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Alt 25.03.2013, 15:07   #1
weiblich Annabell
 
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Beiträge: 27


Standard Und noch immer schneite es...

"Wir haben kein Brot mehr." Mein Vater steht vor unserem Küchenschrank und sieht zu uns herüber. "Gar nichts mehr?" fragt meine Mutter, die mit mir und meinem kleinen Bruder am Esszimmertisch sitzt. Er ist gedeckt fürs Abendessen. Es gibt Wurst, Käse, Gemüse, aber anscheinend kein Brot.
"Nein, gar nichts mehr." antwortet ihr mein Vater. "Dann hol doch noch welches" schlägt ihm meine Mutter vor.
"Das könntest du doch auch machen."
Meine Mutter sieht ihn genervt an. Eine Zeit lang sagt keiner etwas, dann jedoch erklärt sich mein Vater erfreulicherweise bereit das Brot zu kaufen.
"Nimm noch gleich etwas zu Trinken und Backpulver mit" fällt meiner Mutter noch ein. "Oh und dann brauchen wir noch Öl und ... Ach ich fahre am besten einfach selber mit."
Damit steht meine Mutter auf und geht zusammen mit meinem Vater in den Flur, um sich für die Einkaufsfahrt anzuziehen. Schuhe, Jacke, Schal und Mütze. Es ist kalt draußen.
"Vergiss nicht nachzulegen" ruft sie meinem kleinen Bruder durch die offene Tür zu. "Pass auf, dass das Feuer nicht ausgeht."
"Mhm" brummt mein Bruder, der schon auf dem Weg ins Wohnzimmer ist. Dann höre ich die Haustür zuschlagen und bald darauf das Starten des Motors und schon sind sie davon gefahren. Nun gehe ich auch ins Wohnzimmer und setze mich in unseren Fernsehsessel. Mein Bruder hat den Fernseher angeschaltet und sieht sich die Simpsons an. Homer versucht mal wieder Bart zu erwürgen.
Mein Blick schweift ab und ich schaue aus dem Fenster. Es schneit fürchterlich. Es schneit schon den ganzen Tag über. Dicke, schwere Flocken, die vom Himmel herunter tanzen und alles mit einer weißen Decke umhüllen. Die Büsche und Bäume, alle Pflanzen und das Gras sind schon bedeckt. Die Häuser haben weiße Dächer und auch die Straße ist nicht mehr zu erkennen. Sonst ist alles dunkel. Nur die Schneeflocken glühen im dämmrigen Licht der Straßenlaterne.
Die Zeit vergeht. Ich wende meine Augen wieder dem Bildschirm zu ohne jedoch etwas wirklich wahrzunehmen. Bilder ziehen in rascher Folge vorbei, deren Sinn ich nicht begreife. Es kommt mir unwahrscheinlich still vor. Trotz des Lärms des Fernsehers und des Lachens meines Bruders.
Ich weiß nicht mehr wie lange ich so dasaß und einfach nur vor mich hinstarrte während die Sekunden tickten und es draußen immer schwärzer und zugleich auch immer weißer wurde. Ich dachte mir, das wäre irgendwie seltsam. An was ich sonst noch dachte, daran erinnere ich mich nicht mehr. Ich weiß nur, dass es immer später wurde. Immer mehr Zeit verstrich. Die Zeiger der Uhr schritten unaufhörlich vorwärts und noch immer schneite es.

Jetzt sitze ich auf dem Bett meiner Cousine mit meinen neuen Sachen, die ich mir extra für diesen Tag gekauft habe. Und ich wundere mich.
Wie ein unbedeutendes Detail alles verändern kann, wie etwas scheinbar so nebensächliches und normales eine so gewaltige Wirkung hervorrufen kann. Es ist wie der Schmetterling, der ein Erdbeben auslöst. So klein und schwach und doch so bedeutend und groß.
Meine Tante ruft nach mir und ich gehe die Treppe hinunter. Ich schaue in die Gesichter, die unten schon auf mich warten. Mein Onkel, meine Tante, meine Cousine, mein Cousin, meine Großeltern und schließlich mein kleiner Bruder.
Auch er hat neue Kleidung bekommen.

Was wäre wenn?
Wenn wir noch Brot gehabt hätten?
Ich würde jetzt nicht diese Treppe hinunter und in das wartende Auto steigen, das mich zur Beerdigung bringen wird.





Bitte schreibt mir, ob ihr irgendetwas verbessern würdet und ob es euch überhaupt gefallen hat.
Ihr könnt mir auch ehrlich sagen, wenn nicht.
Freue mich über jede Kritik
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