröffentlichung ist Poetry.de vorbehalten.
Veröffentlichungen jedweder Art bedürfen stets einer Genehmigung durch die jeweiligen Autoren.