"Legende" II

[Thing]

Der größte Grundbesitzer war er weit und breit.
Wohnte in Gemauertem.
Mit Weib und Sohn. Wolfgang. Genannt "Wölfchen".
War sich sicher, den Feinden trotzen zu können.

Sie kamen, wilde Horde.
Ausgehungert, blutdurstig. Mit den neuen Zündnadelgewehren bewaffnet, gegen die es keine Gegenwehr gab.
Sie schlachteten alles ab:

Grundherrn. Frau. Knechte. Mägde. Vieh.

Wölfchen sah vom fernen Kirschbaum aus zu.
Floh in den nahen Wald, in die Steile.

Die Horden soffen sich im Keller voll.

Lediglich der Lieutenant widerstrebte dem Wilden.
Mühte sich hoch in den Speicher, Ruhe zu finden.


Wölfchen stieg, schrie nach Vater und Mutter. Beide tot.
Stolperte. Der zarte Knöchel brach. Nur noch Jammer.

Ein Wolf kam. Blickte mit seinen Lichtern tief in des Knaben Augen.
Leckte des Jungen Wunden. Barg ihn in seinem Fell.
Umsonst. Wölfchen starb.


Den Lieutenant fanden sie tags darauf. Die Kehle zerrissen.
Der Knöchel weißstechend gebrochen.

[Thing]

Da noch nicht kommentiert, stelle ich es nochmals ein.

[Ex-Peace]

Thing...
Das ist echt stark!
Noch dazu diese Wortspiele "Wolf-Wölfchen", "Gewehr-Gegenwehr", "größte Grundbesitzer" etc.
Inhaltlich spitze!
Du schreibst klasse Geschichten.
Gut, dass du es noch einmal eingestellt hast.

Liebe Grüße
Peace

[Ex-Kaleidoskop]

Hm, Thing,

deine Geschichte macht nachdenklich. Der Wolf als gescheiterter Retter, als Rächer.

Was will der Autor sagen?
Egal, wie groß dein Besitz, wie gut behütet und sicher du dich fühlst - es gibt immer Stärkere, die nehmen ohne zu fragen und töten ohne zu fühlen.

Der Sohn, mit dem der Leser noch bangt, mit ihm flieht, ihm auf den Baum hilft -
auch er stirbt an gebrochenem Herzen/Knöchel.

Dann das Raubtier, dass fühlt und hilft ...
und rächt.

Darf das Tier all das, weil es Tier ist und nicht Mensch? Wer ist in der Geschichte Tier, wer Mensch? Und doch, mir wäre wohler, das Morden und Sterben fände ein Ende.

lg,
kalei

[Thing]

Halli Hallo, Peace und Kalei -

die Gesichte ist stark angelehnt an die alten Geschichten aus dem alten Alpenvorland und Alpenland.
Die Menschen waren dort der Fauna und Flora weitaus näher und verbundener als wir es uns vorstellen können.
Ich hatte vor Jahren einen Band "Geschichten und Sagen aus den Alpen" in der Hand, der mich s e h r gefesselt hat, v.a. die Sage vom Toggeli.

Ich habe versucht, in diesem kargen Stil zu schreiben, der gänzlich ohne Ausschmückung oder "Breite" auskommt.
Ich habe das Gefühl, daß mir das gelungen ist.

Die Geschichte vom Habicht wurde übrigens von einem deutschen Schriftsteller angeregt.
Bei ihm war es ein Reiher (an einem ostpreußischen See).
(Wolfdietrich Schnurre).

Der "Rachegedanke" steht bei mir eigentlich nicht im Vordergrund.

LG
Thing

[Rebird]

Das Damals von Gestern.
Das Heute von Damals.
Das Damals von Heute.
Neuer Morgen.

Hallo Thing
fiel mir jetzt irgendwie zu Deinem Text ein.
Der Text ist schaurig und so nah irgendwie.
Gänsehautfcharakter würde ich jetzt sagen
Märchen vom Morgen

grimmige Grüsse xD

[Thing]

Hauptsache,
die Geschichte hat Dir gefallen!

LG
Thing

[gummibaum]

Ja, gut, dass du sie nochmals eingestellt hast. Du führst knapp vor, wie wohltuend es ist, wenn Punkte gesetzt werden. Welcher Freiraum dadurch entsteht.

LG gummibaum

[Ilka-Maria]

Macht Gänsehaut!

[Thing]

Halli Hallo, Gummibaum und Ilka-Maria -

Bei knappen, gar verknappten Sätzen ist der Punkt m.E. unumgängliches Merkmal.
Im Gegensatz zu "Es war einmal...".
Schön, daß wir übereinstimmen.

Gänsehaut hatte ich beim Schreiben auch.

LG
Thing