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Alt 10.03.2013, 15:09   #1
weiblich Annabell
 
Benutzerbild von Annabell
 
Dabei seit: 03/2013
Beiträge: 27


Standard Wonderful Life

Kurzgeschichte frei nach Wonderful Life von Hurts
Freue mich über jeden Kommentar, ich hoffe sie gefällt euch


Es war eine regnerische Samstagsnacht. Die kleine Brücke war kaum beleuchtet, da fünf Straßenlampen ausgefallen waren und sich niemand die Mühe machte, die Birnen zu wechseln. Hier kam selten noch jemand vorbei seit es die neue Brücke weiter unten am Fluss gab. Man sah kaum etwas. Der Mond wurde von dunklen Wolken verdeckt und über dem Wasser unter der Brücke hatte sich Nebel gebildet, der langsam die ganze Umgebung eroberte. Das Wasser floss schwarz vor sich hin, die schlagenden Wellen sahen aus wie Münder eines Monsters, das nur auf sein Opfer wartete. Das Rauschen des hungrigen nassen Ungeheuers und der Bäume am Ufer bildeten eine unheimliche Geräuschekulisse, die durch das Sausen des Windes und das Peitschen des Regens nur noch verstärkt wurde. Ab und zu hörte man entfernt ein Auto fahren.
Susie hatte für heute Feierabend. Sie fuhr mit ihrem alten Opel über die alte Brücke, weil sie so schneller nach Hause kam. Ihr war ein bisschen unheimlich zumute bei dem wenigen Licht und dem ganzen Regen. Wenigstens hatte sie ihr Radio und ihre Scheinwerfer. Durch den dichten Regen wurde ihre Sicht stark eingeschränkt, dennoch hatte sie als sie dort entlang fuhr für eine Sekunde den Eindruck als würde jemand bei der Brücke stehen. Jedoch hatte sie sich wahrscheinlich geirrt, es regnete ja so stark und dunkel war es auch noch.
Sie fuhr weiter. Allerdings wurde sie das Gefühl nicht los, jemanden gesehen zu haben. Sie war doch nicht paranoid, oder ? Immer näher kam sie ihrem Zuhause bis sie nur noch zwei Straßen entfernt war. Ihrem Bauchgefühl folgend wendete sie jedoch und fuhr die Strecke zurück, um sich zu vergewissern, dass sie sich getäuscht hatte. Als sie sich diesmal der Brücke von der anderen Seite her näherte, drosselte sie das Tempo, sodass sie nur noch kroch, um ja nichts zu übersehen. Langsam schlich sie vorwärts. Da!! Susies Herz schlug schneller. Da stand tatsächlich jemand. Inzwischen stand die Person jedoch nicht mehr. Sie saß auf dem Geländer! Susie stoppte ihren Wagen und rannte der Person entgegen, die soeben auf ihren Füßen gelandet war und sich am Geländer festklammernd, in die Tiefe blickte. Dann blieb sie stehen. "Was machen Sie denn da?" rief sie dem Mann entgegen. "Wenn es Ihnen nichts ausmacht, würde ich gerne auf ihre Gesellschaft verzichten" antwortete ihr der Mann. Er drehte sich um. Susie könnte schwören, dass in diesem Moment die Welt sich langsamer drehte. Der Regen schien in Zeitlupe vom Himmel zu fallen. Der Wind schien für eine Sekunde aufhören zu brausen und auch das Wasser schien in seiner Bewegung innezuhalten. Susie starrte in sein Gesicht, das von Trauer gezeichnet war. Seine Augen blickten verzweifelt in ihre und sie wusste , dass sie diesen Mann nicht springen lassen konnte. "Was ist passiert?" fragte sie. Er sagte "Ich habe Ärger". Und trotz der wenigen Worte, verstand Susie. Es war als konnte sie durch seine Augen alles sehen, alles was passiert war, warum er hier war, warum er so etwas ungeheuerliches vorhatte, wenngleich sie doch keine Ahnung hatte. Und auch er schien zu wissen, dass sie verstand. Sie legte ihm eine Hand auf den Arm und forderte ihn auf es nicht zu tun. Sie sah wie der Regen ihm Tränen über die Wangen laufen ließ. Just in diesem Moment, hatte der Wind es geschafft die Wolken vom Mond für einen kurzen Moment zu vertreiben und er schien auf die beiden Menschen auf der Brücke herab. "Was immer passiert ist, geben Sie nicht auf, das Leben ist zu wertvoll, um es wegzuwerfen, Sie bekommen nur dieses eine". Susie redete mit sanfter Stimme auf den Mann ein. "Manchmal ist das Leben vielleicht nicht so einfach, aber Sie bekommen das wieder geregelt, es gibt noch so viel, was auf Sie wartet. Kommen Sie , ich helfe Ihnen" Sie streckte ihm ihre andere Hand entgegen und er nahm sie. So standen sie eine Weile lang da. Er immer noch auf der anderen Seite der Brücke. Und obwohl keiner der beiden mehr etwas sagte, sagte die Stille mehr als sie es gekonnt hätten. Schließlich setzte sich der Mann wieder auf das Geländer und schwang wie zuvor ein Bein nach dem anderen über das Geländer, nur in die andere Richtung. Dann stand er vor ihr. "Ich bringe sie nach Hause, oder wo Sie sonst hin möchten, mein Auto steht dort drüben", sagte Susie. Sie ging vorwärts und schaute nicht nach, ob er ihr folgen würde. Sie wusste es. Auf der Brücke, in diesem einen Moment, hatten sie einen Pakt geschlossen, waren sie eine Verbindung eingegangen, die man so schnell nicht mehr lösen konnte. Er stieg neben ihr ins Auto. "Und wo solls hingehen" fragte sie. "Zum Bahnhof". Susie fuhr los. "Ich heiße übrigens Susie", "Thomas" antwortete er. Thomas und Susie saßen eine Zeit lang schweigend nebeneinander, doch plötzlich begann er leise in seinen Ledersitz zu weinen, so leise, dass Susie es erst gar nicht hörte. Sie streichelte ihm beruhigend über den Arm und fuhr weiter durch die Stadt. Nach einer Weile begann Thomas zu erzählen. "Ich bin ein Familienmensch, begann er, meine Familie bedeutet mir alles. Aber ich habe alles zerstört. " Susie sah ihn nur schweigend an und lächelte ihn aufmunternd zu als Aufforderung weiter zu erzählen. "Meine Frau hat mich betrogen, mit meinem Bruder, dieses Schwein. Wie konnten sie das nur machen" klagte Thomas verzweifelt. "Es war doch alles in Ordnung zwischen mir und meiner Frau, dachte ich zumindest. Und dann auch noch mein eigener Bruder". "Es gibt nicht immer einen Grund wieso Menschen bestimmte Dinge tun, aber ich bin mir sicher, dass sie es nicht sind" besänftigte Susie den Mann in ihrem Auto. Die beiden schwiegen wieder eine Zeit lang, doch plötzlich sagte Thomas ganz unvermittelt: "Ich habe ihn umgebracht. Meinen Bruder. Ich habe ihn getötet. Ich konnte ihn nicht mehr ansehen ohne, dass ich ihn gehasst habe und mir gewünscht habe, er wäre tot." Susie sollte schockiert sein, sie saß mit einem Mörder im Auto. Doch sie war es nicht. Irgendwie war sie im Einklang mit ihm und verstand, was er getan hatte. Egal was passiert war, man konnte es nicht mehr ändern und Susie sah einfach nur den Mann auf der Brücke in ihrem Auto, der Mann mit den verzweifelten Augen, die in ihre Seele schauen konnten. Der Mann, den sie gerettet hatte, war für sie kein Mörder. Deswegen zeigte sie sich nicht schockiert und streichelte nur wieder beruhigend über seinen Arm. Dann nahm er ihre Hand und hielt sie umschlungen in ihrer. Er sah sie wieder mit diesen Augen an und zwischen ihnen war alles klar. "Vielleicht sollten wir uns beeilen, um sie zum Bahnhof zu bringen", sagte Susie und drückte aufs Gaspedal. Der Regen prasselte leiser als zuvor aufs Autodach und strömte langsamer die Fenster herunter und so wie sich der Regen langsam beruhigte, so beruhigte sich auch Thomas nach einer Weile. Trotz seiner scheinbaren Ruhe, war er nicht minder verzweifelt. Er war noch immer davon überzeugt, dass es für alle Beteiligten besser wäre, er wäre tot, so wie er es sich für seinen Bruder gewünscht hatte.
Dann waren sie am Bahnhof angekommen. Susie und Thomas stiegen aus. Jetzt war auch Susie langsam verzweifelt. Sie konnte ihn nicht gehen lassen. Nicht nur aus heldenhaften Gründen, sondern auch weil sie einfach nicht wollte, dass er ging. Susie wusste selbst nicht, was sie zu ihm hinzog. Aber sie würde ihn davon abhalten zu gehen. Also schmiss sie ihn an die Wand und küsste ihn einfach, so leidenschaftlich, wie sie noch nie jemanden zuvor geküsst hatte. In ihrem ganzen Körper brannte es und auch Thomas fühlte die brennende Hitze des Kusses. Und plötzlich fing er an zu glauben, er fing an zu glauben, was Susie ihm auf der Brücke gesagt hatte, dass es irgendwie geregelt werden konnte. Nachdem sie sich voneinander lösten, nahm er sie in seine Arme und schließlich konnte er es sehen: Das Leben war wundervoll, er hatte nur eines. Und nun gab es auch wieder etwas wofür es sich zu leben lohnte.
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