Entschuldigung

[Henkerchen]

Ich soll mich also entschuldigen?
Für mein „Fehlverhalten".
Für das, was ich dieser Familie angetan habe.
Für all die Probleme, die ich ihr bereitet habe, die ich euch bereitet habe.
Was fällt mir auch ein zu Versagen?
Was fällt mir auch ein eures Anforderungen nicht gerecht zu werden?
Was fällt mir auch ein, meine Rolle in dieser Familie als Sündenbock nicht annehmen zu wollen?

„Das machst du doch mit Absicht."
Unzählige Male habe ich diesen Satz von euch schon gehört.
Na klar mache ich das absichtlich.

„Willst du unsere Familie kaputt machen?!"
Das ist doch die einzig logische Erklärung.
Depressionen?! Was ist das?
Ich mache das sowas von mit Absicht.
Kindheitstrauma?! Pah!
So hat man seine Kinder früher auch erzogen und hat es ihnen geschadet?
Das stärkt den Charakter.

Ihr dachtet halt das funktioniert, indem ihr euren Sohn in die Richtung prügelt, in die er gehen soll.
Dass er dadurch Selbsthass entwickelt und denkt er verdiene es bestraft zu werden, das im Ritzen auslebt, das konntet ihr doch nicht ahnen.

Ihr dachtet halt, das funktioniert so, seinem Sohn nie Liebe ohne Bedingungen entgegenzubringen, sondern diese immer an gutes Verhalten zu binden.

„Sie haben aber wohlerzogene Kinder."
Das wurde euch schon von so vielen Leuten bei uns im Dorf gesagt.
Woher hättet ihr wissen sollen, dass euer Sohn sich nur so benimmt, weil er die Anerkennung von liebenden Eltern ersehnte und Angst vor den Schlägen ihres Frustes hatte.

Woher hättet ihr wissen sollen, dass euer Sohn später Probleme haben würde seine Gefühle zu kommunizieren und offen über sowas wie Liebe zu reden?
Woher hättet ihr wissen sollen, dass eurem Sohn elterliche Liebe so fremd werden könnte, dass ihm die Worte „Mama" und „Papa“ unangenehm sein könnten.

Woher hättet ihr damals wissen können, dass diese Form der Erziehung Spätfolgen mit beinahe tödlichen Folgen haben könnte?
Also habt ihr ihm gezeigt, was er euch wert ist.

Und ja - natürlich ist es legitim ihm die Schuld für all die großen und kleinen Probleme in der Familie zu geben.
Er ist ja schließlich der, der nicht richtig funktioniert.

Es ist natürlich auch absolut legitim zu lachen, wenn er versucht sich euch gegenüber öffnen.
Dass er sich deshalb total verschließt,
euch nicht mehr an seinem Privatleben teilhaben lässt und jedem Kontakt zu euch ausweicht,
ist natürlich eine totale Überreaktion.

Es ist natürlich auch absolut legitim ihm mit jedem Blick mit jedem Wort, mit jeder Tat zu zeigen, dass er die Schuld an all dem trägt.
Ihr müsst für euer Verhalten natürlich absolut keine Verantwortung tragen.
Physischer und psychischer Terror?!
Ihr doch nicht.
Das war nur ein bisschen Erziehung.
Nur ein bisschen Gewalt mit guten Absichten.

Irgendwann ist euer Sohn allerdings zu alt geworden, um ihn weiter zu schlagen.
Habt ihr jetzt Angst, dass er zurückschlägt?
Keine Sorge.
Er ist zu sehr damit beschäftigt sich selbst zu schlagen.

Wisst ihr was?
Ich habe es jetzt verstanden:

It’s not me,
it's you

- Skillet

Danke für das Leben in Scherben zu dem ihr mir verholfen habt.
Ich bin dabei mir ein Schloss daraus zu bauen.
Ganz ohne euch und eure „Erziehung“.
Ich lade in mein Schloss all die Personen ein,
die mich so lieben wie ich bin - ohne Bedingungen.
Und die ich liebe - ohne Bedingungen.
Ich hoffe es gefällt euch draußen vor den Toren.
Es tut mir von Herzen leid Teil eures Lebens gewesen zu sein.

Euer Sohn