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Liebe, Romantik und Leidenschaft Gedichte über Liebe, Herzschmerz, Sehnsucht und Leidenschaft.

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Alt 11.04.2010, 00:23   #1
männlich Amrit
 
Benutzerbild von Amrit
 
Dabei seit: 03/2010
Ort: München
Beiträge: 77

Standard abschiedsjahr

abschiedsjahr


jedes jahr ist ein abschiedsjahr
jeder tag ist ein abschiedstag
von dir

in den schatten der ränder der bilder
wohnt der abschied, der schmerz, das geheimnis
eines jeden einzelnen gedankens an dich
wir können nicht sein ohne schatten
können nicht spürn' ohne schweigen, sein
ohne bilder
wir können nicht leben
ohne fortzugehn'

-

ich gehe auf reisen durch die länder des schweigens
mit den hacken pflüge ich die bahnhofshallen
schnee weht durch die schalter, unendlich in der ferne schreien die züge
nah ist der schmerz, so nah wie der rand zweier lippen
in meinen händen keuchen
stücke von schmerz

ich geh' spazieren unter den laternen des tageslichts
irgendwohin, wo
ich nicht bin, ein
abschiedsjahr ist ein wunschjahr
ist ein herbstland, glitzernd an grossen strömen
mit rauch vor weichen mündern, langsamem eis
und krähengeschrei, geschrei von krähen
im nebel

wie kann man erzählen was nicht erzählt werden kann
wie kann man verstehen was nicht verstanden werden kann?
in mir ist einfach so eine musik
wie ein nachklang in einer gitarre
wie ein duft von zimt und klee
und auf dem fluss, der aus den neandertälern kommt
lass ich mich weitertragen
über die horizonte, über die ebenen
über die tiefe, über das dunkle
über die jahre die so heißen
wie du

ich träumte, ich würde mit dir in ferne länder reisen
länder, in denen man einhergeht
in denen es nur offene türen gibt und fenster
und in allen fenstern da siehst du die sterne, die glitzern
dort bräuchte man keine briefe schreiben, keine zeichen geben
man würde alle worte abstreifen wie ein zu kurzes hemd
und nur ein fremder sein, der nichts weiß
erinnere dich, als es fast so war
wir waren name und das benamte, wir waren stunde und die uhr
wir haben uns niemals gesucht
wie ein lied, das in einer gitarre singt -
da war keine angst
denn was sollten wir uns schon nehmen, was geben
kinder, in denen der bär seine krallen wetzt
aussätzige, magier, von wundern umraunt

wir waren der zauberer, der keinen zauber braucht
wir waren der sänger, der keiner lieder bedarf
wir nahmen uns bei der hand - komm,
lass uns immer weitergehn -
opium, echos, inkarnationen - resonanzen der wüste
wir sind alles gewesen, wir kannten unsere namen alle
wir waren es, unausweisbar wir
aus dem versprochenen und verbotenen land

wie oft bin ich durch diese länder gegangen
an den zäunen hing ich, ein ausgescholtener dieb
träumer sind diebe -
arglos, durstig, ein auswanderer vor dem gesetz
ein ausgewanderter ohne land
und wie alle auswanderer liebe ich es zu erzählen
da kann ich doch noch träumen, von der nacht
auf deinen unberührbaren augen

an vertikalen stränden warf ich meine netze aus
in unerreichbaren horizonten wartete dein echo auf mich
ein lied war für dich
eines für mich

-

nun ja,
das sind nur zeichen hier
papier ohne feuer
nur ohne reden versteht man,
warum einer weint oder lacht

schon mit vielen propheten geträumt, schon
auf vielen walzern entlanggefahren zum alten wasser
zum grossen wasser, das über den wäldern rauscht
aber wir sind alle waisen, sind diebe an uns selbst
wir werfen uns den fallschirm zu und lachen über das nichts
tanzend auf wilden ozeanen, musikalisch
und in uns, da ist ein meer von tränen

auf die startrampen der zukunft
schaufle ich die gräber der vergangenheit
in den kippen am wegesrand
glimmt gomorrah und tod
an deinen fußstapfen aus grünem gras
wartet ein mörder auf dich, das bin ich
bald blüht der zimtstrauch zur nacht
bald
und wir fahren dahin
auf den dolchen des archaischen stroms

-

in meinen augen die irrlichter des tags,
in deinen augen die schatten der nacht:
lass uns nehmen was es gibt
lass uns lieben was bleibt
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