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Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken.

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Alt 07.04.2022, 22:47   #1
männlich G.Neville
 
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Dabei seit: 01/2022
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Beiträge: 101

Standard Die Kontroverse

Ein alter Mann schrieb ein Gedicht,
da zog man ihn vor ein Gericht.
Wild begann die Kontroverse,
wegen seiner freien Verse.

Das Gedicht sei so nicht richtig,
man hielt es für null und nichtig.
Die Art der Denke sei verkehrt,
die Fakten genau umgekehrt.

Die Kontroverse ging nun fort,
war auf Tournee von Ort zu Ort.
Welche Meinung war nun richtig?
Welches Handeln folgerichtig?

Der alte Mann aber, er starb,
liegt nun wächsern in seinem Sarg.
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Alt 07.04.2022, 23:44   #2
männlich Heinz
 
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Beiträge: 7.879

Lieber Georg,
ja, was ein gutes Gedicht ist, das wirft Fragen auf. Ich habe einer Fragenden im Forum das folghende Gedichtlein geschickt, aber leider noch keine Antwort bekommen:

Ach, wie geb ich Antwort deinen Fragen?
Ist es besser, still das Maul zu halten?
Künstlich Reime zu erzwingen?
Ist es besser, mit Behagen

zuzusehen wie andere sich plagen,
wie sie weiches Holz mit Äxten spalten?
Soll ich wie einst Orpheus singen?
Soll ich lachen oder wie der Hiob klagen?

Soll ich kunstvoll Verse bauen?
Soll mein Werk den Geist erheben?
Soll ich gar dem Metrum trauen?
Soll dein Herz wie meins erbeben?

Eines schickt sich nicht für alle!
Sehe jede, wie sie’s treibe,
sehe jede, wo sie bleibe,
dabei nicht aufs Mäulchen falle!

Ich bin kein Freund der Ansicht, man müsse aus dem Bauch heraus schreiben (stelle ich mir sehr lustig vor), aber Gefühl muss sein und das Einhalten bestimmter Regeln unter dem Wahlspruch:
Freiheit sei der Zweck des Zwanges,
wie man eine Rebe bindet,
dass sie, statt im Staub zu kriechen,
frei sich in die Lüfte windet.
Das hat natürlich mit Arbeit zu tun, aber die erwarte ich auch von jemanden, der nicht für sich, sondern (laut Goethe) für eine Million Leser schreibt.
Dein gedicht ist ein gelungener Einstieg in die Materie. Chapeau!
Heinz
Heinz ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 08.04.2022, 18:21   #3
männlich G.Neville
 
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Beiträge: 101

Hallo Hans,
die kleine Lektion die Du mir beim „Der Kastrat“ erteilt hast trägt eben Früchte. Und bei der „Kontroverse“ habe ich mich auch richtig angestrengt was die Anzahl der Silben und die Versform anbelangt. Vielen Dank für Deine lobenden Worte, ging runter wie Öl.

Das Gedicht für die Fragende lässt kaum eine Frage übrig. Einfach köstlich.

Gruß
Georg
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Alt 08.04.2022, 18:29   #4
weiblich DieSilbermöwe
 
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Beiträge: 6.706

Hallo G. Neville,

wirklich gut geworden! Erstaunlich, wie schnell du das intus hattest mit dem Versmaß und den Silben.

LG DieSilbermöwe
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Alt 08.04.2022, 18:43   #5
männlich Walther
 
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Beiträge: 1.873

Zitat:
Zitat von DieSilbermöwe Beitrag anzeigen
Hallo G. Neville,

wirklich gut geworden! Erstaunlich, wie schnell du das intus hattest mit dem Versmaß und den Silben.

LG DieSilbermöwe
nanana. so ganz passt das immer noch nicht, aber so langsam wirds. lg W.
Walther ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 08.04.2022, 19:12   #6
männlich G.Neville
 
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Ort: München
Beiträge: 101

Hallo Silbermöwe,

ich habe vor Jahren viele ungelenke sich an kein Versmaß haltende Gedichte geschrieben und von daher einen großen Fundus aus dem ich schöpfen kann. Dieses Gedicht hatte ursprünglich eigentlich ein anderes Thema, habe es umgebaut, gekürzt und auf das neu Erlernte (Versmaß/Metrik) etc. zurechtgestutzt. Gänzlich neu ist das zweizeilige Ende wo ich den Alten Mann sterben lasse. Hat Spaß gemacht.

Werde aber auch zukünftig, wenn es mich packt, einfach drauflosschreiben, wie es mir gefällt. Denn wenn ich von Anfang an auf; Jambus, Trochäus, Daktylus, und Anapäst achten soll, bin ich total blockiert. Allerdings sehe ich mittlerweile ein, dass gewisse Regeln durchaus eine Bereicherung sein können.

Grüße
Georg.

PS.:

Habe vor ein paar Tagen bei der Leselupe diesen Text eingestellt:

Retrospektive

„Na dann erzähl mal, wie war denn dein erster Arbeitstag, mit den neuen Kollegen?“
„Tja, was soll ich sagen, ein ziemlich verrückter Haufen. Herr Jambus z. B. gab sich unbetont betont. Herr Trochäus dagegen war betont unbetont. Und Herr Daktylus schoss den Vogel ab, der Kerl war die ganze Zeit betont, unbetont, unbetont.

„Und Frau Anapäst?“

„Oh je, die gab mir den Rest!“
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Alt 08.04.2022, 19:22   #7
männlich G.Neville
 
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Beiträge: 101

Hallo Walther,

vielen Dank für dein im Grunde doch positives Feedback.

Gruß
Georg
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Alt 08.04.2022, 20:53   #8
männlich Heinz
 
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Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.879

Hallöchen Georg,
wo der Walther recht hat, hat er recht. Ein paar Kleinigkeiten wären noch auszubessern.
Dein Zwiegespräch "Retrospektive" wäre ein Knaller, wenn Du die Herren Jambus, Trochäus und Daktylus sowie Frau Anapäst eben in diesen Versmaßen hättest sprechen lassen bzw. beschrieben hättest.
Ich versuch es mal auf die Schnelle:

„Na dann erzähl mal, wie war denn dein erster Arbeitstag, mit den neuen Kollegen?“
„Tja, was soll ich sagen, ein ziemlich verrückter Haufen.
Der Herr mit Namen Jambus hinkte stark und sprach mal unbetont und mal betont, Wie, das frag ich dich im Ernst - kann man nur Trochäus heißen?
Besser gefiiel mir der nächste der seltsamen Namen; 'Daktylus sprach er und neigte sein Köpchen. Im Geschwindschritt betrat eine Dame den Raum und begrüßte die Herren und mich: Anapäst ist mein Name und nicht nur Frau Pest."

So oder ähnlich.
Liebe Grüße,
Heinz (wenn Du nochmal Hans zu mir sagst, fordere ich Dich zum Duell)
Heinz ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 08.04.2022, 22:02   #9
männlich G.Neville
 
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Beiträge: 101

Oh weh!

Satisfaktion? Im nebligen Morgengrauen, wie es sich nach alten Brauch gehört? Mit krächzenden Raben? Die Wiedergutmachung eines Ehrdelikts mit geeigneten Mitteln? Gerne. Ich schick Dir meine Sekundanten...
G.Neville ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 08.04.2022, 23:37   #10
männlich G.Neville
 
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Dabei seit: 01/2022
Ort: München
Beiträge: 101

Nachtrag:

Deine Interpretation von "Retrospektive" in Vermaßen gefällt mir gut.
Allerdings die Eigenheiten des Herrn Trochäus müssten m. M. nach auch zur Geltung kommen. Du erwähnst ja gar nicht, dass Herr Trochäus betont unbetont auftritt. Das vermisse ich. Ist das dem Versmaß geschuldet?
Von daher gefällt mir meine Version in Kurzprosa besser.
G.Neville ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 09.04.2022, 04:30   #11
männlich Heinz
 
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Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.879

Lieber Georg,
meine Version ist ein Schnellschuss und kann deshalb Deine Version nicht ersetzen. Ich habe mal ein Gedicht unter dem Titel "Kleine Verslehre" geschrieben, da hatte ich mir mehr Mühe gegeben.
Was das Fuell angeht: Neblichtes Morgengrauen, krächzende Raben - das gefällt mir! Wir müssen uns noch über die Art der Waffen einig werden. Ich war Hauptfeldwebel und Feldkanonenführer. Die Feldkanone ist Mitte der siebziger Jahre bei der Bundeswehr eingeführt worden, geeignet für die Fliegerabwehr und für Erdziele. Kaliber: 20 Millimeter und treffsicher bis zu 2000 Metern.
Mit anderen Worten: Ich rate Dir dringend vom Schusswechsel ab.
Liebe Grüße,
Heinz
Heinz ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 09.04.2022, 11:05   #12
männlich MiauKuh
 
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Beiträge: 2.246

Zitat:
Zitat von Heinz Beitrag anzeigen
Lieber Georg,
Ich bin kein Freund der Ansicht, man müsse aus dem Bauch heraus schreiben (stelle ich mir sehr lustig vor)

als wüchse einem eine dritte Hand, die sich aus dem inneren des Bauches durch die Bauchdecke streckt, die Haut aufreißt, alles blutend um sich herum hinterlassend und dann mit dem eigenen Blut als Tinte schreibend

MiauKuh ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.04.2022, 21:55   #13
männlich G.Neville
 
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Dabei seit: 01/2022
Ort: München
Beiträge: 101

Liebe MiauKuh,


Zitat: "... und dann mit dem eigenen Blut als Tinte schreibend"

Nee wenn schon gräulich, dann mit dem eigenen Gedärm schreibend, das flutscht besser.


Gruß,
G.Neville
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Stichworte
gedicht, gericht, sarg

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