Guten Morgen!

[Ilka-Maria]

Ich wache vom Echo in meinem Kopfkissen auf. Das Ding ist mehr wert als jedes Messgerät. Meine Werte, grob geschätzt: 220 zu 155. Eigentlich müsste ich tot sein. Aber ich bin wieder wach geworden, wie jeden Morgen, wenn mir der Blutdruck durch die Decke geht und die Blase zu platzen droht.

Fünf Uhr. Aber was soll’s. Die Nacht war sowieso schon vor Stunden gegessen, als die Schmerzen in den Fußgelenken kamen und ich aufstehen und umherwandern musste, bis sie nachließen und ich wieder eine Stunde lang in Schlaf verfallen konnte. Bis die nächsten Schmerzen kamen …

Und was macht der vernunftbegabte Mensch nach einer derart verbrachten Nacht? Richtig! Er macht sich einen bärenstarken Kaffee und kippt, bis ihn die Maschine fertig hat, den Rest Rotwein vom letzten Abend in sich hinein. Schließlich lebt man nur einmal.

Nach dem dritten Kaffee traue ich mich, in den Spiegel zu schauen. Ich sehe scheiße aus, tröste mich aber damit, dass es vor dem Kaffee schlimmer gewesen wäre. Außerdem verfüge ich über ein Waffenarsenal, das in wenigen Sekunden gefechtsbereit ist: Braune Soße fürs Gesicht, allgemein als Make-up bekannt, Cleopatra-Farben für die Augendeckel, teerige Schmiere für die Doppeldeckerwimpern und braune Stifte für die Brauen. Innerhalb von fünfzehn Minuten mache ich aus dem Wrack, das mich aus dem Spiegel heraus verhöhnt hat, die Sophia Loren ihrer Glanztage. Besonders findige Weibchen straffen sich die Falten mit Tesafilm, den sie unter dem Haaransatz im Nacken verstecken. Kein Witz!

Aber da ist ja noch Knuddel, der mich jeden morgen schwanzwedelnd begrüßt und mir seine ganze Liebe zeigt. Der auch geduldig zusieht, wie ich mir die Pomade ins Gesicht schmeiße. Dem ist wurst, wie ich aussehe, der erkennt mich am Geruch. Ich ihn übrigens auch. Wir stinken um die Wette. Bedingungsloser kann Liebe nicht sein.

[Heinz]

Guten Morgen zurück, auch wenn mein Zeitmessgerät beinahe zwanzig Uhr signalisiert. Eine Bemerkung macht mich stutzig (wahrscheinlich funktionieren männliche Synapsen doch ganz anders als weibliche.
Wie kommst Du auf den Sofia-Loren-Vergleich und denkst dabei an Dein Augen-Make up?
Bei Sofia Loren fallen mir spontan ihre Fingernägel ein und dann gleich noch ihre schön gewellten Haare.
Dein Gesamtbeitrag lässt tiefe Blicke in das frühmorgendliche Befinden einer Frau ein. Danke für die Aufklärung!
Liebe Grüße,
Heinz

[Ilka-Maria]

Zitat von Heinz

Wie kommst Du auf den Sofia-Loren-Vergleich und denkst dabei an Dein Augen-Make up?

Da muss ich weit zurückgehen. Die Soffi war in meiner Teenagerzeit mein Idol, ich fand sie atemberaubend schön. Außerdem sah ihr meine Mutter so ähnlich wie einer Zwillingsschwester. Meine Mutter ist noch heute, fast 94 Jahre alt, aine bildschöne Frau.

Soffis Katzenaugen waren auch mein Vorbild. Eyeliner waren im Lehrlingsgehalt drin, und als ich mir über und unter den Wimpern schwaze Linien gezogen hatte, wurde ich von meiner Mutter fast verprügelt. "So machen sich nur Filmstars und Freudenmädchen zurecht!" Das war die moralische Einstellung in den 60ern. Nun ja, ich entschied mich für die Filmstars und pinselte mir weiterhin die Augen groß.

Was meine Mutter nicht wusste: Im Schulunterricht wurden wir Mädchen nicht nur auf Babypflege, sondern auch auf Schönsein getrimmt. Wir hatten Kosmetikunterricht und bekamen die Geheimnisse mit, die in der richtigen Anwendung von Ölen und Farben lagen. Bei den meisten hatte es gewirkt. Aber das schönste Mädchen meiner Klasse, das keine Pampe nötig gehabt hatte, blieb unverheiratet.

[Heinz]

die Sofia, ja , das war schon eine Granate. Ich hatte es da mehr mit Claudia Cardinale und meine erste Tochter, ich war zarte 21 Jahre alt und sie wurde drei Tage nach meinem Geburtstag an einem Ostermontag geboren. Meine Exfrau war einverstanden - das Mädchen sollte Claudia heißen. Dummerweise war meine heiß geliebte Schwiegermutter (Ukrainerin, die im Juni 103 Jahre alt wird - was natürlich von mir getoppt wird) schneller, weil motorisiert, beim Standesamt und ließ die Kleine als Petra eintragen. Zu ändern gab es nichts mehr, aber ich konnte noch den Namen Claudia dranhängen. Also heißt sie Petra Claudia (großartige Menschen tragen immer Doppelnamen (ich verrate es mal: Ich heiße laut Register Heinz Jürgen). Bei meinem ältesten Sohn haben wir den Namen seiner Mutter (Christine) in die männliche Form (Carsten) verwandelt, mein "Heinz" in Henry und den Jürgen als Jörg eintragen lassen,, also Jörg Henrik Carsten. Meine ExSchwiegermutter hätte ich damals schon erwürgen können, bei dem derzeitigen Ukrainerhype entfällt dieser fromme Wunsch.
In der männlichen Wahrnehmung, daran erinnere ich mich sowohl bei Sofia L. als auch bei Claudia C., dass die Augen eine nachgeordnete Rolle spielten. Bei mir waren es eindeutig die zauberhaften Hände der beiden.
Gruß,
Heinz

[Ilka-Maria]

Zitat von Heinz

Ich hatte es da mehr mit Claudia Cardinale ...

Auch ein Vollblutweib (sorry, wenn ich das so ausdrücke, aber ich meine es niicht rassistisch). Wer könnte ihre Szenen aus "Once Upon the Time in the West" vergessen? Vor allem, wie sie Jason Robards abgewatscht hat.

Ich kann ihr Fanny Ardant und Romy Schneider an die Seite stellen.

Apropos "Spiel mir das Lied vom Tod". Es hat mich beeindruckt, dass Sergio Leone die Musik für seine Filmszenen bei Morricone in Auftrag gab und dann erst passend nach der Musik drehte. Und nicht nur bei diesem Film.