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Alt 23.09.2008, 21:15   #1
Bungi
 
Dabei seit: 09/2008
Beiträge: 2


Standard [ohne Titel] Das Wispern des Schatten

Ein Schatten huschte durch die Nacht. Niemand hatte ihn bemerkt. Die Straßen waren so gut wie leer, nur einige wenige Leute waren noch außerhalb ihrer Häuser. Auch sie beeilten sich zurückzukehren. Es war eine kalte Winternacht und Schneeflocken fielen langsam zu Boden, auf dem sich an manchen Stellen Eis gebildet hatte. Jeder der sich noch außerhalb seines warmen Hauses aufhielt war in dicke Kleidung gehüllt. Diejenigen die sich keine Kleidung leisten konnten lagen, sofern sie sich auch nicht in eine warme Ecke zurückziehen konnten, erfrierend auf dem Boden. Flex war nun schon an dem dritten halbtoten Opfer der Kälte vorbeigehuscht. Seine schwarzen Wollsachen passten sich den Schatten der frühen Nacht perfekt an. Sein Gesicht war mit Ruß bedeckt.
Er war ein Schatten in den Schatten und nur der sichtbare Dampf seines Atems verriet von Zeit zu Zeit, dass er anwesend war. Er blieb kurz stehen und sah sich um. Niemand befand sich in seiner Nähe und mit einem kaum hörbaren Laut zog er eine Karte aus seiner nachtschwarzen Umhängetasche. Trotz der nur mäßig vom Mond erhellten Nacht konnte er scheinbar alles auf der Karte erkennen. Er studierte sie einige Sekunden und machte sich dann mit vorsichtigen Schritten wieder auf den Weg, während er die Karte in seine Tasche zurück gleiten ließ. Eine Katze huschte aus einer kleinen Gasse, die er passierte hervor. Sie war schwarz, doch Flex war nicht abergläubig.
Immer in der Nähe der Wände entlang schleichend drang er tiefer in das große Dorf vor. Der Lord dieses Fleckens Erde hatte seine Villa inmitten des Dorfes errichtet. Flex konnte sie nun erkennen, als die Straße der er folgte auf einem größeren Platz endete. Die Villa war von einer Steinmauer umgeben, auf deren Sims bronzene Stacheln montiert waren, und sonderte sich deutlich von den bescheidenen Holzhütten, die sich sonst um den Platz drängelten, ab. Weiter zum Rand des Dorfes hin wurden die Gebäude noch einfacher und zum Teil maroder. Lediglich zwei weitere Gebäude zeigten einen Anflug von Reichtum. Zum einen war es eine steinerne Kirche, die sich gegenüber der Villa des Lords erhob, zum anderen gab es noch ein Wirtshaus, das teilweise aus Stein erbaut worden war.
Flex setzte seinen Weg fort, in Richtung der Villa. Er vermied es den kürzesten Weg über den Platz zu nehmen und schlich weiter die Wände entlang. Sein Auftrag erforderte es, nicht gesehen zu werden. Kurze Zeit später hatte er die Villa erreicht. Er drückte eine seiner Hände an die Mauer. Der eiskalte Stein war deutlich unter seinen wollenen Handschuhen zu fühlen. Wieder holte er seine Tasche hervor, kramte kurz darin und beförderte ein raues Seil mit Knoten daran heraus. Eine kleine Gasse war seitlich der Villa angelegt, die an der Mauer entlang führte. In diese ging Flex. Als er ungefähr die Hälfte des Weges erreicht hatte blieb er stehen. Der Handwerker, der für den Bau der Villa mitverantwortlich gewesen war hatte ihm alles erzählt was er wissen musste. Schade um ihn, dachte Flex, drängte den Gedanken jedoch sofort beiseite und warf das Seil über eine der bronzenen Stacheln, die auf ihr prangten. Das Ende des Seils, das eine Schling aufwies, zog sich um den Stachel und Flex prüfte, ob es sein Gewicht aushalten würde. Es schien kein Problem zu geben und er zog sich langsam an der Mauer herauf. Als seine Hände die Mauerkante zu fassen bekamen zog er sich gerade soweit hoch, dass er das Gelände hinter der Mauer erblicken konnte.
Der Schneefall war stärker geworden und die Villa war zu einem Schemen geworden. Doch Flex konnte erkennen, dass seine Informationen richtig gewesen waren. Ein kleiner Hain von Obstbäumen war hier angelegt worden. Gerade als Flex sich über die Mauer schwingen wollte ertönte eine Stimme. Fasst hätte er den Wärter vergessen. Die Wärter. Entgegen seiner Informationen schien es hier zwei von ihnen zu geben. Er lauschte kurz ihren Worten und erkannte, dass es sich nur um die neuesten Gerüchte im Dorf handelte. Flex zog sich ein weiteres Stück an der Mauer herauf, da die beiden Wachen scheinbar direkt an der anderen Seite der Mauer standen. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass es auch so war zog er sich ganz auf den schmalen Mauersims. In seiner rechten hand hielt er einen Dolch, und sein Seil, damit er nicht von der Mauer fiel, während er sich ein kleines Stück vor lehnte. Jetzt konnte er die beiden Männer erkennen.
Sie hatten Lederwämser an, die mit viel Wolle gefüttert waren. Auf den Wämsern war das Wappen des Lords zu erkennen. An ihrer Seite baumelte je ein Schwert und einer von ihnen zog genüsslich an einer Pfeife. Qualm stieg gut erkenntlich in den Nachthimmel hinauf und Flex konnte das Glühen der Pfeife erkennen. Die Köpfe der Wachen waren unbedeckt. Während Flex nur wenige Schritte über ihnen an der Mauer hang, tastete seine linke Hand in die Innenseite seines Wollwamses. Dort fühlte er den kalten Stahl. Er musste aufpassen, dass er sich nicht Schnitt, als er die geschärfte Eisenscheibe herausholte. Der Rand dieser Scheibe war genauso tödlich wie sein Dolch.
Er packte sie mit dem Daumen und dem Zeigefinger seiner linken Hand und holte aus. In dem Moment sah eine der Wachen nach oben. In ihren Augen konnte Flex den Schrecken der Erkenntnis sehen. Dann durchschnitt die geschärfte Eisenscheibe die Kehle des Wächters und blieb im Fleisch stecken. Ein Schwall von Blut schoss aus der frischen Wunde. Doch der andere Wächter hatte keine Zeit um zu reagieren. Flex ließ das Seil los und stürzte sich auf den Wächter. Mit einem klatschen landeten beide im kalten, schneeweißen Gras. Der Wächter wimmerte, denn Flex Dolch saß an seiner Kehle. „Gibt es hier noch andere Wächter?“, flüsterte Flex dem Wächter zu. Seine Stimme war kaum mehr ein flüstern und trotzdem versteifte sich der Körper des Wächters vor Schrecken.
In Flex Stimme schwang eine Kälte und Kompromisslosigkeit mit, die er nie zuvor gehört hatte. „Du wirst mich sowieso töten…“, stotterte der Mann. „Bist du dir sicher?“ Der Mann wimmerte wieder und eine Träne floss über sein Gesicht. Noch immer hielt Flex das Messer an der Kehle des Mannes, bereit ihm sofort die Kehle zu durchtrennen. „5 Stück sind hier draußen, als noch 3 jetzt und drinnen sind es, glaube ich 4, bitte lass mich am Leben, bitte, ich habe Frau und…“, schluchzte der Wärter, doch sein Satz endete in einem röcheln und eine weitere rote Blutlache bildete sich im frischen Schnee. Flex säuberte seinen Dolch an der Kleidung des Toten. Danach huschte er zu seinem anderen Opfer und zog sein “Werkzeug für die Entfernung“ aus dem Fleisch des anderen Wächters. Der spaßige Teil seines Auftrages hatte begonnen.
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