Klassenfoto von damals

[Jenno Casali]

KLASSENFOTO VON DAMALS

Der Lange rechts hinten
Name vergessen
War der Streber, der Anbiederer, der Petzer,
Luisa, die Sommersprossige
Mein erster Schwarm
Aber schlussendlich doch eine Zicke,
Kurt, erste Reihe zweiter von links,
Ein Profi im Briefmarkentausch
Ergatterte immer eine bessere,
In der Hocke, die Lohmann,
Mollig, plump und stellte stets eigene Regeln auf,
Neben ihr Steiner, ’ne Dumpfbacke,
Aber Respekt vor seinem Faustschlag,
Über seine Schulter lugend
Gabriele, das ewige Klatschmaul,
Rechts außen, der Besserwisser, ohne Angaben
Nur Einstein genannt,
Nicht auf dem Bild, Doggy,
Von Beruf Sprücheklopfer und Windmacher

So hatte ich schon mit knapp zehn Jahren
Die ganze Menschheit durch
Und voll satt


© Jenno Casali

[mercy]

Interessante und erschütternd treffende Zusammenfassung unserer Gesellschaft ... ich mag den Schluss

[gummibaum]

Hallo Jenno,

alte Fotos können ispirieren, indem sie die Gefühle wiedererwecken. Hier den Widerwillen gegen die gruppenspezifischen Verhaltensweisen eines jeden.

Gut gemacht.
LG gummibaum

[Thing]

Hallo, Jenno -

mich deprimiert Dein Text, denn ich habe viele Mitschüler in ausgesprochen guter Erinnerung,
auch heute halte ich noch Kontakte aufrecht.


LG
Thing

[Ex Slania]

Jenno,

Ich kann das ganze nur allzu gut nachvollziehen! Nur kann ich dann noch die Narben abzählen und weiß wer was getan hat
Treffend und doch, wie Thing schon sagte, deprimierend. Unglaublich deprimierend.

[Ex Täubchen]

Oh, wie süß.
Die Welt wie sie war, einfach, klein hantaschenformat. Heute sind Beziehungen schwieriger und die Kinder passen auch nicht mehr in die Schublade von damals.
Hoffen wir mal, dass Steiner nicht dein Chef, Luisa deine Frau geworden ist.
Doggy könnte dein Freund geworden sein, zumindest hat das Sprüche klopfen wohl irgendwie auf Dich ab gefärbt.

LG Täubchen

[Thing]

Zitat von Täubchen

Die Welt wie sie war, einfach, klein hantaschenformat.

LG Täubchen

Seltsamer Kommentar.
Die Welt damals war weder kleiner noch größer noch süßer als heute.
Sie wurde noch auf Fotos festgehalten, nicht nur auf irgendwelchen Verschiebebahnhöfen.
Ich kann die Fotografien in die Hand nehmen, dann stehen Erinnerungen auf.
Das Klassenfoto von damals (im Zuge etlicher Umzüge verlorengegangen) vermisse ich schmerzlich.

Oh, wie süß.

Was?


Fragend:
Thing

[Ex Täubchen]

Das liegt an der Muttersicht. Für mich ist Kinderwelt eine besondere kleine Welt.
An meine eigene Grundschulzeit erinnere ich mich fast gar nicht.

LG Täubchen

[Thing]

Das Gedicht ist aus der Sicht des Klassenkameraden gesehen,
hat mit Müttern eventuele nicht viel zu tun.

Wahrscheinlich spielt die zeitliche Distanz die größere Rolle.

[Ex-Poesieger]

Wir hatten einen Mörder in der Klasse.

LG RS

[Thing]

Wir auch.
Aber dann war er doch kein Mörder.
Fehlurteil.

[Ex Täubchen]

Oha, ich kenne die Helden und Mörder meiner Klasse nicht.
Es waren mal Kinder und auch wer gemordet hat, ist mehr als ein Mörder. Stigmatisierung in Klassengesellschaften. Naja passt hier ja gut hin.

LG Täubchen

[Ex-Poesieger]

Täubchen;-)

LG RS

[Thing]

Der unsere hat nicht als Schüler, sondern Jahrzehnte später vor Gericht gestanden.
Wir blieben (als Klassenkameraden) ja in Verbindung.

[Ex-Poesieger]

Hat ihn das beeinflusst?

LG RS

[Ilka-Maria]

Zuviel Geschrei und Spekulation um eine Gedicht, dass gerade mal acht Klassenkmeraden beschreibt, und diese allesamt negativ. Zu meiner Zeit waren wir ca. 25 Schüler bei der Einschulung, und beim Abschluss waren auf meinem Klassenfoto immer noch ca. 20. Ach ja, ein späterer Mordverdächtiger war auch dabei, er hatte aber mit der Tat nichts zu tun, sondern kam nur ins Visier, weil er der geschiedene Mann des Opfers war.

Ich kann mich an ziemlich alle meiner Klassenkameraden gut erinnern, und deren Charaktere waren wesentlich ausgefeilter als die simplen Darstellungen im Gedicht, die auf mich reichlich erfunden wirken. Die Attribute sind blass und lesen sich wie Kolportagen.