Singender Beton; Haiku und Tanka

[grandparnassos]

Stahlbeton echost noch
von meinem Kinderlachen
und stummen Tränen


Durch die Jalousie
Streifen von Licht an der Wand
schwimmende Raster


Grau in grau die Stadt
Weiher der Baukraniche
Sieh wie sie wandern


Zwei Fuß entfernt die
Decke ein Sprung ich greif den
Raufaserhimmel


Stimmen des Hauses
der Windzug im Müllschlucker
und polternder Ab-
fall


Schwerkraft mein Auge
fällt aus dem 17ten Stock
in meine Kindheit
zurück zum Sandkastenspiel
und dem Ball hinter dem Zaun


Blinde Riesen die
Scheiben in Halle-Neustadt
Ruinenstimmung
ergießt sich auf die Straßen
wie das Blut der Titanen


Die sieben Türme
Argusmonolithen weit
offen die Augen
sehen die goldene Frucht
im Westen die Sonne sinkt


So dicht der Nebel
dass er das Hochhaus verschluckt
nur die Ahnung bleibt
Das Fenster aus dem ich schau
wie ein Tor in einen Traum


Ein kleiner Auszug aus meiner Sammlung Singender Beton. Der Einfachheit halber untertitelt mit Haiku und Tanka, obwohl diese Kategorisierung formal nicht immer ganz passt.