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Fantasy, Magie und Religion Gedichte über Religion, Mythologie, Magie, Zauber und Fantasy.

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Alt 31.10.2021, 21:11   #1
männlich Dionysos von Enno
 
Benutzerbild von Dionysos von Enno
 
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Standard Der letzte König der Gothen

Am Grabhügel der Gallier strahlt er wie Sonnenlicht, der blonde Hüne
Sein Antlitz lässt die Männer glauben und erblühen
Die Front reitet er längs und wie auf einer goldenen Bühne
Lässt er Worte funkengleich von seiner Zunge sprühen

Die Hände seiner Krieger greifen ihn und wollen ihn berühren
Der schöne Totila, der Glücksbringer der gotischen Armee
Und wollen nur den Saum an seinem Mantel spüren
Die großen Gotenkrieger voller Ach und Weh

(Und die Barden singen und ihre Stimmen klingen durchs Tal)

Sein Gegner Narses, Kaiser Justinians erster General
lässt den eitlen Gotenkönig so tanzen und spazieren
lockt ihn durch Warten, winkt hinterrücks die Reiter still ans Tal
Und sieht man den Eunuchen nun taktieren und sinnieren

Denn nichts weiß doch der Gotenkönig von den Flanken
Und dass der Byzantiner Langobarden und Heruler hat
Und während seine Goten ihm zujubeln und ihm danken
Wendet sich schon vor dem Kampf gegen die Gotenschar das Blatt

Und immer noch lässt Narses, der Eunuch, den schönen Totila spazieren
Und böse lacht er auf, in diesen schrillen, hohen Tönen
Denn eh der Abend naht wird der Kastrierte jeden Goten hier kastrieren
Wenn er allein dann ist, sich stöhnend das versehrte Fleisch verwöhnen

Es schaudert ihn, er schüttelt sich, doch noch muss er geduldig sein
Noch steht die größte Schlacht ihm ja bevor
Und fällt der Gotenkönig auf des Narses List herein
treiben die Byzantiner sie allesamt durchs Höllentor

Minuten bangen Wartens vergehen schon auf beiden Seiten
Dann endlich stürzen Totilas Mannen wie Berserker in die Schlacht
Und Narses sieht man böse lächeln in die Weiten
der Berge wo er versteckt die schwere Reiterschaft

Und als die Goten ihre weit gerühmte Todesschneise bilden
Da stürzen schon die Pfeile wie die Bienen auf sie ein
Und von den Flanken brechen grad die tödlich wilden
herulischen Reiter in die Schlacht herein

Da ists vorbei mit geckem, eitlen Tanz des jungen Recken
Und mit den Worten voller Ruhm und Pracht
Totila will sich noch aus der Schusslinie strecken
Da trifft ihn etwas hart und er versinkt in dunkler Nacht

Mit einem Prügel, mit dem man Schweine sonst gefügig macht
Hat ihm ein einfacher Soldat den Kopf gespalten
frech tritt er in des Goten Aug und Hirn und lacht
Der Königsmörder kann des Königs Schwert hochhalten

Umzingelt fallen in den Schlamm nun Goten über Goten
Weit trägt der Wind die Schreie und ihr Ach und Weh
Und Gote über Gote legt sich zu den Toten
Und ihre Leiber überdeckt der erste Schnee

Und in Kampanien am Lago d´Averno
Da sitzt er, ganz in schwarz gewandt und spielt
Die Laute und er singt dazu Hildebrandts Bel-Canto
Als plötzlich ihm die Laute aus den Händen fällt

denn auf dem Wind da hört er seiner Brüder Schreie
Und fühlt den Brudermord, wie Totila fällt voller weh
Ganz leis schluchzt Teja nun: "Bruder, verzeihe!
Dass ich nicht nah dir war!" und wirft die Laute in den See

Und schon verkünden es im ganzen Land die Boten

Hoch lebe Teja
der Schwarze,
der König
der Goten !

Und Narses lässt sich nach dem Sieg die Knaben bringen
Und Sie tanzen für ihn und er streichelt sich das Narbenfleisch
Er weiß in tausend Jahren werden sie noch seinen Namen singen
Ein allerletzter Kampf noch fehlt, dann ist zerstört das Gotenreich

Nur eine finstere Wolke dunkelt über seinem Himmel
Teja der Schwarze von Ravenna, Kriegerpoet mit sanftem Blick
Reitet auf Alewar, dem treuen Schimmel
Gelingt es ihm, zu wenden noch der Goten Glück ?

Denn Narses weiß, er muss den schwarzen Teja schlagen
Heim in Byzanz becirct sein größter Widersacher Belisar
Justinian den Kaiser und Belisar wird’s wagen
Er will die ganze Macht mit Hilfe von Theodora

(Des Kaisers Frau Theodora Augusta
bevorzugte den sehr potenten Belisar)

Teja der schwarze, letzter König der Ostgoten
Legt seine schwarze Plattenrüstung ab
Er hält Totilas Mantel in der Hand, den roten
und flüstert:" steig nach Walhall aus deinem Grab

Denn die Walküren schickte Odin dir
Du bist nun selber Ansis, Ase, Gott, mein König
Und tief im Herzen spüre ich du bist bei mir
Wenden gemeinsam wir der Byzantiner bösen Blick ?

So viele Schlachten habe ich geschlagen
und bin vor niemandem gestürzt ins Knie
Hab nur noch Bauern, diese letzte Schlacht zu wagen
Ich wähne: soll nicht wer noch fliehen kann entfliehen ?

Ist denn mein Schicksal dieses große Volk zu legen
Als Totengräber in bitterer Krume fremder Erde ?
So flehe Ansis Odin an! Ach fleh für uns um seinen Segen!
Das nicht die letzte Schlacht zerschlägt der Goten Herde

Ich kann in meinen Händen nicht mehr halten
als was die Arme eines Menschen können tragen
Doch Odin kennt auch Wunderwalten
Also will das Orakel ich befragen“

Nackt macht sich nun der Gotenkönig
und wäscht die alten Narben seiner Haut
Sein Herz ist schwer und weit vom Glück
Als er zur Esche der Druidin schaut

Und wie Odin ihn geschaffen hat
Ganz nackt, allein in kalter Winternacht
tritt er vor sie und legt vor ihr die alten Eide ab
Und sie leckt seine Hand und eine alte Kraft erwacht

Und an dem Tor des alten Schreines nun die Wölfe heulen
Und Raben stoßen durch die Winternacht
Und still werden die Bären und die Eulen
als ein alter Mann den Kreis betritt und lacht

Trägt Lederhosen und den Wolffellmantel
und eine Augenklappe und einen langen, grauen Bart
Er der auch unerkannt auf Erden manchmal wandelt
Teja kniet und flüstert nur: "Harbard !"

Der Alte kniet sich nieder zu dem grimmen Helden
packt ihn am Kinn, zieht ihn zu seinem Blick heran
im Aug des Gottes liegt das Schicksal aller Welten
darin lodert und brennt der Goten allerletzter Gang

Und wie die Tränen in den schwarzen Bart ihm fließen
Und Teja weiß, dass nun das große Ende naht
lässt Odin in dem Schnee die Triebe einer Ulme sprießen
und zeigt, dass auch der Goten Ende einen neuen Anfang hat

Es streicht der Gott von Tejas dunklem Lid die Tränen
reicht ihm schweigend wie die Nacht den güldnen Schild
Und wie nun Teja aufblickt ist der Gott nicht mehr zu sehen
doch brennt des Gottes Wut nun in ihm gänzlich frei und wild

Er weiß, er wird das Schicksal nicht mehr wenden
Er weiß, was kommen soll, das wird geschehen
Und auch sein Schicksal wird mit dem der Goten enden
Doch bis zum Ende schwört er, wird er widerstehen !

Narses schreckt schweißgebadet aus dem immergleichen Traum
hoch und kann sich lange nicht beruhigen und sein Herz
sucht einen Ausgang, findet nur den nächsten leeren Raum
und sehnt sich doch so sehr heimwärts

Doch finster ist es in der Nacht hier am Golf von Salerno
wenngleich es rauscht ihm wie sein Blut ins Ohr das Meer
Er fürchtet dieses Rauschen, das stets anwächst, ein Crescendo
Er schreit mit dieser hohen Stimme nach dem Seher

Der Magus kommt und deutet ihm kunstvoll die Sterne
und es beruhigt den genialen aber sehr fragilen Geist
Und Narses äugt angstvoll zum Berge in der Ferne
ist fast am Ziel und fühlt sich dennoch nicht bereit

Da ist sie wieder diese alte, immergleiche Angst
kurz vor dem Ziel und er beißt sich auf die Hand
und muss beschwören jeden Sieg, den er jemals errang
um zu zertrennen dieses geisterhafte, dunkle Band

das ihn immer wieder Ketten will und unwillkürlich presst er
zusammen seine Beine auf die leere Stelle und der Schmerz
durch Bisse in das weiche Fleisch beruhigt sehr
und endlich, endlich beruhigt sich auch sein Herz

Er atmet tief, er atmet ein, er atmet aus
Dann blickt er auf den Berg hinaus
Den Milchberg
Fort nun mit dem Zwerg
der Nacht
Erwache
genialer General

Derweil die Goten schon am Berge lagern
Darunter viele Kinder, Frauen, Bauern
Und immer noch liegt Tejas Hadern
über allen Türmen, Toren, Mauern

Er wird sein Leben hier beenden
Doch was es für ein Leben war
Das erste Blut an seinen Händen
der erste Duft von Frauenhaar

Und alles zieht an ihm vorbei in Bildern
und alles zieht durch ihn hindurch wie Wind
Kurz nur das Menetekel mildern
Hoffnung die langsam verrinnt

(Vom Milchberg fort
zum Milchberg hin)

Da ist die Schneise, die den Berg vom Tale trennt
gerade breit genug für einen breiten Mann
Und Teja hält den Schild nun und erkennt
Wo Odin das Geschenk hinsann

(und der Tag zieht auf und die Männer ziehen zum Berg
Die allerletzte Gotenschar beginnt das letzte Gotenwerk
Wie Fluten wabern die Byzanter in dem breiten Tale
Und pflocken auf die gülden-roten Adlerfahnen)

Und Teja seufzt, betritt allein die Klamm
sein Bruder Aligern folgt ihm sodann

Sehet den Schild und ihn sich stemmen, wie EIN Wille
in den nur mannesbreiten Gang
Des Odins Zorn allein hält diese kleine Menschenhülle
in der das Gjallahorn erklang

Und Mann um Mann brandet nach vorn
zu fällen in den Staub den Helden
Doch noch und nöcher klingt das Horn
und jeden Schlag er dreifach wird vergelten !

Es schützt die Klamm des Gottes güldner Schild
und die von Gotteskraft durchtauchte, starke Hand
Wie von Sinnen singt der schwarze Teja frei und wild
Und schleudert Mann um Mann in roten Sand

Und Mann um Mann fällt vor dem Held nun hin zu Boden
Und blutet seinen letzten Seufzer aus
Zertrümmert liegen sie, die Toten
des finsteren Níðhöggrs Schmaus

Und wie ein Fels steht er im stillen Spann der Gasse
wirft Speer um Speer und Aligern reicht schon den Neuen
Das Aug des Todesengels leuchtet rot wie Blut im Hasse
tritt ihre aufgerissenen Leiber zu den Säuen

Berserkerwut die Odin nur den mutigsten entsendet
durchfährt den letzten König der Ostgoten
Und wenn sein Leben hier auch endet,
welch Schrecken hat er nur entboten !

Seit Stunden tobt die Schlacht am Mons lactarius
Und immer noch hält Teja ganz allein die Klamm
Da rutscht er beim Senken des Schilds im Blut aus
schon saust ein Byzantiner Speer heran

Tief sticht der Speer in Tejas Seite
Der Held, er taumelt, seufzt und fällt
Das letzte was er sieht ist dieses wunderschöne weite
tiefblau verweinte Himmelszelt

Und nichts hält mehr den Held
In dieser Welt

Ein Herzschlag Stille
Und dann vergeht der große Wille

Was bleibt ?

Wohl nur Der Schreckensschrei der Boten
Da fällt er

Teja

letzter König der Goten

https://youtu.be/bubOcI11sps
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