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Humorvolles und Verborgenes Humorvolle oder rätselhafte Gedichte zum Schmunzeln oder Grübeln.

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Alt 12.11.2023, 10:18   #1
männlich JWagner
 
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Dabei seit: 10/2023
Beiträge: 219

Standard Der Brief an den lieben Gott

In Neuss, da lebte eine Frau
in einer Welt, die eher grau
Ihr Haushalt war nicht gut bestellt,
mit einem Wort: da war kein Geld

Sie überlegte hin und her,
woher denn Geld zu kriegen wär
Ihr kam ein Einfall, sapperlott,
und schrieb sofort dem lieben Gott

"Oh guter Gott, bin alt und arm
das Geld ist wenig, hab Erbarm
und schick mir schnellstens hundert Mark,
ich müsst sonst hungern, das wär arg!

Ich weiß ganz einfach nicht mehr weiter,
ein And'rer wär vielleicht gescheiter
Ich bitt': beeil dich mit dem Geld,
sonst bin ich fort von dieser Welt!"

Hat's in den Kasten flugs gesteckt
Ein Postmann hat ihn dann entdeckt
Er schaut darauf, was soll er machen?
"Dem lieben Gott" ist doch zum Lachen!

Er denkt sich aber, Spaß muss sein,
d e r geht mal ins Finanzamt ein!
Am nächsten Tag dort angekommen,
wurd' er in Empfang genommen

Doch was geschah mit diesem Brief?
Der Leser liegt wahrscheinlich schief,
denn ein Beamter dacht' daran,
wie man der Frau wohl helfen kann

Was glauben Sie, das ist kein Scherz:
auch das Finanzamt hat ein Herz!
Der Mann im Anzug dacht' sich fein:
Was könnt' hier eine Hilfe sein?

Man sah ihn in dem Büro wandern,
von jenem sammeln, dann vom andern
Doch leider war es etwas karg,
statt hundert war'n's nur siebzig Mark

Doch der Erlös wurd' unverwandt
direkt an diese Frau gesandt
Und diese konnte es kaum fassen:
der Herrgott hat sie nicht verlassen!

So schrieb sie einen Dankesbrief,
in Eile sie zum Postamt lief
"Oh lieber Gott, bin wieder stark
und danke für die hundert Mark!"

Doch solltest du noch an mich denken,
mir ferner gütigst etwas schenken,
so möcht' ich dich um Eines bitten,
nicht dem Finanzamt was zu schicken,
denn diese haben ungelogen,
von hundert dreißig abgezogen!
JWagner ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.11.2023, 11:31   #2
männlich Cornelius
 
Dabei seit: 05/2023
Ort: Lampertheim
Alter: 49
Beiträge: 394

Guten Morgen,

welch ein Vergnügen, diese unsterbliche Anekdote mal als humorvolle Ballade zu lesen. Sehr hübsch und flüssig in Verse gekleidet!

Gruß
Cornelius
Cornelius ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.11.2023, 14:32   #3
männlich JWagner
 
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Dabei seit: 10/2023
Beiträge: 219

Standard Brief an den lieben Gott

Danke Dir!
JWagner ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.11.2023, 20:18   #4
männlich MonoTon
 
Benutzerbild von MonoTon
 
Dabei seit: 04/2021
Beiträge: 1.108

Uff Finanzamt.

Der Text ist sehr klar und hält wenig Überraschungen parat. Zumindest nicht im Sinne von "Ok, das ist Neu"
Er ist flott und gut geschrieben und ausgeklügelt im Metrum.
Wenn ich ihn lese schwingt bei mir immer etwas Max und Moritz im Hinterkopf mit. "Max und Moritz, diese Beiden, mochten ihn darum nicht leiden" etc.

Deine Texte erinnern mich im Sprachgebrauch und auch im Lesefluss an deren Streiche in Gedichtform.
Auch ein bisschen "Walle walle, manche strecke, dass zum zwecke Wasser fließe.." etc schwingt mit.
Nicht zuletzt aufgrund des Jambus und Charakter des Paarreimes, ich könnte schwören man merkt einen gewissen Einfluss.
Allerdings glaube ich kann man das Ganze auch in weniger Worte fassen.
Dadurch das es keinen hohen Erkenntnisfaktor hat im Sinne von "Oha, noch nie gehört" finde ich die Strophen fast etwas zu langatmig.
Zum Glück aber gibt der Paarreim ein schnelleres Tempo an. Somit wirken die langen Strophen wieder kürzer und man fliegt nur so hindurch beim lesen.

Lg Mono
MonoTon ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.11.2023, 01:14   #5
männlich JWagner
 
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Dabei seit: 10/2023
Beiträge: 219

Standard Brief an den lieben Gott

Ja, das Gedicht lebt von der Schlusspointe und plätschert lange einfach so dahin. Die Idee ist nicht von mir, aber ich fand sie einfach klasse, weil sie auch etwas hintergründig ist und zugleich witzig. Deshalb habe ich mal eine eigene Fassung erstellt.
JWagner ist offline   Mit Zitat antworten
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arm, geld, gott



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