Wunderkind

[Thing]

Ich war kaum dem Schoß entronnen,
hatt eben das Licht der Welt erblickt,
da hab ich mit Dichten begonnen
und mit Kunst die Menschheit beglückt.

Mit Fünf begann ich den ersten Roman,
versetzte die Leser in Staunen.
so gings immer besser und weiter voran,
den Globus durchrauschte ein Raunen.

Mit Zwölf war ich fertig und ausgereift,
ein Wunderkind ohnegleichen.
Damit es jetzt wirklich ein Jeder begreift:
Kein Dichter wird je mich erreichen!






30. Juni 2014

[Ex PhillipK]

Habe ich gern gelesen. Aber.....

wie betitelt man ein Wunderkind wenn es Erwachsen ist?

[Thing]

"Einstiges Wunderkind"

[Ex PhillipK]

Ein Titel, den man nicht mit Stolz sondern mit Scham trägt.

[Thing]

Ja, es muß deprimierend sein, als "einst ein Wunderkind"
gehandelt zu werden.

[BABSvomKUTSCHI]

Toll, wie Du meine Jugend beschrieben hast.
LG
Babs

[Thing]

Willkommen im Klub!

[Pit Bull]

Zitat von PhillipK

.. wie betitelt man ein Wunderkind, wenn es Erwachsen ist?

Ich würde sagen: Genie.

Gut gebosselt mein lieber Thing.

VG Pitti

[Thing]

Danke fürs Kompliment, lieber Pit Bull!


Thing
mit
VG

[shoshin]

Zitat von Thing

Ich war kaum dem Schoß entronnen,
hatt eben das Licht der Welt erblickt,
da hab ich mit Dichten begonnen
und mit Kunst die Menschheit beglückt.

Mit Fünf begann ich den ersten Roman,
versetzte die Leser in Staunen.
so gings immer besser und weiter voran,
den Globus durchrauschte ein Raunen.

Mit Zwölf war ich fertig und ausgereift,
ein Wunderkind ohnegleichen.
Damit es jetzt wirklich ein Jeder begreift:
Kein Dichter wird je mich erreichen!






30. Juni 2014

boah, muss dieses leben fad sein
amüsierten gruß
shoshin

[Ilka-Maria]

Ich lese aus dem Gedicht ein ordentliches Maß an Ironie heraus. Natürlich wird das dichterisch frühvollendete Wunderkind in Vergessenheit geraten. Die Sagan war zwar nicht fünf, sondern sechzehn Jahre alt, als sie ihren ersten Bestseller schrieb, aber wer liest ihn heute noch oder interessiert sich für seine Verfilmung?

Dagegen füllt ein mittelmäßiger Schriftsteller wie Karl May, dessen größte Begabung das Abschreiben von Reiseberichten war, einem Verlag in Bamberg noch heute die Kassen.

"Wunderkinder" - also überdurchschnittlich gescheite und mit einem hohen Lernpotential ausgestatte Kinder - gibt es wahrscheinlich mehr als wir denken. Das Potential liegt jedoch brach, weil es nicht erkannt und folglich nicht gefördert wird, weil in der Politik Gleichmacherei unter dem Deckmantel "gleiche Chancen für alle" vorherrscht, was immer nur eine Orientierung nach unten sein kann, und weil viele Kinder den Barrieren eines sozial ungünstigen Milieus ausgesetzt sind.

Darauf scheint das Gedicht allerdings nicht abzuzielen. Es ist wohl eher ein Seitenhieb auf jene Leute, die sich für genial halten und ihre eigene Mittelmäßigkeit nicht akzeptieren können.

[Thing]

Aber welch ein Druck!
Bei F. Sagan kam nichts hinterher, was mich vom Hocker gerissen hätte.
Sie konnte sich eben nicht steigern.

Was ist mit einem 12jährigen Dichterlein, das notfalls gerade mal sein Niveau halten kann? Alle sind enttäuscht.

Ich spreche nicht von wirklichen Wunderkindern wie Mozart, der sich immer weiter gesteigert hat.

[gummibaum]

Ich war schon jung des Schaffens Krone.
Danach, als Konsequenz,
von mir gespeist: mein Epigone
und meiner Blüte Dekadenz...


LG g

[Ilka-Maria]

Zitat von Thing

Ich spreche nicht von wirklichen Wunderkindern wie Mozart, der sich immer weiter gesteigert hat.

Das kenne ich anders. Mozart war von klein auf vom Vater gedrillt. Deshalb ging die Bewunderung, die ihm als Kind dargebracht wurde, schnell verloren, als er erwachsen wurde. Da war er nur noch einer von vielen Begabten, guten Komponisten, aber kein Wunder mehr.

Ich würde meine Hand nicht dafür ins Feuer legen, ob es nicht sogar der Vater war, der seine eigenen Kompositionen als die seines Sohnes anpries, um die Stücke als etwas Besonderes aufzuwerten. Marketing ist keine Erfindung unserer Zeit.

Tatsache ist, dass Mozart, den Kinderschuhen entwachsen, den Nimbus des Wunderkindes nicht mehr halten konnte.

Ich vermag auch keine Steigerung seines Könnens zu erkennen. Es gibt einige Stücke, die ich mag, aber der größte Teil seiner Musik ist für mich nervtötendes Einheitsgedudel.

[Pit Bull]

Zitat von Ilka-Maria

Ich würde meine Hand nicht dafür ins Feuer legen, ob es nicht sogar der Vater war, der seine eigenen Kompositionen als die seines Sohnes anpries, um die Stücke als etwas Besonderes aufzuwerten. Marketing ist keine Erfindung unserer Zeit.

Mozart, der als Wunderkind ja in die Geschichte einging, hat m.E. keine leichte Kindheit gehabt. Der Drill des Vaters, wie Ilka ausführlicher beschrieb, muß immens gewesen sein. Erinnert mich beiläufig übrigens an den „King of Pop“, den verstorbenen Michael Jackson.

VG Pitti

[Thing]

Aber Mozart ist in seiner Entwicklung nicht stehengeblieben.
Selbst dann, wenn man seine Musik als immer gleich empfinden mag - sie ist es nicht.

[poetra]

Ich quatsch mal kurz dazwischen, Thing. Das gefällt mit sehr!

Danke für das Lesenlassen deiner Texte!
Liebe Grüße,
Poe

[Ilka-Maria]

Zitat von Thing

Aber Mozart ist in seiner Entwicklung nicht stehengeblieben.

Er schritt in seiner Entwicklung nicht voran, sondern er perfektionierte seine Musik. Das ist aber nichts Wundersames, sondern beruht auf Arbeit und Disziplin, was für andere Künstler ebenso gilt.

[Thing]

Es bleibt mir nur, Dir zuzusteimmen.


LG
Th.