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Sonstiges und Experimentelles Andersartige, experimentelle Texte und sonstige Querschläger.

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Alt 09.01.2008, 20:00   #1
Letizia
 
Dabei seit: 01/2008
Beiträge: 1

Standard Der Garten

Ich schaue weiterhin gerne durch das Loch des holzigen Tores, das zum Garten führt. Es ist winzig, doch mein Auge erfasst weiterhin genug, um einen Blick auf einen Teil des prächtigen Grüns zu werfen. Oftmals bin ich versucht gewesen, das Tor zu öffnen und durchzuschlüpfen. Die Scharniere sind verrostet, die Klinke lässt sich nicht einmal mehr durchdrücken; meine wenigen Versuche sind umsonst gewesen.

Manchmal frage ich mich, ob es gut so ist. Ich möchte mehr vom Garten sehen, nicht nur das kleine Stückchen. Ich sehe nicht einmal den Teich. In den Nächten kann ich die Kröten hören und ich weiß, dass das Gewässer noch da sein muss. Sie geben ein kleines, recht unharmonisches Konzert und ich lege dann immer meinen Kopf in den Nacken, um in den Himmel zu sehen. Manchmal habe ich Glück und das Firmament bietet sich mir wolkenlos dar. Wie früher, denke ich mir, als ich dich gebeten habe, mir ein einziges Mal solch ein Juwel zu schenken. Du hast gemeint, dass nichts, was du mir geben könntest, jemals einem Stern ähneln könnte. Ich habe lachen müssen. Du bist so vernarrt in die Sterne. Deine Lippen auf meiner Wange sind mehr gewesen, als es jeder Stern hätte sein können.

Wie meinst du sieht unser Garten aus? Haben sich die Strauche und Büsche so weit ausgebreitet, dass man Kratzer davontrüge, wenn man sich zwischen ihnen durchschlängeln wolle? Ich könnte mir gut vorstellen, dass das Gras uns über die Knie reichte und nun nicht mehr nur unsere nackten Füße kitzelte. Die Bäume werden sicher schon ein Stück größer sein. Vor allem die, die wir selber eingepflanzt haben. Blumen in allen Farben strecken hier und dort ihr Köpfchen der Sonne entgegen um möglichst viele der warmen Strahlen abzubekommen, die auch unsere Körper so oft in jeder Faser gereizt haben.

Ich stelle mir vor, dass sich eine dicke Schicht Algen auf dem Grund des Teiches angesammelt hat. Einzelne Seerosen, die in weiß über dem Wasser schweben, dienen so manchem Getier als Halt. Neben den Kröten sind Molche und einzelne Wasserspinnen in dem Gewässer zu Hause. Tagsüber kreisen die Libellen über der vom sanften Wind gekräuselten Wasseroberfläche. Das sanfte Geräusch von Blättern, die aneinander reiben, ob der Tatsache, dass sie zu den Spielgefährten des Windgeistes auserkoren sind. Der liebliche Duft vom frischen und feuchten Gras und der süße Geruch von manchen Blumen. Licht, das sich am Tage im Wasser bricht. Der Mond, der sich bei Nacht auf der Wasseroberfläche widerspiegelt.

In seiner Wildheit wird der Garten schöner sein, als er es damals gewesen ist. Weißt du noch, wie lange wir vor dem Tor gesessen sind und abwechselnd durch das Loch geschaut haben? Kindliche Neugier hat uns zwingen wollen, sie zu betreten. Doch meine damit verbundene Angst vor dem Unbekannten hat uns lange aufgehalten. Du hast mich öfters durch das Loch sehen lassen, damit ich mir der Schönheit bewusst werde. Während ich eine geschlagene halbe Stunde mein Auge an den hölzernen Rand gepresst gehalten habe, hast du mir nach zehn Minuten schon wieder den Sitz überlassen.

Meine Händchen haben sich an die Holzbretter gepresst, als plötzlich ein Schmetterling vorbei geflogen ist. Seine Flügel haben eine strahlend gelbe Farbe gehabt und trotz meines Aufschreis vor Freude und meines aufgebrachten Rufens nach dir ist er nicht geflohen. Den Tanz, den er vollführt hat, ist in meiner kindlichen Fantasie nur für mich ausgetragen worden. Du hast meine Hand genommen und das Tor aufgemacht. Der Garten hat sich in seiner vollen Pracht vor uns aufgetan und meine Augen sind trotzdem nur auf den Schmetterling fixiert gewesen.

Ich bin mir deiner Hand gewusst gewesen und habe dich mitgezogen, als ich den Entschluss gefasst habe, dem Schmetterling zu folgen. Vor unseren Nasen ist er umhergetanzt und wir sind hoch gesprungen, haben abwechselnd die Hände emporgehoben, als hätten wir ihn fangen wollen. Doch wir haben es nur genossen ihm zu folgen. Kindliches Lachen hat sich mit den Klängen der Natur verbunden und ist mit ihr in vollkommener Harmonie versunken. Der Schmetterling ist es gewesen, der uns den Garten gezeigt hat und ich glaube er ist noch einmal um unsere Köpfe geflogen, um uns das zu verdeutlichen.

Als sich das abendliche Rot auf dem Himmel ausgebreitet hat, sind wir vor dem Teich ins Gras gefallen. Wir haben die Schuhe weggeschmissen und gemerkt, dass wir uns weiterhin an der Hand gehalten haben. Erschöpfte Gesichter haben einander angesehen und Mundwinkel sind nach oben verzogen gewesen. Du hast deine Hand auf mich gelegt und ich meine auf dich. Wir haben uns genähert und hatten die umschlossenen Hände vor unsere Münder gelegt. Unsere Augen sind solange auf den jeweilig anderen gerichtet gewesen, bis der Sandmann gekommen ist, um uns die Lider nach unten zu streichen und uns einen Gute-Nacht-Kuss auf die Stirn zu hauchen. Schlussendlich hat er seinen feinen Staub über uns verstreut und zum ersten Mal haben wir ihn zur gleichen Zeit am gleichen Ort erhalten.

Deine letzten und einzigen Worte an diesem Abend sind gewesen: „Irgendwann hole ich dir einen Stern und mache dir daraus eine Krone.“ Und dann hast du mich auf die Wange geküsst.



Ich mag auch den Berg, auf den wir stehen. Meine Arme sind weit von mir gestreckt, ich stelle mir vor zu fliegen, wie dieser Schmetterling. Immer wenn der Sandmann kommt habe ich den Traum, dass sich meine Arme in Flügel verwandeln und mein Körper sich zu einem raupenartigen Gebilde metamorphiert. Doch wenn ich die Augen aufmache sehe ich nur dich vor mir und fühle, dass sich an mir nichts geändert hat. Du siehst mich an und lächelst.

Zielsicher gehe ich einen Schritt nach dem anderen zurück. Ich weiß, dass du mich fangen wirst, wenn ich falle. Es ist ein dünner Grad auf dem wir wandern und doch genieße ich es. Manchmal, nur manchmal, fühle ich Trauer. Dann, wenn mir kein Fall droht. Jedes Mal wünsche ich mir wieder zu fallen, damit du da bist. Ab und an erwische ich mich dabei, mir zu wünschen, dass du stolperst, damit ich meine Arme nach dir ausstrecken kann. Du fällst nur seltener als ich. Du hast einen sicheren Schritt, aber du siehst auch nach vorne. Ich wandere rückwärts im blinden Vertrauen, dass du schreist, wenn sich hinter mir ein steiler Abhang auftut.

Wir fangen uns nicht, wenn wir nach rechts kippen. Nur dann, wenn unser linker Fuß abrutscht. Du willst nicht, dass ich dich nur als Freund sehe. Ich will nicht, dass du mich liebst.



Ich schaue gerne durch das Loch. Hinter dem Zaun befindet sich ein Gefilde, das nie wieder betreten werden wird. Es gehört uns, kein anderes Herz soll es finden. Es sind unsere kindlichen Seelen, die es weiterhin behausen. Ein Teil von uns ist immer noch dort drinnen. Und auch wenn unsere Hände nur dicht beieinander liegen und sich einander nicht mehr berühren, ist es gleich wie damals. Neugierde, aber meine Angst vor dem Unbekannten.



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Leider weiß ich nur zu gut, dass sowohl Grammatik, Sprache wie auch Tempus nicht gerade meine Stärken sind.
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